Die „Geislinger Weiberschlacht“ vom Dezember 1941. Frauen leisten Widerstand gegen die NS-Kindergartenpolitik

Methodenvorschlag

Verlaufsplanung mit Materialien

 

Zeit/
Phase
Inhalte/
methodische Hinweise
Material
G M E (G8/G9)

1. Doppelstunde

Thema: Vorgeschichte und Ereignisse der „Geislinger Weiberschlacht“

Leitfragen: Was ereignete sich in Geislingen Anfang Dezember 1941? Inwiefern leisteten die Geislinger Frauen Widerstand?

 1.1  Einstieg: Zeichnung zu den Ereignissen in Geislingen am 1. und 2. Dezember 1941; Fragen formulieren

Folie mit Zeichnung zur „Geislinger Weiberschlacht“ (keine zeitgenössische Quelle) wird gezeigt.

Lehrerinfo: Die 2011 entstandene Zeichnung stellt einen Vorfall dar, der sich am 2. Dezember 1941 in der württembergischen Kleinstadt Geislingen (bei Balingen) ereignet hat.

- Beschreibt die Szene.

- Notiert euch (mit eurem Nebensitzer / eurer Nebensitzerin) Fragen. L. sammelt die Fragen. (Wer sind die Personen? Wieso sieht man so viele Frauen? Warum sind so viele Frauen zusammengekommen? Wieso üben die Männer Gewalt aus? Was ist der Grund für das Zusammenkommen? usw.)

Als weiterer Impuls kann das Erinnerungsschild (M1) eingeblendet werden. Hier werden erste Informationen gegeben: Zeitpunkt Dezember 1941, Bezug zum Kindergarten, Bezeichnung „Schlacht“ und Widerstandsbegriff

AB 1

 

 

 

 

 

 

AB 3

 1.2 Übergang / Problematisierung: Wieso ist die Rede von einer „Weiberschlacht“?

Leitfrage formulieren:

Was ereignete sich in Geislingen Anfang Dezember 1941? (Wie kam es zu dem Vorfall, der in der Zeichnung dargestellt wird?) Inwiefern / wie leisteten die Geislinger Frauen Widerstand?

     
 1.3  Erarbeitung 1: Vorgeschichte: Dorfbeschreibung und Geschichte des Kindergartens bis 1941

Hierfür muss zuerst die Ausgangslage betrachtet werden.

Nach Niveaustufen werden die Materialien in M2 ausgewertet:

- E (M2***): auf der Basis der Materialien 1-6 Dorfbeschreibung verfassen und Wahlergebnisse erläutern;

- M (M2**): auf der Basis der Materialien 1-5 einen Brief über das Dorf verfassen und Wahlergebnisse erläutern;

- G (M2*): auf der Basis der Materialien 1-4 (sowie 5 und 6) das vorstrukturierte AB3 ausfüllen.

 

Nach der Besprechung können die Texte zum Kindergarten und zu den Versuchen des NS, die Jugend im Ort zu erfassen, gemeinsam gelesen und besprochen oder arbeitsteilig ausgewertet werden. Auch die Materialien zur Sozialstruktur Geislingens können – aus Zeitgründen – arbeitsteilig ausgewertet werden.

 AB 2a

 

 

 

 

 

 

 

 

  AB 3

AB 2b AB 2c
 

1.4  Übergang / Problematisierung:

Erfassung der Jugend im NS
 

Übergang: Welche Rolle spielt die (frühkindliche) Erziehung im NS?

„Kindergebet“ wird eingeblendet.

- Erklärt die Wirkungsabsicht des Spruchs.

Lehrerinfo: Dieses Sprüchlein sollte auch im Geislinger NSV-Kindergarten vermittelt werden. Trotz des gescheiterten ersten Versuchs wurde dieser im Dezember 1941 realisiert. In diesem Zusammenhang kam es zur „Geislinger Weiberschlacht“.
AB 4
 1.5  Erarbeitung 2: Auswertung verschiedener Darstellungen zur Ereignisgeschichte am 1./2. Dezember 1941  

Je nach Leistungsstand können verschiedene Textsorten ausgewertet werden. Auch die Ergebnissicherung kann angepasst werden. Diese kann in GA, PA oder auch – je nach Zeitplanung – in EA als Hausaufgabe erfolgen.

- E (T1***): Tagebucheintrag und Auszug aus Pfarrchronik; grafische Darstellung der Eskalationsstufen;

- M (T1**): Tagebucheintrag und Darstellungstext; klassische Textauswertung (Tagebuch) und einfache grafische Darstellung (Chronologie der Ereignisse);

- G (T1*): gekürzter Darstellungstext; Textunterstreichungen und vorstrukturiertes AB zum Eintragen.

 

AB 5a
 

 

 

 

  

AB 6

 

AB 5b

 

AB 5c

1.6  HA: Textauswertung fertigstellen Falls die Auswertung von T1 nicht mehr in der Stunde erfolgen oder angeschlossen werden kann, wird diese Aufgabe als HA erledigt.      

2. Doppelstunde

Folgen der „Geislinger Weiberschlacht“ und Nachgeschichte

Leitfragen: Wie reagierten die Beteiligten auf die Ereignisse am 1. und 2. Dezember 1941? Welche Folgen hatte die Widerstandshandlung?

