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Reagan Reversal

Dass das Potential für einen Konflikt aus einer missverständlichen Situation heraus gegeben war, erkannte schließlich auch Reagan und änderte ab 1984 den Ton seiner öffentlichen Verlautbarungen, ohne dass es zuvor zu signifikanten Reformen in der UdSSR gekommen war. Dieser Wandel hatte drei Gründe: Erstens war im Herbst 1983 deutlich geworden, für wie bedrohlich die UdSSR die Konfrontationsrhetorik Reagans genommen hatte. Zweitens hatte die Administration bis Herbst 1983 noch keine Erfolge in den Beziehungen zur Sowjetunion vorzuweisen. Das politische System des Landes hatte sich nicht geändert; einzig die politischen Beziehungen zu den USA hatten sich verschlechtert. Die noch laufenden Abrüstungsverhandlungen standen vor dem Scheitern. Drittens fürchteten sich amerikanische Wähler zunehmend vor einem Präsidenten, der offen und selbstverständlich von der Möglichkeit eines atomaren Krieges sprach. Eine Gallup-Umfrage vom 22. Dezember 1983 ergab, dass fast die Hälfte der Amerikaner der Auffassung war, dass Reagan das Land näher an einem Krieg geführt habe. Es war Reagan bis Ende 1983 nicht gelungen, einen neuen außenpolitischen Konsens zu schaffen. Der Präsident änderte seine Politik nicht zuletzt, um nicht wie Jimmy Carter mit einer gescheiterten und unbeliebten Außen- und Sicherheitspolitik in den Wahlkampf 1984 ziehen zu müssen.[...]

Reagan und Gorbatschow vor dem Kaminfeuer (Schweiz, November 1985)
Reagan und Gorbatschow vor dem Kaminfeuer (Schweiz, November 1985)
Foto: Courtesy Ronald Reagan Library Quelle

Im Herbst 1983 vollzog sich ein unerwarteter Wandel in Reagans Denken über die UdSSR und die amerikanisch-sowjetischen Beziehungen. Die Bedrohungsrhetorik machte Angeboten zur Kooperation Platz. Reagan ging in seinen Erinnerungen darauf ein und erklärte dies damit, dass die USA 1984 gegenüber den Vorjahren gestärkt seien und sich das Gleichgewicht im Rüstungswettlauf verschoben habe. Reagans Argument einer Stärkung Amerikas in den Jahren 1981 bis 1983 und einer gleichzeitigen Schwächung der UdSSR ist kaum von der Hand zu weisen, aber ebenso erscheint es nicht ausreichend, um seinen politischen Wandel zu erklären. Das Ziel der Aufrüstung bis 1983 war — wenn man Reagans vielfältigen Stellungnahmen zur UdSSR Glauben schenken will — mehr gewesen als eine Neuaustarierung des Kräftegleichgewichts. Es ging um die Vernichtung des politischen Systems des Sozialismus, um die Befreiung der Welt vom Übel des Kommunismus. Von diesem Ziel nahm der Präsident Abstand, ohne es erreicht zu haben. Eine einleuchtendere Erklärung für den Politikwechsel Reagans war, dass seine Politik vom Standpunkt des Herbstes 1983 her gesehen ein völliger Fehlschlag gewesen war. Der Präsident sei nicht in der Lage, auf einen einzigen außenpolitischen Erfolg zu verweisen, so die New York Times in September 1983. Die Zeitung ging so weit zu spekulieren, dass Reagan eine Wiederwahl 1984 verlieren könnte, weil die Wähler der Auffassung seien, er habe die Welt nicht sicherer, sondern gefährlicherer gemacht. Die Beziehungen der Supermächte hätten sich seit 1981 so drastisch verschlechtert, dass ein militärischer Konflikt nicht länger ausgeschlossen werden konnte. [..]

Reagan an der Berliner Mauer (12. Juni 1987)
Reagan an der Berliner Mauer (12. Juni 1987)
Foto: Courtesy Ronald Reagan Library Quelle

Wann die Entwicklung im Denken Reagans fort von einer unbedingten Konfrontation eingesetzt hat, ist nicht mit letzter Bestimmtheit zu sagen. Seine moderate Reaktion auf den Flugzeugabschuss im September mag ein erster Hinweis in diese Richtung gewesen sein. Er nutzte das Ereignis nicht aus, um die Spannungen weiter anzuheizen.


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
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