"Klosterleben auf der Reichenau - eine fremde Welt?"
Hintergrundinformationen
Bedeutung
B 3 Das Münster in Mittelzell. Bis auf den gotischen Chor stammt die Bausubstanz noch weitgehend aus dem Frühmittelalter. Der Klatschmohn gehört zum Kräutergarten, den es an dieser Stelle wohl schon im 9. Jahrhundert gegeben hat.
© Carsten Arbeiter
Die politische Bedeutung der Abtei
In karolingischer und ottonischer Zeit gehörte das Kloster Reichenau als Reichsabtei zu den bedeutendsten Klöstern im europäischen Raum. Reichenauer Äbte waren als Diplomaten, Gesandte, Räte und Erzieher der Könige und Kaiser tätig. Das Kloster war einer der wichtigsten Stützpunkte kaiserlicher Macht. Aus den Abteien gingen die gebildetsten und fähigsten Männer des Reiches hervor, sie fungierten als mittelalterliche Eliteschmieden.
Die Reichenauer Äbte waren in der Frühzeit des Klosters noch in Personalunion mit dem Konstanzer Bischofssitz verbunden. Reichenauer Äbte waren in der Frühzeit zugleich Bischöfe von Konstanz, später agierten sie bis 1540 unabhängig vom Bischofssitz. Durch Schenkungen verfügte die Abtei über zahlreiche Besitztümer im heutigen Süddeutschland und der Schweiz.
B 4 Rekonstruktionszeichnung nach dem Sankt Galler Klosterplan von Johann Rudolf Rahn, 1876.
© wikipedia gemeinfrei
Die kulturelle Bedeutung der Abtei
Die literarischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Werke der Reichenauer Mönche sind von hoher Bedeutung für das kulturelle Leben des Frühmittelalters.
Der Sankt Galler Klosterplan, entstanden zwischen 819 und 830, gilt als ältester erhaltener Bauplan Europas. Vermutlich in Anlehnung an das Reichenauer Kloster erstellt, soll er eine idealtypische Klosteranlage im Sinne der Benediktusregel darstellen. Der Plan hatte großen Einfluss auf spätere europäische Klosterbauten. Reichenauer Mönche haben den Plan für das "Bruderkloster" Sankt Gallen entworfen und gezeichnet.
Zwischen 970 und 1020 verfügte das Kloster über das größte Skriptorium und die einflussreichste Malschule Europas. Die Handschriften der ottonischen Buchmalerei belegen die Kunstfertigkeit der Mönche. Ihre Codices wurden für den Export im Auftrag von Päpsten, Bischöfen, Kaisern und Königen produziert.
Reichenauer Mönche traten als Literaten und Gelehrte von europäischer Bedeutung in Erscheinung. Der Mönch und spätere Abt Walahfrid Strabo (gestorben 849) etwa gilt als erster großer Mönchsdichter des Mittelalters. Mit der "Visio Wettini" fasste er die (Alp)Traumvision eine Reichenauer Mönches in kunstvolle lateinische Hexameter; mit seinem "Hortulus" schuf er eine wissenschaftlich-kunstvolle Abhandlung über den Gartenbau.
B 5 Verkündigung an die Hirten: Perikopenbuch Heinrich II., Reichenau um 1000, Staatsbibliothek München.
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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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