 

2.1  Anknüpfung / Wiedereinstieg:

über abermalige Projektion der Zeichnung

 Die Zeichnung zu der gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen den Geislinger Müttern und der Gestapo wird noch einmal aufgelegt: Ggf. wird im UG die Vorgeschichte der Ereignisse vom 1. und 2. Dezember 1941 wiederholt. 

 AB 1
 

2.2.  Präsentation und Besprechung:

Ablauf der Ereignisse in Geislingen / Eskalation
 

- G: Besprechung von AB2;

- M: zuerst Besprechung des Tagebucheintrags; dann Präsentation einzelner grafischer Darstellungen mit Besprechung;

- E: einzelne grafische Darstellungen werden präsentiert und besprochen.

 

Zwischenfazit (und Übergang):

- Welche Formen von Widerstand lassen sich in den Berichten feststellen? (Nachfragen bei Behörden, Proteste, Solidaritätsbekundungen mit den Ordensschwestern, Beschimpfungen und andere verbale Angriffe, massenhaftes Auftreten und Protestieren in der Öffentlichkeit, Arbeitsniederlegungen)

- Was erfahren Sie über Motivationsgründe der aufständischen Frauen? (Bindungen an katholische Schwestern bzw. katholische Kirche und Glauben; Tradition; viele Männer sind an der Front, die Frauen sind allein verantwortlich und streitbar. etc.)

- Warum bleiben die Nationalsozialisten do unnachgiebig – bei einem Kindergarten?
     
2.3  Übergang: Frida Straub schreibt einen Brief an den württembergischen Innenminister  

Lehrerinfo: dazu wird das Foto von Frida Staub projiziert (auf AB7).

Eine der Frauen schrieb im Januar 1942 einen Brief an den württembergischen Innenminister. Ihr Name war Frida Straub, sie war zu dem Zeitpunkt 26 Jahre alt und hatte eine einjährige Tochter. Ihr Mann war im September 1941 als Soldat an der Ostfront gefallen. Frida Straub nahm am 1. und 2. Dezember 1941 an den Aktionen der Geislinger Frauen teil, obwohl ihre Tochter Annerose noch nicht in den Kindergarten ging.
AB 7a AB 7b AB 7c
2.4  Erarbeitung: kreativer Schreibauftrag: selbst Brief an den Innenminister verfassen  Die Schülerinnen und Schüler verfassen aus der Perspektive von Frida Straub selbst einen Brief an den württembergischen Innenminister. Dazu sollen sie sich möglichst auf das bisher Erarbeitete stützen. Z.B. sind Bezüge zu den in 2.2 besprochenen Motivationsgründen herzustellen, aber auch zu den Ergebnissen aus der ersten Doppelstunde (Sozialstruktur Geislingens, Vorgeschichte). Für das M- und das G-Niveau können Hilfestellungen gegeben werden. AB 7a AB 7b AB 7c
2.5  Präsentation und Besprechung: danach Vergleich mit dem Originalbrief

- Einzelne SuS lesen ihre Briefe vor. Besprechung im UG.

- Textbegegnung: Originalbrief von Frida Straub wird – entweder gemeinsam oder in EA – gelesen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den Schülerbriefen werden markiert.

- Besprechung / mögliche Impulse: Wie werden die Ereignisse dargestellt? Welche Argumente führt Frida Straub an? Was erfährt man über die Beweggründe der Frauen? Inwiefern ist das Verfassen des Briefs eine widerständige Handlung?

Lehrerinfo (als Übergang):

- Es liegt kein Antwortschreiben aus Stuttgart vor. Der Brief hatte für Frida Straub keine direkten Folgen.

- Welche Folgen hatten die Aktionen vom 1. und 2. Dezember 1941? Zum Teil wurden sie im Brief von Frida Straub schon angesprochen.

AB 8

 

 

 

2.6  Input und Integration: Nachgeschichte und Folgen der „Weiberschlacht“; Widerstandsformen  

AB zur Nachgeschichte wird gemeinsam oder in EA gelesen. Bei der Besprechung soll abermals der Blick auf die Widerstandsformen sowie die Beweggründe der Frauen gelenkt werden.

Welche Widerstandsformen gibt es? (Notizen an der Tafel)

- am 1./2. Dezember 1941: Nachfragen bei Behörden, Proteste, Solidaritätsbekundungen mit den Ordensschwestern, Beschimpfungen und andere verbale Angriffe, massenhaftes Auftreten und Protestieren in der Öffentlichkeit, Arbeitsniederlegungen …

- 6. Januar 1942: Brief Frida Straubs an den württembergischen Innenminister

- nach Schließung des katholischen Kindergartens bis Ende des NS: Boykott des NSV-Kindergartens.
AB 9
 2.7  Resümee / Ausblick: Würdigung der Aktionen als Widerstand gegen den NS  

Zum Schluss sollen die widerständigen Handlungen der „Geislinger Weiber“ beurteilt bzw. gewürdigt werden: Können diese als Widerstandskämpferinnen bezeichnet werden?

Dazu kann – in Gruppen oder im Plenum – eine Diskussion geführt werden. Mögliche Diskussionsanlässe sind:

- Der Gemeinderat in Geislingen berät über ein Denkmal zur „Geislinger Weiberschlacht“.

- Besprechung in einer Schulbuchredaktion: Soll das Thema „Geislinger Weiberschlacht“ im Kapitel Widerstand gegen den NS aufgenommen werden?
     

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -

 


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