"Die Mörder sind unter uns" - Der Ulmer Einsatzgruppenprozess 1958
Methodenvorschlag
Didaktische Hinweise
Als Einstieg in das Thema wird das DEFA-Filmplakat von 1946 eingeblendet, um Fragen nach den unerkannten „Mördern“ aufzuwerfen. Im Unterrichtsgespräch sollte zum Thema „Unentdeckte bzw. nicht verurteilte NS-Verbrecher“ hingeführt werden. Die Problematisierung erfolgt über den Titel eines Artikels von 1955, der von einem wieder „aufgetauchten“ SS-Oberführer berichtet. Nach einem Input zur Praxis der Strafverfolgung nach 1945/49 wird mithilfe des Artikels und einem weiteren Input die Zufälligkeit des späteren Ulmer Einsatzgruppenprozesses gezeigt. Außerdem erkennen die SuS die Grenzen der Entnazifizierung nach 1945 und die Distanzierung der deutschen Nachkriegsgesellschaft von der (eigenen) NS-Vergangenheit. Eine erste große Erarbeitungsphase erfolgt im Rahmen einer Gruppenarbeit. Hier werden die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Einsatzkommando Tilsit im Sommer 1941 anhand verschiedener Materialien erarbeitet. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden sich je nach Interesse für die Täterbiografien, Zeugenaussagen oder die „Erfolgsmeldungen“ über den Stand der Erschießungen. Optional kann hier noch ein Prozessgutachten zum „Befehlsnotstand“ ausgewertet werden. Die Gruppen heften ihre Ergebnisse an eine – analoge oder digitale – Pinnwand. Das Prozessgutachten kann auch als Hausaufgabe aufgegeben werden.
In der zweiten Doppelstunde werden zunächst die Ergebnisse der Arbeitsgruppen präsentiert und ggf. diskutiert. Hier kann auch das Prozessgutachten zum „Befehlsnotstand“ besprochen werden. Zur visuellen Unterstützung oder als Wiedereinstieg kann die knapp 1 ½-minütige Videoaufnahme von einer Erschießungsaktion in Lettland gezeigt werden. Auf einen kurzen Input durch die Lehrkraft zum Verlauf des UImer Prozesses folgt eine Erarbeitungsphase: In EA oder PA werden entweder ein Prozessbericht der Süddeutschen Zeitung bzw. Auszüge aus zwei Plädoyers der Verteidigung ausgewertet und anschließend im Plenum besprochen und ggf. diskutiert. Das Medienecho führte zu Reaktionen der Öffentlichkeit, z.B. in Form von Briefen an die Staatsanwaltschaft. Drei solcher Briefe werden von den SuS ausgewertet. Den Schluss der Stunde bildet die Urteilsverkündung – die Urteile gegen die drei Hauptangeklagten werden im Originalton eingespielt. Eine Übersicht über alle Urteile sowie die tatsächlich verbüßten Strafen wird eingeblendet. Auch hier sind Diskussionen zu erwarten. Als Resümee kann auf den Einstieg Bezug genommen werden: „Die Mörder sind unter uns“. Auf der Grundlage des Erarbeiteten kann die Bedeutung dieser Aussage für die Gesellschaft bzw. die Menschen in der frühen Bundesrepublik diskutiert werden.
Zur Vertiefung, etwa im Rahmen einer Hausaufgabe, können die Urteile im Ulmer Einsatzgruppenprozess mit heutigen Verfahren gegen inzwischen hochbetagte ehemalige Täter verglichen werden.
Das Modul ist für die Sek. II angelegt. Die Materialien können selbstverständlich auch außerhalb des vorgeschlagenen Stundenvorschlags verwendet werden. Angesichts der Komplexität des Themas – auch durch den doppelten historischen Kontext – und die Fülle an Material muss die Lehrkraft sowieso eine Auswahl treffen – oder sich für ein größeres Unterrichtsfenster evtl. mit drei Doppelstunden entscheiden. |
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Tübingen -
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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