Organisationsformen des Staates
In der Organisation des Staates unterscheidet man zwischen Zentralstaat (Einheitsstaat) und Bundesstaat. Als dritte Form kann der Staatenbund bezeichnet werden.
Der Zentralstaat hat eine zentrale Regierung und ein ausschließlich zuständiges Parlament, alle Entscheidungskompetenzen liegen hier. Allenfalls einige Befugnisse können lokalen Gebietskörperschaften (oder Selbstverwaltungskörperschaften) übertragen werden – ihre Kompetenzen leiten sich jedoch aus der Übertragung durch die Zentralgewalt ab, sind gewissermaßen von ihr delegiert. Die Vorsitzenden der lokalen Einheiten (Provinzen etc.) haben ihre Befugnisse ebenfalls von der Zentralgewalt und werden von ihr eingesetzt.
Der Bundesstaat ist demgegenüber durch eine Abschichtung der Kompetenzen gekennzeichnet, die Staatsgewalt ist zwischen dem Zentralstaat und den Bundesstaaten (Bundesländern) geteilt. Letztere verfügen über eigene Rechte, in die die Zentralgewalt nicht eingreifen darf. In aller Regel hat der bundesstaatliche Charakter historische Gründe und kommt entweder aus dem Zusammenschluss ehemals selbständiger Staaten zu einem Ganzen oder daher, dass sich die Teilstaaten ihre Rechte gegenüber dem Zentralstaat erkämpft haben. Folgerichtig hat auch der Teilstaat das Recht, seine Regierung selbst zu bestimmen. Die Bundesverfassung legt in diesem Fall das Kräfteverhältnis zwischen Teil- (Glied-)Staaten und Gesamtstaat fest.
Delegiert der Zentralstaat einzelne Kompetenzen auf die Selbstverwaltungskörperschaften, kann der Bundesstaat historisch als eine Delegation von übergreifenden, die Gesamtheit betreffenden Rechten auf die Zentralgewalt gesehen werden. Das Prinzip, dass der Gesamtstaat dann nur die Aufgaben erledigt, die die Teilstaaten überfordern würden, wird Subsidiaritätsprinzip genannt.
Der bundesstaatliche (föderale) Charakter bemisst sich in seiner Qualität nach dem Umfang der eigenen Rechte und dem Verhältnis zum Gesamtstaat. In aller Regel sind diejenigen Rechte, die den Gesamtstaat betreffen, wie Außen- und Verteidigungspolitik, Fragen des Außenhandels und der Zölle, Sache des Gesamtstaates, während Fragen der Kultur und der regionalen Wirtschaftspolitik oft Im Aufgabenbereich des Teilstaats liegen. Artikel 30 des Grundgesetzes legt dabei den Vorrang der Länder vor dem Bund fest.
Im Fall der Bundesrepublik Deutschland sind die Kulturhoheit und die Polizei originäre Rechte der Bundesländer, während in vielen anderen Bereichen der Bund die Rahmenbedingungen setzt (Rahmengesetzgebung), die die Länder dann eigenverantwortlich ausfüllen.
Das bundesstaatliche Prinzip kann durch Partikularismus und Separatismus beeinträchtigt, gefährdet oder zerstört werden. Partikularismus liegt vor, wenn die Interessen des Einzelstaats über die Interessen des Gesamtstaats gestellt werden und das Funktionieren des Gesamtstaates in Frage gestellt wird – z.B. beim Sprachenstreit in Belgien, der ab und zu Regierungskrisen hervorruft. Von Separatismus spricht man dann, wenn ein Teilstaat versucht, das Bundesverhältnis aufzulösen und Souveränität zu erlangen. Der letzte in Deutschland zu beobachtende Separatismus sind die Versuche zu Beginn der 1920er Jahre, in Anlehnung an Frankreich eine „Rheinische Republik“ auszurufen.
Separatismus ist nicht auf Staaten in bundesstaatlicher Ordnung beschränkt, sondern kann auch den Kampf von Regionen in zentralstaatlich organisierten Staaten um Unabhängigkeit (Basken in Spanien) oder um Anschluss an ein anderes Land bedeuten (Nordirland).