3.2 Die Tochterfirmen und die Arbeiter in Friedrichshafen in der Zeppelinzeit
Während dieser ganzen Zeit hatte man beim Luftschiffbau mit tausend Unzulänglichkeiten der Teilelemente des Luftschiffes zu kämpfen, deren technische Entwicklung noch nicht weit genug waren. Diese Probleme, könnte man formulieren, ließen den Luftschiffbau zum Konzern werden:
Maybach Motorenbau GmbH Friedrichshafen
Bild mit freundlicher Genehmigung des Kreisarchivs Bodenseekreis, Salem
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Da die Motoren unzulänglich waren, wurden unter Leitung von Karl Maybach 1909 der Luftfahrzeug-Motorenbau gegründet, der 1912 nach Friedrichshafen auf den südlichen Teil des Luftschiffgeländes verlegt wurde.
Für die ungeheuren Mengen, die an Wasserstoffgas benötigt wurden, entstand 1909 die Carbonium GmbH, die 1910 in die Luft flog und 1911 liquidiert wurde. 1914 wurde eine Wasserstoffgasfabrik als Vorläufer des heutigen Sauerstoffwerkes erbaut. In Berlin entstand 1909 eine Ballonhüllenfabrik und 1913 die Hallenbau GmbH.
Insgesamt waren zu Beginn des 1. Weltkriegs in Friedrichshafen etwa 500 Leute beim Luftschiffbau und 200 beim Motorenbau beschäftigt.
Daneben aber begannen in Friedrichshafen bereits Arbeiten am zweiten Luftverkehrsmittel, dem Flugzeug, das dem Luftschiff bald überlegen sein sollte. Bereits seit 1908 befasste sich Theodor Kober, der erste Luftschiff-Mitarbeiter Zeppelins, mit dem Flugzeugbau. 1912 wurden ihm die noch stehenden Bauten auf dem alten Luftschiffgelände in Manzell mit der festen Halle von 1904 überlassen. Die "Flugzeugbau Friedrichshafen GmbH" wurde gegründet, an der auch der Graf Zeppelin zwar beteiligt war, die aber nicht zum Konzern zählte. Die neue Firma befasste sich vor 1914 mit dem Bau des Wasserflugzeugs. Auch hier hoffte man in erster Linie auf Militärflugzeuge, doch auch auf den "Aufschwung des Wasserflugsports nach dem Beispiel Amerikas". Bei Kriegsausbruch zählte das Werk ca. 60 Arbeiter.
Flugzeugabteilung LZ Zeppelin Seemoos
Bild mit freundlicher Genehmigung des Kreisarchivs Bodenseekreis, Salem
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Woher kamen nun die zusammen etwa 800 Arbeitskräfte, die in einem guten Jahrzehnt zum Aufbau der Friedrichshafener Unternehmen neu benötigt wurden? In der Oberamtsbeschreibung heißt es: Eine "namhafte Zahl der Fabrikarbeiter stammt aus ländlichen Familien und hat vielfach nebenher noch einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb". Fast die Hälfte der Friedrichshafener Arbeiter pendelte aus dem Umland ein, ermöglicht durch die Eisenbahnverbindung. Aber dieses Reservoir reichte nicht aus, zumal bereits von bäuerlicher Seite sehr über "Landflucht und Leutenot" geklagt wurde und der Bedarf an landwirtschaftlichen Arbeitern nur durch Wanderarbeiter aus dem Ausland gedeckt werden konnte.
Einen Teil ihrer Arbeiter mussten deshalb sämtliche Friedrichshafener Betriebe, auch die Eisenbahnwerkstätte und Hüni, wie es so schön heißt, "aus nicht bodenständigen Elementen" rekrutieren.
Den Folgeproblemen der Versorgung dieser Arbeiterzahlen war, wie es Generaldirektor Colsman formulierte, die "früher fast allein auf Fremdenverkehr angewiesene Stadt" schon vor dem 1. Weltkrieg nicht gewachsen. Im Hinblick auf die Lebenshaltung war Friedrichshafen mit seinem raschen Wachstum zur teuersten Stadt Württembergs aufgerückt. So nahm auch diese Aufgabe der Konzern selbst in die Hand und gründete 1913 die "Zeppelin Wohlfahrt GmbH".
Vorausgegangen war 1911 die erste Streik- und sogar Massenkündigungsdrohung der Belegschaft, die Lohnerhöhungen aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten in Friedrichshafen forderte. Die Gründung der Zeppelin Wohlfahrt hatte deshalb nicht nur eine soziale Seite, sondern hatte in erster Linie die Aufgabe, in einer Situation des angespannten Arbeitsmarktes konsummarktregulierend Lohnkosten sparen zu helfen.
Zeppelindorf: Plan.
Das Zeppelindorf wurde als einheitliche Siedlung entworfen, enthielt einen Platz, Kirche, Gastwirtschaft, Laden und
Häuser mit Gärten.
Bild mit freundlicher Genehmigung des Kulturamtes des Bodenseekreises
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Sie sollte zu einer Senkung der Lebenshaltungskosten beitragen und bei kostendeckender Wirtschaft die Befriedigung aller Grundbedürfnisse zu nicht mehr als durchschnittlichen Preisen in Friedrichshafen sicherstellen. Dazu erwarb die Zeppelin-Wohlfahrt landwirtschaftliche Betriebe, richtete Bäckerei, Metzgerei, Gärtnerei ein, erwarb eine Ziegelei, betrieb eine vorausschauende Bodenerwerbspolitik, um der Grundstücksspekulation zu begegnen. 1913 wurde noch der Bau des Zeppelin-Dorfs in die Wege geleitet, um die Wohnungsnot in der Stadt zu steuern. Der Entwurf des Zeppelin-Dorfs [...] und seiner Häuser wurde einem berühmten Architekten, Paul Bonatz, übertragen, von dem auch der Stuttgarter Hauptbahnhof stammt. [...] Fertig gestellt wurden die Häuser erst im Krieg, erst dann und in der Nachkriegszeit entfaltete auch die Zeppelin-Wohlfahrt ihre volle Wirksamkeit.
Aufgaben
Bearbeite weiter folgendes Arbeitsblat: "Die Zeppelinzeit 1900 - 1914"
- Erkläre, warum es zur Gründung von Tochterfirmen der Luftschiffbau Zeppelin GmbH kam.
- Zeige, dass die Luftfahrtindustrie in Friedrichshafen über mehrere Standbeine in Friedrichshafen verfügte.
- Vergleiche die Wohnverhältnisse im Zeppelindorf mit denen in zeitgleich bestehenden Berliner Mietskasernen.
3.1 Der Zeppelin 1900 - 1914 in Friedrichshafen
3.3 Die Stadt Friedrichshafen und ihre Politik in der Zeppelinzeit