Historisch fragwürdige Straßennamen in Freiburg - beibehalten, ändern oder ... ?

Methodenvorschlag

Verlaufsplanung mit Materialien

Zeit/
Phase
Inhalte/
methodische Hinweise
Material
G M E (G8/G9)
1. Doppelstunde
 Einstieg

Der Einstieg in das Thema 'Straßennamen' erfolgt über eine Postkarte aus den Jahren 1933-1945, die die damalige 'Adolf-Hitler-Straße' zeigt. Das Bild ist zunächst teilweise abgedeckt, anfangs ist nur eine nicht zu lokalisierende Straßenszene zu sehen. Die Schülerinnen und Schüler werden gefragt, was sie sehen bzw. ob sie die Stadt kennen. Sobald (auf S. 3 der PDF-Präsentation: Vollbildmodus, d.h. Strg+L) das Martinstor aufgedeckt ist, wird die Stadt als Freiburg erkennbar.
Danach wird die Postkarte vollständig, d.h. einschließlich der Legende "Freiburg i.Br. Adolf-Hitler-Straße" gezeigt. Über die Frage, ob es sich wirklich um Freiburg handelt, werden die SuS für die Veränderungen sensibilisiert, die seit der Entstehung der Postkarte stattgefunden haben.
Im Plenum werden, unter Einbeziehung einer Ansicht des gleichen Motivs aus dem Jahr 2018 auf der folgenden Seite, die Entstehungszeit der Postkarte sowie die Veränderungen der Bausubstanz und des Straßennamens thematisiert.
Die Unterschiede bezüglich der Bausubstanz (einschließlich des Bertoldsbrunnens) gehen maßgeblich auf den Luftangriff vom 27. November 1944 zurück, die Straße wurde 1945 in Anlehnung an die bis Mitte der Dreißigerjahre verwendete Bezeichnung 'Kaiserstraße' in 'Kaiser-Josph-Straße' umbenannt.
Als Überleitung zum eigentlichen Thema der Stunde werden die Schülerinnen und Schüler nach ihrer Meinung zur Umbenennung der Straße 1945 gefragt. Anschließend werden ihnen - in der Reihenfolge ihres Jahrgangs - die Namensgeber von vier weiteren Freiburger Straßen vorgestellt, die zwischen den beiden Weltkriegen neu benannt wurden. Die Lehrkraft erläutert gegebenenfalls die einzelnen Angaben zu den Personen.
Die Schülerinnen und Schüler entscheiden in jeweils einer Minute für sich, ob sie die jeweilige Straße ebenfalls umbenannt hätten oder nicht. Die Lehrkraft hält die Ergebnisse an der Tafel fest.
Auf der letzten Seite der PDF wird gezeigt, wie (bis 2018) tatsächlich mit den vier Straßen verfahren wurde: Die Schönererstraße wurde nach dem Zweiten Weltkrieg umbenannt, die Hindenburgstraße wurde 2020 umbenannt, während es die Türkenlouisstraße und die Richthofenstraße weiterhin geben wird.
Die daraufhin zu erwartende bzw. zu initiierende Diskussion über die Kriterien für eine Umbenennung führt zu der Leitfrage der Stunde, die unter Einbeziehung der Beiträge der Schülerinnen und Schüler formuliert wird, wie etwa:
"Der Umgang mit fragwürdigen Freiburger Straßennamen - behalten oder ändern?

   AB 1
 Entscheidungspiel

Die Schülerinnen und Schüler stehen in der Mitte des Raums und sehen 8 bzw. 10 Aussagen zum Thema, die zusätzlich von einem Schüler / einer Schülerin vorgelesen werden können. Nach der Klärung eventueller Verständnisfragen entscheiden sich die Schülerinnen und Schüler, ob sie der jeweiligen Aussage zustimmen, ob sie sie ablehnen, oder ob sie unentschieden sind. Sie bewegen sich je nach ihrer Entscheidung nach links oder rechts bzw. bleiben in der Mitte stehen. Einzelne SuS begründen ihre Entscheidung.

AB 2a AB 2b
 Erarbeitung 1

Im G/M-Niveau erhalten die Schülerinnen und Schüler ein zweiseitiges Arbeitsblatt mit den Aussagen aus dem Entscheidungsspiel. Sie übertragen die aus diesen Aussagen hervorgehenden Argumente in eine Tabelle mit Argumenten für bzw. gegen die Umbenennung von Straßen.
Im E-Niveau formulieren die SuS die Argumente eigenständig aus dem Gedächtnis und / oder mit Hilfe der ausgedruckten und im Raum ausgehängten oder ausgelegten Aussagen. Optional steht auch hier ein Arbeitsblatt mit allen Aussagen zur Verfügung.
Die Aufgabe kann in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit gemacht werden. Nicht alle Aussagen enthalten Argumente für bzw. gegen die Umbenennung von Straßen.
Schülerinnen und Schüler, die schnell fertig sind, suchen weitere, eigene Argumente und ergänzen die Tabelle entsprechend.

AB 3a AB 3b
 Ergebnissicherung 1

Per Beamer / Visualiser bzw. an der Tafel werden die Argumente gemeinsam festgehalten und gegebenenfalls diskutiert. Diejenigen Schülerinnen und Schüler, die eigene Argumente hinzugefügt haben, erläutern diese.

