Italien in der Stauferzeit (Otto von Freising)
Otto von Freising: Die Taten Friedrichs, Buch II, 13
Auch in der Ordnung der Städte und in der Bewahrung der Staatsform ahmten sie noch die Klugheit der alten Römer nach. Ja, sie trachteten so sehr nach Freiheit, dass sie, um dem Übermut der Herrschaft zu entgehen, lieber durch den Willen von Consuln als von Herrschern sich leiten lassen.
Und da es unter ihnen drei Stände gibt, [..] den der Capitane, Vavassoren und des Volkes, so werden zur Unterdrückung des Hochmuts nicht von einem allein, sondern von jedem Stande Consuln gewählt, und damit sie nicht zur Begierde nach Herrschaft sich verleiten lassen, wechseln sie fast in jedem Jahre.
Daher kommt es, dass, da jenes Land [die Poebene] fast ganz in Stadtgemeinde geteilt ist, jede die Insassen ihres Gebietes zwingt, unter ihr zu wohnen, und dass kaum ein vornehmer und großer Mann [...] gefunden werden kann, der nicht die Herrschaft seiner Stadt über sich anerkennete. [...]
Damit es aber auch an Mannschaft zur Unterdrückung der Nachbarn nicht fehle, halten sie es nicht für unwürdig, an Jünglinge niederen Standes oder an Arbeiter verächtlicher, auch mechanischer Gewerbe [...] den Gürtel der Ritterschaft oder die Grade der Würden zu verleihen.
Daher ist es gekommen, dass sie über die andern Städte des Erdkreises durch Reichtum und Macht hervorragen. Sie werden dabei [...] nicht allein durch die Betriebsamkeit ihres Charakters unterstützt, sondern auch durch die Abwesenheit der Fürsten, die jenseits der Alpen zu bleiben gewohnt sind. [...] Den Fürsten, dem sie freiwillige Ehrfurcht der Unterwürfigkeit zeigen müssten, empfangen sie kaum je oder nie ehrerbietig [...], außer wenn sie, durch die Masse seines großen Heeres gezwungen, seine Macht fühlen. [...]
Unter allen Städten dieses Volkes behauptet jetzt Mediolanum den ersten Rang [...]. [...] Diese Stadt also gilt nicht nur wegen ihrer Größe und der Menge tapferer Männer, sondern auch darum, weil es zwei benachbarte [...] Städte, nämlich Cuma und Laudi seiner Herrschaft einverleibt hat, für mächtiger als die anderen Städte [...].
Wie nun bei den hinfälligen Dingen (dieser Welt) infolge der Lockung des lachenden Glückes zu geschehen pflegt, so blähte auch Mailand, erhoben durch das Glück, sich zu so großer Frechheit des Stolzes auf, dass es sich nicht nur nicht scheute, alle Nachbarn zu befeinden, sondern auch, die Majestät des Fürsten [] selbst nicht fürchtend, jüngst seinen Zorn auf sich zu ziehen wagte.
Zur originalen Übersetzung (archive.org).
Informationen zum Verfasser des Textes
Otto von Freising, geboren um 1112, war seit 1138 Bischof von Freising und einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber des Mittelalters. Zum Bischof wurde er von dem Stauferkönig Konrad III. ernannt, dem Onkel und Vorgänger Friedrich Barbarossas, dessen Halbbruder er war. Er vermittelte aufgrund seiner kaiserlichen Verwandtschaft erfolgreich in den Streitigkeiten zwischen Staufern, Babenbergern und Welfen. Er nahm am Zweiten Kreuzzug teil und unternahm im diplomatischen Auftrag König Konrads III. frei Reisen nach Rom. Er vermittelte im Streit zwischen Papst Hadrian IV. und Kaiser Friedrich Barbarossa und wurde von diesem 1157 beauftragt, die Taten des Kaisers (Gesta Friderici Imperatoris) zu schreiben. Er starb am 22. September 1158. Nach Wikipedia: Otto von Freising
Aufgaben zum Bericht Ottos von Freising
- Arbeite heraus, wie die Städte in Oberitalien regiert werden.
- Stelle die Ursachen für Macht und Reichtum der Städte Oberitaliens dar.
- Erläutere die Absicht Barbarossas gegenüber den Städten in Italien.
- Erkläre die Vorbilder für die Herrschaft in den Städten und deren Zweck.
- Überprüfe, auf welcher Seite der Verfasser des Textes, Otto von Freising, steht. Begründe deine Meinung aus dem Text.
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