"Opa war kein Nazi" - Nationalsozialismus und familiäre Erinnerung
Viele Familien haben sich nach 1945 mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen müssen: Wer war wie verstrickt ins verbrecherische System des Nationalsozialismus? Wer hat sich schuldig gemacht? Wer hat einfach nur zugesehen? Jeder Einzelne, aber auch jede Familie musste mit der eigenen Geschichte einen Umgang finden. Subjektive Erinnerung steht hier oft im Gegensatz zu Erkenntnissen, die Historiker gesammelt haben. In der Familie konnte man jedoch auch nicht über alles reden - manche Themen wurden verschwiegen, beschönigt oder umgedeutet.
Ein Forschungsteam um den Historiker Harald Welzer hat sich damit beschäftigt, welche Roller die Erinnerung in Familien spielt. Dazu wurden generationsübergreifend Interviews geführt. Einige Ausschnitte aus diesen Interviews werden unter Q1 - Q7 in diesem Modul beispielhaft präsentiert.
Österreich: Einmarsch der deutschen Wehrmacht
Großeltern und Enkel beim Posieren mit Propagandaschildern
Bundesarchiv, Bild 146-1969-055-50
Bei der Untersuchung der Interviewausschnitte erkennt man unterschiedliche Strategien, die von den Beteiligten angewendet werden, um in der Familie mit der Erinnerung an die nationalsozialistische Vergangenheit leben zu können. Schüler können in diesem Modul Auszüge aus Interviews bearbeiten, um zu erkennen, wie dies geschah.
Juli 1933: Massentrauung von 50 nationalsozialistischen Paaren in der Lazaruskirche in Berlin
Bundesarchiv, Bild 102-14745/Georg Pahl
Leitfrage: Wie gehen Familien mit der Erinnerung an den Nationalsozialismus um?
Aufgaben:
1. Untersuche die folgenden Interviewausschnitte (entweder arbeitsteilig in Gruppen oder nacheinander in Paaren). Unterscheide zwischen dem, was von den Zeitzeugen als Fakten dargestellt wird, und den persönlichen Wertungen, die in dieser Darstellung bereits als solche erkennbar sind.
Finde eine passende Überschrift für jeden Interviewausschnitt.
2. Markiere die Passagen, bei denen die Beteiligten Entschuldigungs- oder Verdrängungsstrategien anwenden, und beschreibe diese Strategien. Erkennst du einen Unterschied zwischen der Generation der Großeltern, der Eltern und der Kinder beim Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit?
Beachte: Für die Umschrift der Interviewausschnitte wurde eine besondere Transkription angewendet, die den mündlichen Sprachduktus abbildet: Ein Schrägstrich bezeichnet eine Unterbrechung (auch eine Selbstunterbrechung), ein alleinstehender Punkt markiert eine Pause. Sätze enden oft nicht mit einem Punkt und Äußerungen sind z.T. anfangs nicht großgeschrieben – wundere dich also nicht über ungewohnte Zeichenfolgen!
Die Texte als pdf-Datei Quellen zum Download.
3. Lest die Zusammenfassung der Autoren in Vierer-Gruppen durch (hier auch als pdf-Datei zum Download). Jeder zeichnet für das Verständnis eines Abschnitts verantwortlich.
Klärt das Verständnis unbekannter Begriffe und einigt euch auf ein bis zwei zusammenfassende Sätze pro Abschnitt.
Präsentiert euer Verständnis der Zusammenfassung der Klasse.
4. Diskutiert abschließend in der Klasse darüber, wie das Zusammenspiel von Geschichte und Erinnerung in Familien funktioniert.
- Welche Erklärungen liefern die Autoren für das Verhalten in den Familien?
- Welche Rolle spielt der Umstand, dass man in der Familie darüber spricht?
- Wie wichtig ist das Sprechen in der Familie über den Nationalsozialismus im Vergleich zur wissenschaftlichen Erforschung?
- Welche Rolle spielt der Holocaust in der Erinnerung von Familien?
Transfer
Überprüfe die bisherigen Ergebnisse an den Aussagen eines Landrats zur Deportation von Juden 1941/42, die er vor einem Gericht 1947 machte. Welche Entschuldigungsstrategien kann man feststellen?
Differenzierung: Zitate zur Erinnerung
Nimm Stellung zu den aufgeführten Zitaten (hier auch als pdf-Datei zum Download). Welchem kannst du zustimmen, welchem nicht. Begründe deine Ansicht.
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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