Zusammenbruch und Neubeginn - Der Kreis Balingen in der Nachkriegszeit

Methodenvorschlag

Verlaufsplanung mit Materialien

 

Zeit/
Phase
Inhalte/
methodische Hinweise
Material
G M E (G8/G9)
1. Doppelstunde: Die Umsetzung der Ziele von Potsdam vor Ort: Entnazifizierung, Entmilitarisierung und Demokratisierung im Kreis Balingen
1.1. Einstieg/ Sensibilisierung: Die Ausgangssituation – Der Landkreis Balingen im April 1945  Um die Situation zu erfassen, sollen die Schülerinnen und Schüler als Einstieg die Situation im Kreis Balingen im April 1945 kennen lernen, so wie sie sich den Besatzungsbehörden dargestellt hat (AB 1bc). Dabei ist auffällig, dass neben den grundlegenden Zahlen über Einwohnerschaft und Größe sich die Zerstörungen jenseits der Infrastruktur sehr in Grenzen halten. Allerdings wird der Mangel an Arbeitskräften und die hieraus resultierende kritische Versorgung angemahnt. Bemerkenswert ist der Verweis auf die Apathie der Bevölkerung.
Für das G-Niveau wird ein deutlich kürzerer Text (AB 1a), der viel stärker von den Aufgaben ausgeht, die kurzfristig zu bewältigen sind, angeboten. Optional für alle Niveaus kann hier schon das Schulbuch für den deutschlandweiten Vergleich eingesetzt werden.
 AB 1a  AB 1bc 
1.2 Lehrervortrag: Der Bericht des Militärgouverneurs Jean Gonnet Die Schülerinnen und Schüler haben mit M 1 schon die zentrale Quelle für das Modul kennengelernt. Um den Quellenwert besser bestimmen zu können (Perspektive, Intention des Autors, Haltung des Autors zu seinem Gegenstand) liegt für die Lehrerhand eine Zusammenfassung vor, aus der ein Lehrervortrag generiert werden soll. D 1
1.3 Leitfrage: Welche Ziele hat die Besatzungsmacht?

AB 2 macht die Schülerinnen und Schüler mit den Potsdamer Beschlüssen bekannt, so wie sie in der schwäbischen Provinz angekommen sind. Aus dem Text lassen sich die drei zentralen Ziele Demokratisierung, Entnazifizierung und Entmilitarisierung gewinnen. Diese strukturieren das weitere Vorgehen, das je nach Stärke der Lerngruppe und Intensität der geplanten Beschäftigung arbeitsgleich oder arbeitsteilig erfolgen kann.

Als Vertiefung kann AB 2vt eingesetzt werden, das die Konkretisierung der Ziele für die Anfangsphase näher erläutert.
 AB 2

 (AB 2vt zur Vertiefung für das E-Niveau)  

1.4 Erarbeitung: Umsetzung der Ziele

In mehreren Bereichen erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler umfassende Informationen zur Umsetzung der drei zentral formulierten Ziele und erkennen dabei, dass manche der Ziele in der Praxis einem Pragmatismus geopfert wurden. Die Bereiche, die je nach Zeitplanung arbeitsteilig als Gruppe oder arbeitsgleich ebenfalls als Gruppe erarbeitet werden können und die in unterschiedlichen Niveaustufen vorliegen, sind:

Entnazifizierung (AB 3ab, AB 3c)

Entmilitarisierung: Reparationen und Demontagen (AB 4ab, AB 4c)

Entmilitarisierung: Wirtschaftliche Entwicklung (AB 5a, AB 5b, wirtschaftc)

Demokratisierung: Wählerschaft (AB 6ab, AB 6c)

Demokratisierung: kommunale und regionale Wahlen (AB 7ab, AB 7c)

Zur Vertiefung können auch noch Informationen zu einzelnen Lokalpolitikern (vorwiegend aus Ebingen) aus dieser Zeit dienen (AB 7vt). Bei diesen Charakterisierungen werden am ehesten persönliche Vorlieben des Autors Jean Gonnet deutlich.

 AB 3ab

AB 4ab

AB 5a / AB 5b

AB 6ab

AB 7ab

 

AB 3c

AB 4c

AB 5c

AB 6c

AB 7c

AB 7 vt
1.5 Auswertung: Nachkriegszeit im Kreis Balingen Die Schülerinnen und Schüler tragen ihre (Teil-)Ergebnisse zusammen und gestalten ein Plakat mit dem integrativen Titel „Nachkriegszeit im Kreis Balingen“, das in der folgenden Stunde vorgestellt wird; sollte das Plakat nicht in der Doppelstunde fertig werden, können Teile davon auch als Hausaufgabe fertiggestellt werden.  Plakat  
1.6 Vertiefung/Puffer: Schulwesen als Teil der Demokratisierung Für leistungsstarke Klassen ist es noch möglich, als Teil der Demokratisierung und Entnazifizierung die Situation im Schulwesen im Landkreis Balingen genauer zu beleuchten (AB 8).      AB 8
1.7. Hausaufgabe: Vergleich des Landkreises Balingen mit der Entwicklung deutschlandweit Die Schülerinnen und Schüler sollten als Hausaufgabe die Ergebnisse, die sie in der Stunde in ihrem (Teil-)Bereich erarbeitet haben, mit den Informationen aus dem Schulbuch vergleichen. Was ist in ganz Deutschland ähnlich gewesen wie im Kreis Balingen, was ist spezifisch? Dabei wird auch auffallen, dass in der französischen Zone z.B. die Demontagen umfangreicher waren als in der britischen oder amerikanischen (nicht als in der sowjetischen) und dass der Zugriff der Besatzungsmacht länger und intensiver war als in den beiden anderen westlichen Zonen. Allerdings kamen z.B. Heimatvertriebene (s.u., AB 10 a-c) erst deutlich später an als in den anderen Zonen.    
2. Doppelstunde: Die öffentliche Meinung im Kreis Balingen
2.1 Präsentation der Plakate: Umsetzung der Ziele Zum Auftakt der Stunde werden die unterschiedlichen Plakate durch die Schülerinnen und Schüler vorgestellt. Dabei werden die Plakate untereinander abgeglichen und die Hausaufgabe wird integriert. Wichtig wäre es, hier auch schon festzuhalten, welche Maßnahmen wie strikt durchgeführt wurden und warum.

Plakat

   
2.2 Erarbeitung in Stationenarbeit: Wie reagiert die Öffentlichkeit auf die Veränderungen? Zentral für die zweite Doppelstunde ist die Einschätzung der Bevölkerung im Kreis Balingen durch den Kreisdelegierten und Militärgouverneur Jean Gonnet. In Stationen erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler je nach Niveaustufe (AB 9a, AB 9b, AB 9c) unterschiedlich viele und komplexe Themengebiete, z.B. Materielle Probleme, Ernährungslage, Demontagen, Währungsreform, Anstieg der Lebenshaltungskosten, Stimmungslage, der Nazi-Geist. Aus diesen sieben Themen kann die Lehrkraft auch auswählen, je nach Zeitplanung.
Perspektivisch stehen nun weniger die Besatzungsbehörde, deren Ziele und die Umsetzung von diesen Zielen im Mittelpunkt als vielmehr die Bevölkerung als Objekte (und Subjekte) dieser Politik.
 AB 9a  AB 9b  AB 9c
2.3 Auswertung: Die Reaktion der Öffentlichkeit Bei der Auswertung soll neben den reinen Inhalten auch die diachrone Dimension (Entwicklung zwischen 1945 und 1949) und die Perspektive der Quelle eine Rolle spielen, da die Äußerungen Gonnets zur Mentalität der Schwaben vielleicht nicht nur auf Zustimmung der Schülerinnen und Schüler treffen werden.    
2.4. Vertiefung/ Aktualisierung: Flüchtlinge und Vertriebene  Das Thema Flüchtlinge in der Nachkriegszeit und deren Integration in eine vergleichsweise homogene Gesellschaft birgt einige Aspekte, bei denen ein Vergleich mit der aktuellen Situation in Deutschland naheliegt, zumal auch die aus den vormalig deutschen Gebieten kommenden Heimatvertriebenen nicht nur freudig willkommen geheißen wurden. AB 10a, AB 10b und AB 10c können auf verschiedenen Lernniveaus mit unterschiedlich komplexen Arbeitsaufträgen eine vertiefende und aktualisierende Annäherung an dieses Thema sein.  AB 10a  AB 10b  AB 10c
2.5 Problematisierung: Erfolgreiche Demokratisierung? Die Ergebnisse der Bundestagswahl und ihre Interpretation

Am 14. August 1949 haben die ersten Bundestagswahlen stattgefunden. Deren Ergebnisse für den Kreis Balingen werden auf AB 11ab und AB 11c zunächst dargestellt und daraufhin von Jean Gonnet kommentiert. Dies kann Anlass dafür sein, zu beurteilen, inwiefern die Demokratisierung in den letzten vier Jahren erfolgreich war. Hierfür können zum Vergleich noch die bundesweiten Wahlergebnisse herangezogen werden.

Für einen Langzeitvergleich lassen sich auch noch die Wahlergebnisse aus der Weimarer Republik für die Region heranziehen.

 AB 11ab  AB 11c 
2.6 Integration/ Urteilsbildung: Der Landkreis Balingen in der Nachkriegszeit – was ist typisch/atypisch? Abschließend sollen die Schülerinnen und Schüler zu einem Fazit aus den beiden vergangenen Doppelstunden kommen: Wie verlief der Übergang von der NS-Diktatur zu einem demokratischen Staat auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene? Dabei sollen auch das Konzept von „Stunde Null“ hinterfragt sowie Kontinuitäten und Diskontinuitäten zur NS-Diktatur aufgezeigt werden – vor allem auf regionaler, zum Vergleich aber auch auf nationaler Ebene. Legt man z.B. neben die Wahlergebnisse von 1949 die von 1928, dann wird deutlich, dass sowohl der bürgerliche Block als auch der der Arbeiter relativ viele Konstanten aufweist.    
2.7 Puffer: Schulreferendum Ein Spezifikum von Württemberg-Hohenzollern kann man bei ausreichend Zeit noch thematisieren: das sog. Schulreferendum über die gemischt konfessionellen Schulen (AB 12). Was heute im Angesicht einer zunehmend heterogenen und säkularisierten Gesellschaft fast schon absurd anmutet, war 1948 ein massives Politikum, das für viele Wähler bei der Auswahl ihrer Partei entscheidend war. Dieser Aspekt zeigt den Schülerinnen und Schülern, wie sehr sich die Gesellschaft in den letzten 70 Jahren verändert hat.   AB 12 

 


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -

 


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