   AB 4
 Erarbeitung 2

In Partnerarbeit überlegen die Schülerinnen und Schüler, welche Person(en) aus der deutschen Geschichte bis 1945 aus ihrer Sicht als Namensgeber einer Straße geeignet wäre(n). Die Suche kann durch das Zeigen (oder Austeilen) einer Namensliste (AB 5: Liste, AB 6: Schaubild) vereinfacht bzw. gelenkt werden. Die vorgeschlagene Namensliste enthält Namen von Personen, die größtenteils für die vorangegangenen Unterrichtseinheiten relevant sind und kann an den konkret stattgefundenen Unterricht angepasst werden. Gegebenenfalls können die Schülerinnen und Schüler vor der eigentlichen Erarbeitung gefragt werden, wer diese Personen jeweils waren. Die Aufgabe kann auch ganz oder ergänzend in eine Hausaufgabe verlagert werden, eventuell auch mit umgekehrter Fragestellung: Wer eignet sich aus ihrer Sicht auf keinen Fall als Namensgeber einer Straße, und warum?

Diese Erarbeitungsphase ist implizit auch eine Wiederholung der deutschen Geschichte seit Anfang des 19. Jahrhunderts.

 

AB 5

AB 6

 Diskussion

Im Plenum werden die Vorschläge diskutiert.

   
2. Doppelstunde
 Einstieg

Als Einstieg dient das bereits aus dem Einstieg zur 1. Doppelstunde bekannte Bild mit vier nach historischen Personen benannten Freiburger Straßen, von denen es zwei auch weiterhin geben wird (die Hindenburgstraße soll - Stand 2018 - 2019 umbenannt werden).
Zum Wiedereinstieg in das Thema und zur Wiederholung der in der Vorstunde thematisierten Aspekte werden die SuS gefragt, welche Problematik sich aus der Abbildung ergibt.
In diesem Kontext werden die in der Vorstunde erarbeiteten Argumente für bzw. gegen die Umbenennung von Straßen wiederholt.

 AB 7
  
 Erarbeitung 1

Die Schülerinnen und Schüler erhalten einen Auszug aus dem Abschlussbericht der Kommission zur Überprüfung der Freiburger Straßennamen und erarbeiten auf dieser Basis zentrale Aspekte ihrer Tätigkeit. Schülerinnen und Schüler, die schnell fertig sind, machen sich Gedanken zur Bewertung der von der Kommission angestellten Überlegungen.

 AB 8a AB 8b AB 8c
 
 Ergebnissicherung 1

Einzelne Schülerinnen und Schüler lesen ihre Antworten zu den Fragen auf dem Arbeitsblatt vor. Diese werden im Plenum besprochen. Abschließend werden die SuS aufgefordert, die Überlegungen der Kommission bzw. die von ihr vorgeschlagenen Kriterien zu bewerten.

AB 8 Lösungen
 Erarbeitung 2

In Vierergruppen bearbeiten die Schülerinnen und Schüler Arbeitsblätter zu vier Freiburger Straßen. Jeweils ein Schüler / eine Schülerin erhält eines der Arbeitsblätter und macht einen begründeten Vorschlag dafür, wie mit diesem Namen verfahren werden soll.
Die Schülerinnen und Schüler stellen sich innerhalb der Gruppen die Namensgeber der vier Straßen und ihre Vorschläge für den Umgang mit dem jeweiligen Straßennamen vor. Sie diskutieren die Vorschläge und einigen sich auf einen gemeinsamen Vorschlag.

AB 9a

AB 10a

AB 11a

AB 12a

AB 9b

AB 10b

AB 11b

AB 12b

AB 9c

AB 10c

AB 11c

AB 12c

 Diskussion

Jeweils eine Gruppe stellt ihren Vorschlag zum Umgang mit einer der Straßen vor und begründet diesen. Falls andere Gruppen zu einem anderen Ergebnis gekommen sind, versucht die Lerngruppe, einen gemeinsamen Vorschlag zu finden.
Gegebenenfalls kann die Lehrkraft weitere Aspekte im Zusammenhang mit historisch fragwürdigen Namen zur Diskussion stellen, beispielsweise:
- Wie sind die i.d.R. zahlreichen Einsprüche von Anwohnerinnen und Anwohnern gegen die Umbenennung ihrer Straße zu gewichten (u.a. mit dem Argument, dass diese für sie mit einem erheblichen Aufwand und mit Kosten verbunden sei)?
- Wie ist mit Institutionen zu verfahren, die nach historisch fragwürdigen Personen benannt sind? In Freiburg gibt es beispielsweise eine Gerhart-Hauptmann-Schule (Grundschule mit auslaufendem Werkrealschulzweig; vgl. B20) und eine Erich-Lexer-Klinik für ästhetische und plastische Chirurgie (vgl. B21).
- In Freiburg werden bei den umbenannten Straßen Zusatzschilder mit Informationen zum ehemaligen Namensgeber angebracht. Was soll auf diesen Zusatzschildern stehen (vgl. B10)?
- Wie sollte man mit Personen wie Gallwitz oder Lexer verfahren, würden sie noch leben? Diese Frage stellt sich in Deutschland noch im Hinblick auf Bürgerinnen und Bürger, die in der DDR für die Stasi gearbeitet haben. Sie stellt sich aber auch in Ländern wie Tunesien, wo wenige Jahre nach der Revolution von 2010/11 noch zahlreiche mutmaßliche Täter aus der Zeit des alten Regimes leben.

B 10

B 20

B 21

   

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -

 


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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