4.2 Die Arbeiter im Weltkrieg
Gegen Kriegsende waren in den Friedrichshafener Betrieben über 8000 Beschäftigte tätig und das in einer Stadt, die selbst nicht mehr Einwohner zählte. Die Masse dieser Beschäftigten waren Dienstverpflichtete, die disziplinarisch den Militärbehörden unterstanden und jederzeit zum Fronteinsatz versetzt werden konnten. Sie stammten aus ganz Deutschland. Ihre Arbeitsbelastung war groß. Unter dem Produktionsdruck für den Kriegsbedarf hatten sie häufig 10 - 12 Stunden an 6 Wochentagen zu arbeiten. Sie verdienten zunächst nicht schlecht, wobei aber die lange Arbeitszeit zu bedenken ist. Mit ansteigenden Inflationsraten sanken ihre Löhne dann gegen Kriegsende ab.
Dabei waren den Arbeitern die hohen Gewinne ihrer wie auch anderer Firmen durchaus bekannt. Der eigene Reallohnverfall bei ständig weitersteigenden Konsumpreisen und gleichzeitigen Nachrichten von Riesengewinnen aller Firmen führte zu wachsender Verbitterung. Selbst das württembergische Militärkommando forderte schließlich im April 1918 ein Vorgehen gegen die "wucherische Ausbeutung des Staates auf der einen und des verbrauchenden Publikums auf der anderen Seite". Und auch in der Folge wies es immer wieder darauf hin, dass die ständig wachsenden Preise bei gleichzeitigen Nachrichten über "unglaublich hohe Dividenden böses Blut" machen müssten.
Parallel verschlechterte sich die Versorgung insbesondere mit Lebensmitteln. Zynisch antwortete der Konzern auf Lohnforderungen im Jahr 1917, die Arbeiter könnten sich doch für ihr Geld ohnehin nichts kaufen. Dabei wurden die Rüstungsarbeiter von allen Bevölkerungsgruppen noch am besten versorgt und erhielten Sonderzulagen.
Frauenarbeit im Ersten Weltkrieg
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Dass aufkommende Unzufriedenheit bei den Arbeitern der Zeppelinwerke und des Flugzeugbaus durch "rasches Zurverfügungstellen von Schlachtvieh in der fleischlosen Woche" behoben werden musste wie im August 1918, forderte dann wieder "die bürgerlichen und ländlichen Kreise zu scharfen Vorstellungen heraus". Die Militärbehörde musste darauf entgegnen, dass "auch beim besten Willen der Leute die geforderten Arbeitsleistungen nur dann herauszuholen" seien, wenn Zulagen gereicht würden. Das gelieferte Brot sei von äußerst schlechter Beschaffenheit und feucht, die Kartoffeln seien aus Norddeutschland bereits verdorben angekommen und Gemüse fehle.
Dass es genügend Leute gab, die offenbar unter keinen Ernährungsschwierigkeiten zu leiden hatten bzw. diese durch genügend Geld lösen konnten, sahen die Arbeiter dagegen tagtäglich bei den auch während des Krieges die Stadt aufsuchenden, offensichtlich begüterten Kurgästen. Auch die Militärbehörde kritisierte das provozierende Auftreten mancher Gäste, das "den Unterschied zwischen reich und arm täglich sinnfälliger und bedrohlicher in Erscheinung" treten lasse. Und selbst der Generaldirektor Colsman hätte in seinen Erinnerungen "dem einen oder anderen" der Gäste des Kurgartenhotels "einen gehörigen Denkzettel" gegönnt.
Ähnlich schwierig war die Unterbringung der in Friedrichshafen konzentrierten Arbeitermassen. In Friedrichshafen selbst mussten Massenquartiere um die Firmen erstellt werden. Zum Teil wurden die Arbeiter in Nachbarstädten und auf dem Lande einquartiert und täglich mit Sonderzügen zur Arbeit gebracht.