Stärkung der Fragekompetenz im Fenster zur Welt: ein Mystery zu Abul Abaz
Karl der Große bekam im Jahre 802 ein sehr ungewöhnliches Geschenk: einen Elefanten! Der Kalif von Bagdad, Harun al-Raschid, übereignete ihm diesen Elefanten als repräsentatives und exotisches Luxusgeschenk. Zuvor muss der Elefant schon den weiten Weg von Indien nach Bagdad zurückgelegt haben. Den Weg von Bagdad nach Europa nahm der Elefant aber nicht, wie man vielleicht annehmen könnte über Land - nämlich über den Balkan -, sondern übers Meer mithilfe mehrerer Schiffe. Auf einem davon befand er sich selbst (fest gebunden, denn bei einer unerwarteten Bewegung hätte das Schiff leicht kentern können), auf den Begleitschiffen, von den Quellen gar als "Flotte" bezeichnet, befanden sich die Nahrungsmittel, um ihn zu versorgen. Ein Landgang hat sich nicht angeboten, denn die Beziehungen zwischen den Akteuren im Mittelmeerraum - dem Kalifen von Bagdad und dem Karolinger Karl einerseits und der öströmischen Kaiserin Irene andererseits - waren nicht besonders gut zu diesem Zeitpunkt.
Was kann uns ein Elefant über Karl den Großen und die Mittelmeerwelt um 800 erzählen? Wieso erhält Karl dieses exotische Geschenk und was macht er damit? Ist der Elefant mit dem Namen Abul Abaz ein Beispiel für das (gelungene) Zusammentreffen von abendländischer und morgenländischer Kultur? Mit diesen Themen beschäftigt sich das Modul zu Abul Abaz, dem Elefanten Karls des Großen.
Der Weg von Abul Abaz
Karte: Peter Palm, Berlin; Vergrößerung als pdf
Um dieses schwierige Thema den Schülerinnen und Schülern in Klasse 6 nahezubringen und zugleich eine der historischen Grundkompetenzen - die Fragekompetenz - zu schulen, wird hier ein Unterrichtsmodell vorgestellt, das das Staunen der Schülerinnen und Schüler zugrundelegt: Über ein Historienbild, das den Elefanten am karolingischen Hof zeigt, sollen die Schülerinnen und Schüler für die Exotik sensibilisiert werden. Von hier aus sollen sie Fragen stellen, die sich angesichts dieser Konstellation aufdrängen. Diese Fragen werden gesammelt und später einer zweiten Sichtung unterzogen.
In einem weiteren Schritt sollen die Schülerinnen und Schüler mit der Methode des Mystery anhand vieler Einzelinformationen forschen, was sie über die Herkunft, die Bedeutung, den Weg und das Leben usw. von Abul Abaz herausfinden. Dazu bilden sie arbeitsteilige Einzelgruppen, die sich auf der Grundlage der Fragen vom Beginn der Stunde spezialisieren. Während die Schüler sich mit den vorhandenen Informationen befassen, werden sie erkennen, mit welchen Fragen man Abul Abaz wirklich auf die Spur kommen kann. Die Ergebnisse der Forschung können auf zweierlei Art präsentiert werden: als Wirkungsgefüge, das eine Antwort auf die ursprüngliche Frage liefert, oder als Text, der die Frage im Zusammenhang beantwortet. Im Anschluss an die inhaltliche Präsentation sollten die Schülerinnen und Schüler unbedingt nochmals reflektieren, mit welchen Fragen sie angesichts der Informationslage weitergekommen sind und auf welche keine Antwort möglich war. Auf der Basis ihres erweiterten Kenntnisstandes können sie nun - entsprechend des Kreislaufs des historischen Denkens - weitere Fragen entwickeln.
Der Kreislauf des historischen Denkens
(erstellt von der Bildungsplankommission Geschichte)
Quelle
Vorgehen
1. Schritt: Sensibilisierung
Ein Elefant am karolingischen Hof : Was wollen wir über diese Situation erfahren? Welche Fragen stellt ein Historiker?
Sammelt Fragen.
2. Schritt: Fragen an der Tafel notieren und sichten
Die Schüler formulieren ihre Fragen auf Karten, die via Magnet an der Tafel befestigt werden.
Diskussion: Welchen Fragen wollen wir nachgehen? Welche sind wahrscheinlich zu beantworten? Welche voraussichtlich nicht? Welche Fragen könnten weitere Fragen nach sich ziehen?
Einzelne Kleingruppen entscheiden sich für einen oder mehrere Fragen, denen sie nachspüren wollen.
3. Schritt: Mystery "Abul Abaz
Die Schüler sichten mit Mystery-Kärtchen (die sie zuerst zuschneiden müssen) die Informationslage zu ihrer Fragestellung und bereiten sich darauf vor, ihre Mitschüler über den Gang ihrer Forschungen in Kenntnis zu setzen.
Dabei können die Schülerinnen und Schüler ein Wirkungsgefüge, einen eigenen Text oder eine Skizze nutzen - wichtig ist, dass sie nicht lediglich den Text der Mystery-Kärtchen kopieren, sondern zur Beantwortung ihrer Frage die Informationen kombinieren.
4. Schritt: Präsentation - Abul Abaz und der karolingische Hof
5. Schritt: historische Reflexion
Mögliche Impulse
- Abul Abaz - ein Beispiel für die guten Beziehungen zwischen Abendland und Morgenland?
- Ist der Feind meines Feindes mein Freund?
- Kriegführung mit einem Elefanten?
- Der Transport von Abul Abaz - Kosten und Nutzen?
6. Schritt: methodische Reflexion
- Mit welchen Fragen sind wir Abul Abaz auf die Spur gekommen?
- Welche Fragen haben nicht weitergeführt? Woran lag das?
- Welche Fragen schließen sich hier an?
- Welche Informationen müssten wir haben, um die Anschlussfragen zu beantworten?
Die Quellenauswahl sowie der Argumentationsgang sind (verkürzt) entnommen aus:
Achim Thomas Hack, Abul Abaz. Zur Biographie eines Elefanten, Badenweiler 2011.
Die Idee, die Methode des Mystery zur Schulung der Fragekompetenz zu nutzen, stammt von Dr. Gideon Maier (RP Tübingen).
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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