Gernsbach - eine Stadt im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit
Hintergrund
Bedeutung
Wenn die mittelalterliche Stadt im Unterricht und Schulbüchern thematisiert wird, werden als Beispiele - verfassungsrechtlich betrachtet - sehr häufig Freie und Reichsstädte (etwa Köln, Nürnberg oder Lübeck) bzw. - unter dem Aspekt der Einwohnerzahl - Großstädte (wie Köln, Nürnberg, Lübeck, Bremen, Augsburg, Straßburg, Ulm und Hamburg) oder Mittelstädte (wie Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., Heidelberg, Lindau und Ravensburg) herangezogen. Bei den allermeisten deutschen Städten handelte es sich freilich um landesherrliche Städte bzw. um Kleinstädte. 1521 standen 85 Freien und Reichstädten an die 5.000 landesherrliche Städte gegenüber, in zwei Dritteln der spätmittelalterlichen Städte waren weniger als 2.000 Einwohner beheimatet, und etwa zwei Drittel der städtischen Bevölkerung des Reiches lebten in Kleinstädten mit weniger als 2.000 Einwohnern.
Weiterhin ist anzumerken, dass es sich bei den landesherrlichen Städten um eine europäische Besonderheit, um ein Spezifikum der Verfassungs- und Herrschaftsstruktur des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation handelte.
B 15 Von Friedrich Weinbrenner nach dem Stadtbrand von 1798 angefertigter Plan der Gernsbacher Kernstadt, in der etwa 400 Menschen wohnten; GLA H Gernsbach/1.
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Das im Nordschwarzwald am Ufer der Murg von den Grafen von Eberstein gegründete Gernsbach repräsentiert exemplarisch den Typus der landesherrlichen Kleinstadt. Schülerinnen und Schülern können anhand der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gernsbacher Geschichte erfahren, was zu dieser Zeit ein urbanes Zentrum ausmachte, und die damalige urbane Lebenswelt (Herrschaftsverhältnisse, gesellschaftliche Strukturen, Wirtschaftsleben Alltag) analysieren. Hierbei werden Erscheinungen der deutschen und europäischen Stadtgeschichte durch das regionale Beispiel konkretisiert und ergänzt, aber auch relativiert. So zeigt sich etwa, dass die Formel "Stadtluft macht frei" für das mittelalterliche Gernsbach gar nicht anwendbar ist und dass Gernsbach als landesherrliche Stadt nur über bescheidene Selbstverwaltungskompetenzen verfügte.
B 16 Erst 1583 konnte sich die Gernsbacher Bürgerschaft gegen Zahlung von 1.000 Gulden an die ebersteinisch-badische Herrschaft von der Leibeigenschaft freikaufen; GLA 37/1978.
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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -