Die Revolution im November 1918 in Württemberg - Interview mit der Geschichte

Hintergrund

Bedeutung

„Das große Reinemachen“ - Titelblatt des „Wahren Jacob“ vom 31.1.1919

B4 „Das große Reinemachen“ - Titelblatt des „Wahren Jacob“ vom 31.1.1919
© Creative Commons-Lizenz CC-BY-SA 3.0 DE (Universitätsbibliothek Heidelberg)

Die Revolution im November 1918 führte in Deutschland zum Sturz der Monarchien und zur Errichtung parlamentarischer Systeme westlicher Prägung, die unser heutiges politisches System begründeten. Dieser Übergang fand in schwieriger Zeit statt. Wilhelm Blos, erster Ministerpräsident Württembergs, der die Entwicklung in Württemberger maßgeblich bestimmt hat, formulierte das so:

„Am 9. November 1918 trug mich die Woge einer gewaltigen Revolution an die Spitze der neuen württembergischen Regierung, wo ich bis zum 22. Juni 1920 verblieb. Nachdem sich alle Verhältnisse aufgelöst, galt es, das Land vor der drohenden Anarchie und der Diktatur einer gewalttätigen Minderheit zu bewahren. Auf den Trümmern der alten Monarchie war eine demokratische Republik zu errichten, in der das württembergische Volk selbst über seine Zukunft bestimmen konnte.“ (Wilhelm Blos, Von der Monarchie zum Volksstaat, Stuttgart 1922, S. 4)

Wilhelm Blos, sein Parteigenosse von der SPD Wilhelm Keil, der Kommandeur der württembergischen Sicherheitstruppen Paul Hahn und der Stuttgarter Spartakist Fritz Rück haben in Memoirenwerken die Vorgänge des 9. und 10. November in Stuttgart jeweils aus ihrer Perspektive geschildert. Eine Sammlung von Zitaten daraus kann es Schülerinnen und Schülern ermöglichen, sich ein Bild dieser Zeit zu verschaffen und sich kritisch mit den teilweise unterschiedlichen Sichtweisen und Bewertungen auseinanderzusetzen, sie in die zeitliche Folge der Ereignisse einzuordnen und sie aus der Situation der Übergangszeit am Ende des verlorenen Krieges zu verstehen.

Am Beispiel der Novemberrevolution in1918 in Stuttgart lassen sich die typischen Fragen, Entwicklungen und Ergebnisse aufzeigen, die sowohl auf Reichs-, als auch auf Länderebene beim Übergang von der Monarchie zur parlamentarischen Demokratie eine Rolle spielten:

Am Ende des verlorenen Krieges wächst der Druck auf die politisch Verantwortlichen. Der Widerstand formiert sich vor allem in den Kasernen und den Rüstungsbetrieben. Dieser revolutionäre Druck wird von Spartakisten gefördert, welche die Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten einleiten.

Angesichts der Gefahr einer Bolschewisierung der Revolution übernehmen SPD und Gewerkschaften die Führung der Revolution und setzen sich bei den Arbeiter- und Soldatenräten mit ihrem Ziel durch, ein Rätesystem zu verhindern und den Übergang zu einer parlamentarischen Republik durch Wahlen zu einer verfassunggebenden Landesversammlung einzuleiten.

Putschversuche der Spartakisten, doch noch ein Rätesystem zu erzwingen, scheitern an der entschiedenen Haltung der SPD und deren Unterstützung durch regierungstreue Truppen. Am württembergischen Beispiel wird dies deutlich: Paul Hahn, Anhänger der SPD und Angehöriger des Landesausschusses der Soldatenräte in Württemberg, bildet im Auftrag der Soldatenräte eine Sicherheitstruppe, mit dem ausdrücklichen Ziel, die Provisorische Regierung gegen spartakistische Umtriebe zu unterstützen.

Als die württembergische Regierung von der bayrischen Landesregierung im April 1919 gebeten wurde, ihr gegen die Putschisten, die in München eine Räteregierung etabliert hatten, zu Hilfe zu kommen, beauftragt die Provisorische Regierung Paul Hahn zu diesem Zweck nach Bayern zu marschieren.

Die Bereitschaft der SPD, mit bürgerlichen Parteien zusammenzuarbeiten und ihre erfolglosen Versuche, eine Sozialisierung der Wirtschaft durchzusetzen, führen zu einer Enttäuschung ihrer Stammwähler, zu Einbußen bei den Wahlen und in der Folge zu einem Anwachsen linksradikaler Parteien.

Ein Vergleich in Sekundarstufe II bietet sich besonders zum Verlauf der Revolution 1917 in Russland an. Nachgewiesen sind beim Putsch der Spartakisten in Stuttgart russische Einflüsse und Mitwirkung russischer Agenten. Der Revolutionierung Württembergs und Bayerns kam für die bolschewistischen Bestrebungen, in Deutschland ein Rätesystem durchzusetzen und somit die sozialistische Weltrevolution weiterzutreiben, eine Schlüsselfunktion zu. Durch das entschiedene Vorgehen der Regierung Blos wurde dies verhindert.

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -