Funktion der Parteien

Für die Beschreibung der Funktion der Parteien im politischen System der Bundesrepublik Deutschland ist zunächst Artikel 21 Absatz 1 GG mit folgendem Wortlaut heranzuziehen:

"Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen..."

Damit sind die Parteien als Träger der politischen Willensbildung von allen anderen Organisationen (gesellschaftliche, wirtschaftliche oder politische Vereine oder Verbände) abgehoben und vor diesen "privilegiert". Ihre politische Arbeit genießt den Schutz des Grundgesetzes, aus ihrer privilegierten Stellung ergeben sich aber auch besondere Verpflichtungen gegenüber der Öffentlichkeit.

Weiterhin ist das Parteiengesetz (Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz), in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994, BGBl. I S. 149, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2004, BGBl. I S. 3673) heranzuziehen, das ihre Position noch schärfer beschreibt: "Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung."

Nach dem Parteiengesetz muß eine Partei folgende Kriterien erfüllen:

  • länger dauernde Organisation ("dauernd oder für längere Zeit"),
  • überregionale Wirksamkeit ("für den Bereich des Bundes oder eines Landes"),
  • Kandidatur in den Volksvertretungen ("an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder in einem Landtag mitwirken"),
  • Ernsthaftigkeit der Zielsetzung (durch Organisation, Mitgliederzahl und Auftreten in der Öffentlichkeit)

Damit sind klare Abgrenzungen gegenüber anderen Formen der politischen Interessenvertretung, wie Bürgerinitiativen (kürzere Zeit, begrenzter Aufgabenkreis) oder lokalen Wählergemeinschaften (Kommunale Ausrichtung) gegeben.

Weiterhin definiert das Parteiengesetz die Aufgaben der Parteien (� 1, Absatz 2 Parteiengesetz):

  • Einfluß auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung
  • Anregung und Vertiefung der politischen Bildung
  • Förderung der aktiven Teilnahme der Bürger am politischen Leben
  • Heranbildung zur Übernahme öffentlicher Ämter befähigter Bürger
  • Beteiligung an Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden
  • Einflußnahme auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung
  • Einführung der von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung
  • Pflege einer ständigen Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen.

Wenn für eine Erarbeitung der Thematik nur eine Ausgabe des GG ohne Parteiengesetz zur Verfügung steht, kann hier systematisch ein Katalog von Kriterien erarbeitet werden. Dann können folgende Sachverhalte aus einer gewissen immanenten Logig erschlossen werden:

  • Parteien werben für bestimmte politische Ziele in der Bevölkerung,
  • sie wollen bei Wahlen die Mehrheit erringen,
  • sie wollen die Regierungsverantwortung übernehmen,
  • und damit ihre Politik durchsetzen.

Damit sind bereits vier der im Parteiengesetz genannten Punkte erwähnt.

Parteien werben also für bestimmte politische Ziele in der Bevölkerung, um bei Wahlen die Mehrheit zu erringen, die sie zur Übernahme der Regierungsverantwortung und damit zur Durchsetzung ihrer Politik befähigt. Die Werbung für politische Ziele in der Bevölkerung darf dabei nicht auf den Wahlkampf beschränkt gesehen werden. Sie liegt davon abgesehen auch bei sogenannten "parteinahen" Instituten, die politische Bildung betreiben. Der demokratische Charakter der Parteiorganisation, der durch das Parteiengesetz zwingend vorgeschrieben ist, verbietet, daß eine Partei autoritär oder ohne breite Basis in der Mitgliederorganisation geführt wird. Die Parteien müssen also, um ihren gesetzlichen Auftrag verwirklichen zu können, sowohl ihre Mitgliederschaft mobilisieren (Parteitage), als auch innerhalb der Mitgliederschaft Persönlichkeiten heranbilden, die Aufgaben innerhalb der Partei und in den verschiedenen Repräsentativorganen (Abgeordnete) übernehmen können.

Parteien wirken durch die verfassungs- und gesetzmäßigen Strukturen unmittelbar auf die öffentliche Meinung ein, indem sie Kandidaten für öffentliche Ämter benennen (auch wennkeine Parteizugehörigkeit verlangt ist) und Mitspracherecht bei der Besetzung öffentlicher Poistionen (z.B. in den öffentlich.rechtlichen Medien) haben.

Während die vom Grundgesetz genannte Aufgabe der "Willensbildung des Volkes" eher die Programmfunktion der Parteien bestimmt, also die Bündelung eine unendlichen Vielzahl politischer Interessen auf der Basis des Parteiprogramms, steht bei der Einflußnahme auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung, die das Parteiengesetz nennt, die "staatliche Willensbildung" im Vordergrund, die Umsetzung also des demokratischen Auftrags in praktische Politik.

In der Geschichte des Parteiwesens hat sich in dieser Aufgabe die Integrationskraft der großen Massenparteien erwiesen, die ihre politischen Programme so formulieren, daß breite Wählerschichten sich damit identifizieren können. Umgekehrt können die Parteien Probleme oder Lösungen so formulieren, daß sie in das Problembewußtsein der Bevölkerung eindringen und Verhaltensänderungen bewirken.

Links:

Parteiengesetz - beim Bundestag und beim Bundeswahlleiter