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5. Station: Neuplatonismus und Christentum

Der Neuplatonismus

Als Begründer des Neuplatonismus gilt Ammonius Sakkas aus Alexandria (175 - 242 n.Chr.), von dem wir kaum etwas wissen. Sein größter Schüler war der Philosph Plotin, der das eigentliche Denksystem des Neuplatonismus geschaffen hat und mit dem man den Neuplatonismus beginnen lässt. Plotins Schüler Porphyrios sammelte die Schriften Plotins und gab sie heraus.

Plotin schafft ein hierarchisches Sytem, an dessen Spitze "das Eine, das Erste, das Ewige, das Höchste, das Gute, das Übergute, oder wie immer Plotinos das göttliche Wesen benennt" (Störig,a.a.O., S. 105), steht. "Nicht nur [...] würde es seiner Würde widersprechen, wenn es mit der Materie in unmittelbare Berührung träte - es ist überhaupt unvorstellbar, dass es jemals etwas begehren oder tun könnte, denn es ist in sich vollendet und ruhend" (ebda., S. 205). Plotin nennt diese Göttliche auch den "Vater" (Held,a.a.O., S. 257).

Dieses Wesen strömt über und schafft alles andere Bestehende, wobei dieses Überfließen, die sogenannte Emanation, stufenweise im Sinne einer Rangordnung, aber nicht zeitlich nacheinander geschieht. "Die erste Ausstrahlung [...] ist der Geist" (Störig, a.a.O., S. 205), der also nicht Gott selbst ist. Er entspricht Platons Ideen. Als nächste Stufe folgen die Weltseele ("die Welt des Psychischen", ebda., S. 206), darunter die Einzelseelen, wobei die Weltseele in jeder Einzelseele existiert. Auf unterster Stufe befindet sich die Materie, "die als die unvollkommenste, von Gott am weiteseten entfernte Erscheinungsform des Göttlichen, ja als das schlechthin Finstere und Böse hingestellt wird" (ebda.).

"Die Existenz, in der etwas Verborgenes zum Vorschein kommt, nannte die damalige Philosophie "hypóstasis", "Hypostase" (Held, a.a.o., S. 258). Der Geist wäre im Neuplatonismus demzufolge die erste Hypostase, also die erste Seinsweise Gottes, die Weltseele die zweite, usw. "Des Plotinos` Lehren vom Menschen und seine Ethik ergeben sich folgerichtig aus der Auffassung alles Bestehenden als stufenweiser Ausstrahlung des göttlichen Wesens und dem göttlichen Ursprung der Menschenseele. Das höchste Ziel des Menschen und seine Glückseligkeit besteht darin, dass seine Seele sich mit dem Göttlichen, aus dem sie hervorgegangen ist, wieder vereine. [...] Der eigentliche Weg dahin ist ein geistiger, er führt nicht nach außen, sondern ins Innere des Menschen" (Störig, a.a.o., S. 206).

Die höchste Form philosophischen Denkens "besteht in einer vollkommenen Versenkung in uns selbst, das heißt in das Göttliche, das in uns ist. Sie führt über alles Denken und Bewusstsein hinaus zu einem Zustand des bewusstlosen, ekstatischen Eins- Seins mit Gott" (ebda., S.206). Es geht also um die innere Schau (Vision) Gottes durch Askese.


Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Christentum und Neuplatonismus

Nach Klaus Held ergeben sich folgende Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Christentum und Neuplatonismus (Held, a.a.O., S. 325f.):

  • Gottesvorstellung

    - Es gibt nur einen Gott (Monotheismus).
    - Vorstellung von der Macht Gottes
    - Gott als das schlechthin Gute
  • Im Platonismus kann der Mensch durch Askese Gott schauen (Mystik); Paulus spricht von der inneren Freiheit des Christen gegenüber der Welt.
  • Kampf gegen das Böse, im Neuplatonismus verstanden als Kampf gegen die Leiblichkeit
  • Glaube an die Unsterblichkeit der Seele

Unterschiede:

  • Der christliche Gott ist ein Schöpfergott, der aus dem Nichts erschafft.
  • Die Menschenliebe des Christengottes ist radikaler.
  • Das Christentum glaubt an die Auferstehung des Leibes.
  • Das Böse gemäß der Bibel stammt nicht aus der Endlichkeit des Körperlichen, sondern aus der Sünde.

Trotz der Unterschiede bleibt eine innere Verwandtschaft, die dazu führte, dass das Christentum von den Gebildeten der römischen Welt neuplatonisch-philosophisch interpretiert werden konnte. Erst dadurch konnte es sich den Zugang zu diesen Kreisen und damit auch zum Kaiser verschaffen. Es konnte nicht ausbleiben, dass das Christentum durch die Berührung mit der griechisch-römischen Philosophie stark beeinflusst wurde. Dies soll am Beispiel des Glaubensbekenntnisses von Nicäa gezeigt werden.


Aufgaben

1. Zeichne ein Schema der Hypostasen. Trage auch die Fachbegriffe ein.

2. Erläutere, inwiefern der Neuplatonismus das Christentum in gebildeten Kreisen salonfähig machen konnte.


Der Text beruht auf folgenden beiden Büchern:

Hans Joachim Störig: Kleine Weltgeschichte der Philosophie, Frankfurt/Main 1984.

Klaus Held: Treffpunkt Platon, Stuttgart 21990.


Vertiefung/Binnendifferenzierung

Vertiefung: Neoplatonismus und byzantinische Bilder

Vertiefung: Arianischer Streit und Glaubensbekenntnis von Nicäa


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