Der Brief des Tagelöhners Christian Bantlen
Folgender Brief ist dem Eintrag zum 20. April 1790 im Inventur- und Teilungsbuch der Gemeinde Balingen beigelegt (StA Balingen, Inventur- und Teilungsbuch 1790-96, Eintrag vom 20. April 1790, Nr. 49. Beigefügter Brief des Christian Bantlen vom 23. August 1783).
Aufgabe:
1. Vergleiche die Transkription mit dem Original und versuche einige Zeilen zu lesen. Als Hilfe kann der Vergleich zwischen Sütterlinschrift und Kanzleischriften dienen.
2. Arbeite Anlass, Motiv und Inhalt des Briefes heraus und berücksichtige dabei auch die sprachliche Form.
3. Entwickle auf der Basis der Quelle Fragen an die historische Situation.
Briefumschlag von Christian Bantlen
mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Balingen
„Dieser Brief zukommen
Herrn Conrad Jetter,
Dorfsvogt in Heselwangen bey Balingen im Württemberger Land
abzugeben in Balingen
Württemberger Land
Erste Seite des Briefes von Christian Bantlen
mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Balingen
Heut. Dato 23. Aug. 1783
In seiner Gnade einen herzlichen Gruß an Dich, herzlich geliebte Ehegattin, und auch an mein kleines Kind,
wo ich gelassen habe. Ich hoffe, meine wenigen Zeilen werden auch Weib und Kind wie auch meinen viele geliebten
Schwagervater und Schwiegervater und auch meine Schwägerinnen in guter Gesundheit antreffen.
Was aber mich belangt, bin ich allzeit reich und gesund, so lang Gott will. Ich will euch jetzt auch berichten, wo ich jetzt bin. Ich habe Dienst genommen in Holland auf 4 Jahre. Wenn mir Gott das Leben schenkt, so kann ich mich mit Weib und Kind reichlich ernähren. Ich habe jeden Monat 15 Gulden und dabei Fleisch und Trank, freie bezahlte Kleidung. Wenn aber die zerrissen ist, so muss ich mich darin erhalten, wann das Schiff abgeht. Wir liegen jetzt vor der Insel Texel auf dem Meer. Unsere Bezahlung ist so gewiss sobald die vier Jahre vorüber sind, so ist die völlige Bezahlung. Da fehlt uns kein Heller. Das Schiff gehört dem Prinzen von Oranien, der Schiffskapitän heißt Sträring. Und das Schiff hat seinen Namen Gellerland. Die Größe kann ich nicht beschreiben. Es hat 68 Kanonen, darauf die Anzahl von Männern sei 500. Was für Brot, Fleisch, Bier und Wein darauf ist, Branntwein, Butter, Käse und Nahrungsmittel, dass ist unzählbar. Denn wir müssen uns auf drei oder vier Jahr versorgen. Ich weiß wohl, dass ich mich verzählt habe. Ich bete aber Tag und Nacht zu Gott, dass er mir meine Missetat vergeben wollte.
Zweite Seite des Briefes von Christian Bantlen
mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Balingen
Ich weiß auch, dass wenn ich wieder nach Hause komme, dass ihr mich das nicht vergelten lasst. Denn Gott der Allmächtige wird auch an die Seinen denken, dass ihr alle meine Missetaten vergesst. Denn ich will gewiss, wenn ich gesund bleibe, auch 300 Gulden mit nach Hause bringen. Ich bitte euch mit heißen Tränen, bittet für mich, denn ich bin jetzt diese vier künftigen Jahre allezeit auf dem Wasser. Das ist sicher mein Trost und meine Hoffnung, dass Gott zu Wasser ist als wie zu Land. Obgleich Mast und Segel bricht, lässt Gott die Seinen nicht [ohne] Hilfe, die er aufgeschoben hat. Er [hat] sie darum nicht aufgehoben. Hilft er nicht zu jeder Frist, so hilft er doch, wenn es nötig ist. Jetzt kann ich es nicht unterlassen, auch eine herzlichen Gruß an meinen herzlich geliebten Beichtvater, Magister Hoffmann in Balingen [zu senden] und hoffe, sie wollen mich auch in ihr Gebet einschließen, insbesondere auch einen herzlichen Gruß an den Vorsteher der Gemeinde Heselwangen, namens Herrn Conrad Jetter, Dorfvogt, und bitte, er wolle mein Weib und Kind versorgen, bis ich die Gnade von Gott erlange, dass ich sie selber versorgen kann. Jetzt will ich meiner Freundschaft auch gedenken und sie auch mit einem herzlichen Gruß begegnen. Viel geliebter Vetter Jacob Dreher, ich weiß, dass ihr alle, meine ganze Freundschaft, auch wollen für mich beten, auch insbesondere meine geliebte
Dritte Seite des Briefes von Christian Bantlen
mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Balingen
Gevatterschaft und bitte, ihr wollt mein Kind nicht verlassen. Weiteres kann ich euch diesmal nicht
schreiben als einen tausendfachen Gruß an die ganze Freundschaft auf beiden Seiten.
Ihr werdet mir nicht schreiben können, denn ich kann den Brief schwerlich bekommen. Doch wenn ihr schreiben
wollt, so macht die Adresse an Johann Georg Vogel in Amsterdam, wohnt in Ren Armsteg im Goldenen Löwen und
auch den Brief sicher an Christian Bantle, Matrose auf dem Schiff Gellerland bei Kapitän Stäring.
Ich verbleibe euer getreuer Freund
T. Christian Bantle bis in den Tod.“
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