Macht Stadtluft frei? Leben in der Stadt Konstanz im Mittelalter
Hintergrund
Bedeutung
B 4: Stadtansicht von Nikolaus Kalt um 1600. |
Konstanz als typische Stadt des Mittelalters
Konstanz verfügt über die typischen baulichen Merkmale einer mittelalterlichen Stadt, die zum großen Teil heute noch sichtbar sind (Münster, Kirchen, Klöster, Märkte, Wohnhäuser, Zunfthäuser, Stadtmauer, Stadttore und –türme).
Konstanz als bedeutende Handelsstadt
Konstanz entwickelt sich im Hochmittelalter zu einem internationalen Handelsplatz, was etwa durch die weite Verbreitung Konstanzer Münzen belegt werden kann. Für den Fernhandel aus Norditalien war Konstanz die erste große Verkaufsstelle nördlich der Alpen. Hier konnten lombardische Händler und auch Konstanzer Kaufleute ihre Produkte anbieten. Neben Leinwand wurden zahlreiche Produkte, darunter Wachs, Baumwolle, Pfeffer, Ingwer, Feigen, Papier, Wein, Mühl- & Schleifsteine, Nahrungsmittel, englische Wolle, Eisen, Kupfer, Sensen, Stahl und Salz gehandelt.
Das wichtigste Produkt der wohlhabenden Konstanzer Fernkaufleute war Leinwand, das über die Messen in der Champagne und Genua nach England, Flandern, Nordafrika, Spanien und den Nahen Osten gehandelt wurde.
Konstanz als bedeutende Bischofsstadt
Konstanz ist seit dem 6. Jahrhundert Bischofsstadt. Dabei bestimmte der Bischof nicht nur bis zum Hochmittelalter die politische und bauliche Entwicklung der Stadt, er war mit seinem großen Hof auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der für die Entstehung des Handelsplatzes und den Wohlstand der Stadt maßgeblich verantwortlich war. Als Bischofsstadt ist Konstanz geistliches Zentrum und Hauptstadt der Diözese und Tagungsort für Synoden.
Konstanz als bedeutende Reichsstadt
Konstanzer Bischöfe und später der Rat haben stets die Nähe zu den deutschen Königen und Kaisern gesucht. Wegen ihrer Finanzkraft und Infrastruktur als geistliches Zentrum war die Stadt für die Herrscher interessant. Konstanz war Stützpunkt vieler Kaiser, bedeutende Hoftage fanden hier statt. Im Lauf des Mittelalters wurde Konstanz von einer Bischofs- zur reichsunmittelbaren Reichsstadt, wobei die Stadt den Kaisern hohe Steuern bezahlte. Dabei verlor der Bischof an Macht in der Stadt. Diese ging zunehmend an den Rat über.
Differenzierte Sozialstruktur
Als Bischofs- und Handelsstadt verfügte Konstanz über eine komplexe Sozialstruktur. Im Umfeld des bischöflichen Hofes lebten bischöfliche Dienstleute sowie meist adlige Dom- und Chorherren, wobei letztere weitgehend das Patriziat der Stadt bildeten. Es gab Kaufleute und Handwerker (im 14. Jahrhundert sind 19 Zünfte nachweisbar), Mönche verschiedener Orden (Dominikaner, Benediktiner, Augustiner, Franziskaner), italienische Kaufleute und Juden, die als Geldverleiher tätig waren, ebenso eine breit gefächerte städtische „Unterschicht“: Knechte, Dienstboten, Prostituierte, „Unehrliche“ und Hörige des Bischofs.
Kampf um politische Macht und Partizipation
Im Hochmittelalter rangen Bischof, König und Rat um die politische Macht der Stadt. Die deutschen Könige und Kaiser waren an Konstanz wegen seiner Finanzkraft und Infrastruktur interessiert und wiesen dem Rat zunehmend Befugnisse zu. Er entwickelte sich im 14. Jahrhundert zum Zentralorgan von Verwaltung, Exekutive und Legislative.
Im 14. Jahrhundert kam es auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Patriziat und Zünften. Letztere forderten Sitze im bisher allein von Patriziern besetzten Rat, was sie auch erreichten: nach mehreren Zunftaufständen wurde der Rat paritätisch von Zünften und Patriziern besetzt. Allerdings wurden die Räte nicht von den Bürgern der Stadt demokratisch gewählt: Der Rat nominierte die Kandidaten (meist Zunftmeister und Patrizier) und wählt diese selbst. Es gab also keine individuelle, sondern bestenfalls eine korporatistische Partizipation.
(Ausführliche Informationen zur Stadtgeschichte finden sich auf D 1 – Meilensteine der Konstanzer Stadtentwicklung)
B 5: Hohes Haus in Konstanz. Als mittelalterliches Hochhaus gehört es zu den Konstanzer Geschlechterhäusern und wurde von der patrizischen Familie der Pfefferharts bewohnt. Im frühen Mittelalter ging der Bodensee bis vor das Haus, erst im 14. Jahrhundert wurde die Stadt durch Aufschüttungen erweitert. |
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -