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Wie das Kloster Salem ein Territorium beherrscht

Der Zisterzienserorden war ursprünglich ein Reformorden, der sich gegen die zunehmende Verweltlichung der Mönchsorden im 11. Jahrhundert wendete. Askese, harte Arbeit und Gebete setzten sie gegen verschwenderischen Reichtum und Genuss, wie er in manchen Orden des 11. Jahrhunderts um sich gegriffen hatte. Dank ihrer Wirtschaftsweise wurden sie aber selbst zunehmend reich und erlangten einen immer größeren Wohlstand. Im 16. Jahrhundert existierten ca. 8000 vom Kloster Abhängige in den Dörfern und Hofgütern in der Umgebung von Salem.

Salem und seine Umgebung auf der „Salem Mappa 1765“ 

Die Abtei in Salem und die umliegenden Dörfer hatten in vielerlei Hinsicht Beziehungen zueinander. Salem hatte aufgrund seines Besitzes Rechte und Privilegien, dazu zählte das Recht, in Salem zentral für die Region Gericht zu halten – dieses Recht ging zurück auf einen kaiserlichen Brief aus dem Jahre 1354. Das sog. „Siedelgericht“ in Salem verhandelte vornehmlich geringere Verstöße gegen das Recht. Zusammengesetzt war es aus 15 Männern aus den Gemeinden, die unter Salemer Herrschaft standen sowie aus der Abtei selbst. In einem komplizierten Prozess zwischen den Vertretern der Dorfgemeinschaften und den Vertretern der Abtei wurden oft partnerschaftlich Kompromisse ausgehandelt, die die Interessen beider Seiten berücksichtigten. Die Einrichtung dieses „Siedelgerichts“ gab es bis weit ins 17. Jahrhundert.

Vertrag von 1473 zwischen Abt und Siedelrichter

Die dörflichen Amtmänner wurden im Anschluss an die Ereignisse des deutschen Bauernkrieges nach 1525 gestärkt, indem ein weiteres politisches Gremium eingerichtet wurde, das sog. "Verhör". Das Verhör diente dazu, Beschwerden, Klagen und Hilfegesuche von Dorfbewohnern zu beraten. Die Mitglieder des Verhörs waren neben den Amtmännern natürlich auch Vertreter des Klosters – eine weitere Einrichtung, die dazu beitrug, die Interessen von Kloster und Umland abzugleichen. Frondienste und der Anteil, den die Bauern an der Getreideernte ans Kloster abzuführen hatten (die sog. „Landgarb“) führten immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Kloster und bäuerlicher Umgebung. In der Regel beanspruchte das Kloster ein Drittel des Ertrags als Landpacht dafür, dass es den Bauern den Grund und Boden zur Bearbeitung zur Verfügung stellte. Das Verhör führte zu einem Kompromiss, dass die Abgabenlast im 17. Jahrhundert für die Bauern gemindert wurde."

Die "Reichspraelatur Salem" aus der Vogelschau, 1802. 

Der Salemer Abt wurde durch den klösterlichen Konvent selbst bestellt – ein Prinzip, das bei den Zisterziensern üblich war und dazu führte, dass häufig Nichtadlige zu Äbten wurden, die wiederum aus der Gegend um Salem stammten. So konnten auch Personen, die aus der Bauernschaft stammten, bis hoch in die klösterliche Hierarchie gelangen und Führungspositionen in der Abtei besetzen. Qualifikation und Kompetenz zählte hier mehr als Herkunft oder Titel. Darin wich das Kloster Salem merklich von anderen Klöstern oder Abteien ab. Obwohl der Abt von Salem mit den höchsten Würdenträgern des Reiches verkehrte, war er andererseits eng mit den Menschen der unmittelbaren Umgebung des Klosters verbunden – über die gemeinsam zu besetzenden Institutionen und immer wieder auch über die Herkunft aus einem umliegenden Dorf. Man kann also von einer Partnerschaft zwischen Abtei und umliegenden Dörfern sprechen. Konflikte wurden überwiegend ohne Gewalt gelöst und frühzeitig partizipierten die Bewohner der Dörfer an den Entscheidungen über diese.


Zitiert nach Katherine Brun: Konflikt, Kooperation, Kompromiss – Der Aufbau eines frühneuzeitlichen Territoriums „von unten“ in Salem. In: Kloster und Schloss Salem, Neun Jahrhunderte lebendige Tradition, hrsg. v. Staatliche Schlösser und Gärten, München 2014, S. 51-57.


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