Der Dornier Wal: das Flugboot, das "Dornier gemacht hat"
KURZFASSUNG AUS DER AUSSTELLUNG
1919 entstand mit dem Verkehrsflugboot Gs.I, das noch auf einen Marineauftrag zurückging, der Vorläufer des Wals. Der erste Wal flog am 6. November 1922 im italienischen Marina di Pisa. Dorthin war Dornier wegen des in Deutschland herrschenden Bauverbots für Flugzeuge ausgewichen. Ständig weiterentwickelt, wurde der Wal bis 1937 für militärische und zivile Zwecke gebaut.
Kennzeichen war das hoch liegende Tragwerk mit den beiden Motoren. Der breite Bootsrumpf mit Flossenstummeln gab dem Wal Schwimmstabilität und geringen Widerstand beim Start.
Mit Walen wurden zahllose Strecken für den Luftverkehr erschlossen. Der Italiener Antonio Locatelli flog 1924 von Marina di Pisa nach Island, der Spanier Ramon Franco überquerte 1926 den Südatlantik in Ost-West-Richtung. Aufsehen erregten die Expedition des norwegischen Polarforschers Roald Amundsen von 1925 mit zwei Walen bis 88° nördlicher Breite und Wolfgang von Gronaus Flug um die Welt von 1932.
Durch diese Flüge und ihre Weltrekorde festigten die Wale den Ruf Dorniers. Der Verkauf von Walen und Lizenzen in die ganze Welt wurde zur wirtschaftlichen Basis der Dornier Metallbauten GmbH.
LANGFASSUNG VON MICHAEL HARTWIG
Mit freundlicher Genehmigung des Südkurier
Flugschiff Wal hat Dornier groß gemacht
Vor 85 Jahren begann der Neuanfang – Vom Versuchsunternehmen zum internationalen Flugzeugbauer
Dornier-Flugzeuge aus Friedrichshafen hatten sich weltweit einen Namen errungen, als nach dem Ersten Weltkrieg die Versailler Verträge den Bau von Land- und Wasserflugzeugen verhinderten. Claude Dornier versuchte notgedrungen vom Ausland her seine Ideen zu verwirklichen. Vorübergehend war sein Domizil das schweizerische Bodenseestädtchen Rorschach. Mitbewerber wie zum Beispiel Hugo Junkers errichteten Zweigwerke in Schweden, Russland und der Türkei.
Zu jener Zeit durften nur die Friedrichshafener Luftschiffbauer des Zeppelin-Mutterkonzerns weiter arbeiten. Hugo Eckener hatte es erreicht, dass 1922 ein Verkehrs-Luftschiff (LZ126) für die amerikanische Regierung, als Reparationsleistung, gebaut werden durfte - Glück für Friedrichshafen. Allerdings riskierte Eckener den Bestand des Gesamtkonzerns, den er als Bürgschaft einsetzte, falls die Atlantiküberquerung des Zeppelins in die USA misslang.
Im Gegensatz zu Eckener suchte Claude Dornier nach geeigneten Fabrikationsanlagen im Ausland. Es durften ab Mai 1922 wieder Flugzeuge gebaut werden. Die erlaubten Leistungsdaten waren jedoch so niedrig, dass nur kleine Sport- und Landwirtschafts-Flugzeuge möglich waren. Die höchste Geschwindigkeit durfte 170 Kilometer pro Stunde, die Reichweite nur 300 Kilometer und die Nutzlast nur 600 Kilogramm sein.
„Ein Mitglied der internationalen Kontrollkommission, ein italienischer Offizier. Machte mich auf Italien als denkbaren Standort aufmerksam", erinnerte sich Dornier später. Gemeinsam ging man auf die Suche und fand die stillgelegte Schiffswerft Societa Gallinari. Die herunter gekommene Anlage lag an der etwa 140 Meter breiten Mündung des Arno in Marina di Pisa, einem Städtchen in der Nähe von Pisa. Die Wassertiefe betrug rund vier Meter und bot die Möglichkeit, Flugboote ins Wasser zu bringen, und es gab einen Gleisanschluss.
Mit Hilfe des Friedrichshafener Stammwerks (Luftschiffbau Zeppelin GmbH) wurden die Kaufverhandlungen aufgenommen. Da auch Italien sehr an einer Flugzeugwerft interessiert war, gründete man das Gemeinschafts-Unternehmen „Costruzioni Meccaniche Aeronautiche Società Anonima" (CMASA). Dornier später: „Im Rückblick betrachtet war es ein ziemlich kühnes Unterfangen, vor allem weil es noch keinerleifeste Aufträge gab.“ Während das Werkstatt- Personal (die besten Mechaniker aus Friedrichshafen) eintraf, zog Dornier mit den Plänen eines neuen Wasserflugzeugs durch die Lande. In Spanien hatte er Glück. Die dortige Heeresverwaltung wollte Flugboote beschaffen und bestellte anhand der Konstruktionszeichnungen sechs der neuen Wal-Flugboote. Die spanischen Behörden hatten die Eignung dieses seefähigen Metallflugzeugs erkannt.
Nachdem Werkzeuge und Maschinen aus Seemoos in Marina di Pisa eingetroffen waren, begann die Mannschaft zunächst zwei Delphin- Flugboote zu montieren. Die hierbei gemachten Erfahrungen im Herstellungsablauf dienten vor allem der kommenden Wal-Serienproduktion. Noch warfen die spanischen Maschinen keinen großen Gewinn ab.
Es musste äußerst sparsam gearbeitet werden. Das ging manchmal soweit, dass die eingeschworene deutsche Mannschaft auf pünktliche Gehaltszahlungen verzichtete. Einmal wurde sogar gesammelt, um die italienischen Arbeiter zu entlohnen. „Wir lebten damals tatsächlich von der Hand in den Mund", so Claude Dornier. Es war also wichtig, die fertigen Flugboote schnell nach Spanien zu überführen, denn bis dahin lebten alle von den geringen Anzahlungen.
Doch gerade die Überführungsflüge verzögerten sich. Es lag an den Hispano Swiza-Motoren aus spanischen Beständen, auf deren Verwendung sich Dornier - aus taktischen Vertragsgründen - eingelassen hatte. Wie er selber einsehen musste, war das ein großer Fehler. Bei der Überführung mussten die Flugboote auf halber Strecke notwassern. Erst die Umrüstung auf Rolls-Royce Flugmotoren brachte die legendäre Zuverlässigkeit der Wale.
Ganz wesentlich zur weltweiten Anerkennung dieser Flugboote hatten mehrere Flugpioniere beigetragen. Zum Beispiel der Spanier Ramon Franc. Er flog 1924 den ersten Wal auf die Kanarischen Inseln. Der Norweger Roald Amundsen wagte mit zwei Walen im Sommer 1925 einen Expeditionsflug in Richtung Nordpol. Die Forschungsreise ging auf Leben und Tod und war an Dramatik kaum zu überbieten. Den ersten Atlantikflug nach Amerika schaffte 1930 Wolfgang von Gronau mit seiner Mannschaft. Ohne die Wale hätte die Deutsche Lufthansa ihre Postflüge nach Südamerika nicht ausführen können.
Nach diesen und weiteren spektakulären Erfolgen meinte Claude Dornier: „Der Wal hat Dornier gemacht und uns von einem Versuchsunternehmen zum internationalen Flugzeugbauer werden lassen".
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