Hier finden Sie Informationen zu den Bildungsplänen im Fach Geschichte, außerdem Unterrichtsmaterialien, Linksammlungen, Werkzeuge zur Eigenrecherche und Hinweise auf außerunterrichtliche Lernorte.

Die Reaktion Chinas bis 1911 auf den Einbruch des Westens

Der Taiping- Aufstand (1850-1864)

Das Hinterland von Macao und Kanton war am frühesten durch die Auswirkungen des Handels mit Europa in seiner sozialen und wirtschaftlichen Struktur getroffen worden; hier hatte sich auch die christliche Mission am längsten ausbreiten können. So entstand dort der sogenannte Taiping- Aufstand (1850-1864), ein 14 Jahre dauernder blutiger Aufstand, dessen Niederschlagung durch die Regierung - in der Endphase auch mit Hilfe der westlichen Mächte - ca. 20 Mio. Menschen das Leben kostete. Die Forderungen, entstanden aus sozial verstandenem Christentum, zielten auf die Abschaffung des Privateigentums sowie auf die Gleichstellung von Mann und Frau. Er fiel mit dem Zweiten Opium-Krieg (1856-1860) zusammen (Nach Mehnert, a.a.O., S. 113f. sowie TaschenAtlas Weltgeschichte, 2. Aufl. 2003, S. 142).


Erste Phase der Modernisierung: Nur Aneignung westlicher Technik?

Unter dem Eindruck des Taiping-Aufstands und des Zweiten Opiumkriegs setzte sich in der Mehrheit der führenden Schicht Chinas die Erkenntnis durch, dass man Reformen nach dem Motto "Chinesisches Wissen als Substanz, westliches Wissen für praktischen Gebrauch" (Tschang Tschi-tung (1837 - 1909)) durchführen müsse, oder wie es Feng Kuei-fen, ein anderer Beamter und Gelehrter, ausdrückte: "Wir haben nur eines von den Barbaren zu lernen - starke Schiffe und wirksame Kanonen" (Mehnert, a.a.O., S. 114f.).


Zweite Phase der Modernisierung: Reform des Konfuzianismus?

Als China im Zeitalter des Imperialismus in europäische Interessensphären aufgeteilt wurde und v.a. das modernisierte Nachbarland Japan China besiegte und ihm Taiwan und Korea entriss, wurde eigentlich - zumindest von außen betrachtet - unabweisbar, dass auch der bürokratische, korrupte Staatsapparat reformiert werden und westliche Erziehung und Erziehungsinhalte übernommen werden mussten. War doch auch die Aneignung der westlichen Technik sehr langsam fortgeschritten. Die Technik zersetzte konfuzianische Substanz, technischer Fortschritt war mit Naturwissenschaft verknüpft, diese mit einer aus der westlichen Aufklärung entstandenen experimentierfreudigen, Neuerungen gegenüber aufgeschlossenen Denkhaltung.

Doch da die Tradition übermächtig und eine völlige Abkehr vom Konfuzianismus in der gebildeten herrschenden Schicht undenkbar war, lag der Gedanke nahe, nun durch Uminterpretation den Konfuzianismus selbst zu reformieren und ihn mit den neuen Anforderungen vereinbar zu machen. Diese Richtung schlug der Philosoph und Politiker Kang Yu-wei (1858-1927) ein, allerdings ohne Erfolg. Der Hass der Chinesen richtete sich dafür gegen die "Fremden Teufel", denen sie die Schuld an der Misere Chinas gaben (ebd., S. 117ff.).

Nach der "Hundert-Tage-Reform" von 1898 des chinesischen Kaisers Guangxu, der einen Abbau des Beamtenapparates und eine Modernisierung des Prüfungswesens sowie weitere Reformen versucht hatte, wurde dieser abgesetzt, an seiner Stelle regierte bis zum Untergang des Kaiserreiches dessen Tante Tzu-Hsi.


Der Boxeraufstand 1900/01

Der Geheimbund der "Boxer" (westliche Bezeichnung für die sogenannten "Faustkämpfer für Recht und Einigkeit") war in Nordchina tätig.

Hintergründe des Boxeraufstandes sind

a) Flut- und Dürrekatastrophen in Nordchina im Sommer 1898,

b) das aggressive Vorgehen christlicher Missionare ("Schon länger hatten sich Missionare nicht gescheut, Dorfgemeinschaften zu spalten und mit ihrer Klientel unter dem Schutz der Extraterritorialitätsrechte eine Art von Staat im Staate zu bilden." [Der Brockhaus multimedial 2002, Artikel Boxer: Der Boxeraufstand und seine Folgen]),

c) wachsender europäischer Einfluss in China.

Die Unruhen griffen auf Peking über, das europäische Gesandtschaftsviertel wurde eingeschlossen und belagert und der deutsche Gesandte von Ketteler ermordet.

Danach wurde ein aus acht europäischen Staaten bestehendes Expeditionskorps unter deutscher Führung ausgesandt. Aus diesem Anlass hielt Kaiser Wilhelm II. seine berüchtigte Hunnenrede. China verlor die Auseinandersetzung und musste im sogenannten "Boxerprotokoll" von 1901 auf weitere fremdenfeindliche Aktionen verzichten sowie eine hohe Kriegsentschädigung zahlen.


Radikale Abkehr vom Konfuzianismus

Als sich der Konfuzianismus als nicht reformierbar erwies, wandte sich vor allem die akademische Jugend Chinas zunehmend einer radikalen Modernisierung Chinas unter Preisgabe des Konfuzianismus zu, besonders, wenn sie an Schulen und Hochschulen westlichen Typs ausgebildet war oder vom Studium im Ausland zurückkehrte. Unterstützt wurde sie von der chinesischen Emigration. Man orientierte sich an westlichen Ideen, vor allem am Nationalismus, aber auch am Liberalismus.

1912 gründete der Arzt Sun Yat-sen (1866-1925) die Kuomintang (Nationale Volkspartei). Er trat für drei Prinzipien ein: nationales Eigenleben, Demokratie und Existenzsicherung für alle.


1911 Republik

1911 leitete ein Militärputsch das Ende der Mandschu-Dynastie ein, die wegen der ungleichen Verträge mit den westlichen Mächten und Japan und wegen ihrer nichtchinesischen Abkunft verhasst war. Die kaiserliche Regierung wurde zur Abdankung gezwungen und eine Republik unter der provisorischen Präsidentschaft Sun Yat-sens ausgerufen.

Allerdings herrschte die parlamentarische Regierung nicht uneingeschränkt in ganz China, da sich lokale Militärbefehlshaber ("warlords") gegenseitig bekämpften und Chinas Einheit in Frage stellten. Die Sozialstruktur Chinas blieb unangetastet, die Masse der immer ärmer werdenden Bevölkerung stand abseits.


Quelle: Klaus Mehnert: Peking und Moskau, Stuttgart, 2. Auflage Stuttgart, 1966


Aufgaben

1. Zeige, wie China zwischen modernen und anti-modernen Tendenzen pendelt.

2. Untersuche die Rolle des westlichen Auslands für innerchinesische Entwicklungen.


Zur Hauptseite


Der Text dieser Seite ist verfügbar unter der Lizenz CC BY 4.0 International
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

Bitte beachten Sie eventuell abweichende Lizenzangaben bei den eingebundenen Bildern und anderen Dateien.