Von der Ostfront nach Spaichingen - Feldpost subjektive, entmythologisierende Zeugnisse eines Krieges

Hintergrund

Zeittafel


 

12. Mai 1912 Karl Bühler kam als Sohn des Möbelfabrikanten Gustav Bühler in Spaichingen zur Welt.

1. September 1939 Mit dem deutschen Überfall auf Polen begann der Zweite Weltkrieg.

7. April 1940 Karl Bühler wurde mit 28 Jahren zur Wehrmacht einberufen. Sein erstes Ziel war Friedek-Friedberg im damaligen Protektorat Böhmen-Mähren.

Karl Bühler im Januar 1942 nach zwei Wochen Fronturlaub in Spaichingen.

B 1 Karl Bühler im Januar 1942

 

1940/41 Aus seiner ersten Zeit liegen keine nennenswerten Lebenszeichen vor. Seine Division wurde in Frankreich nicht in große Kampfeinsätze eingebunden. Nach dem Frankreichfeldzug wurde seine Division für kurze Zeit nach Polen verlegt, danach für einige Monate nach Meiningen in Thüringen und zu Beginn des Jahres 1941 erfolgte die Verlegung nach Grafenwöhr, wo die Truppe offensichtlich auf den "Rußlandfeldzug" vorbereitet werden sollte.

22.Juni 1941 Die deutsche Wehrmacht griff die Sowjetunion an. Völlig überrascht und überrumpelt boten die sowjetischen Truppen zunächst kaum Widerstand. Die Truppen des nationalsozialistischen Staates wurden in einen ideologisch motivierten Vernichtungskrieg geschickt. Alle drei deutschen Heeresgruppen (Nord, Mitte, Süd) hatten große Anfangserfolge zu verzeichnen.

24. Juni 1941 Die 113. Infanterie-Division, der Heeresgruppe Süd, der Karl Bühler angehörte, wurde nach Pegnitz verladen.

26. Juni 1941 Im südlichen Polen endete die Bahnfahrt, von hier aus begann der Fußmarsch der Einheit Karl Bühlers durch die Ukraine.

Herbst/Winter 1941 Die Heeresgruppe Nord stand vor den Toren Leningrads, während die Heeresgruppe Mitte zum Angriff auf Moskau ansetzte. Doch in der bald darauf einsetzenden Schlammperiode konnte der Abschnitt Mitte nicht mehr versorgt werden und musste den Rückzug antreten. Die Heeresgruppe Süd konnte ihre Stellungen halten und richtete in der Nähe von Kiew ihr voraussichtliches Winterquartier ein.

Weihnachten 1941 verbrachte Karl Bühler an der Ostfront.

Januar 1942 Für circa zehn Tage durfte Karl Bühler Heimaturlaub genießen.

Mai 1942 Karl Bühlers Division gehörte zur 6. Armee unter General Paulus und war an grausamen Schlachten beteiligt, wie z. B. der Kesselschlacht um Charkow.

Sommer 1942 Die 6. Armee stieß gegen Stalingrad vor. Die deutschen Truppen trafen auf hartnäckige Verteidiger. Es gelang nicht die Stadt Stalingrad im Sturm zu erobern, wie dies die Vorstellung des Oberbefehlshaber war. Dennoch verkündete, noch während der Angriffshandlungen, der Diktator seine rücksichtslosen Vernichtungsabsichten.

September/ Oktober 1942 Den sowjetischen Truppen gelang es, dem deutschen Vormarsch immer wieder neue Hindernisse in den Weg zu legen. So konnte die 6. Armee nur langsam und in sehr verlustreichen Kämpfen weiter in Richtung Stalingrad vorankommen.

Anfang November 1942 verkündete Hitler, man habe die Stadt bereits erobert. Doch dies traf nicht zu. Zu diesem Zeitpunkt kämpften die Soldaten in einem unerbittlichen Häuserkampf. Bereits Anfang November war der Nachschub schwierig, die Truppen konnten nicht mehr mit ausreichend Verpflegung versorgt werden.

21. November 1942 Sowjetische Panzer übernahmen die Donbrücke bei Kalatsch und schnitten somit die Versorgungslinie für die 6. Armee ab. Am selben Tag befahl Hitler, die Stellungen trotz der Gefahr des Einschlusses zu halten. Er versprach, die Armee aus der Luft zu versorgen. Doch die Luftwaffe war zu keiner Zeit in der Lage, die Mindest-Nachschubmenge für 300 000 Soldaten in den Kessel zu fliegen.

23. November 1942 General Paulus, als Oberkommandierender der 6. Armee, forderte das OKW auf, ihm die Erlaubnis zum Ausbruch aus dem Kessel zu erteilen. Die Armee war in Stalingrad eingeschlossen.

Ende November/ Anfang Dezember 1942 Der Haltebefehl des Führers wurde entgegen des Drängens auf "unverzügliche Einleitung der Ausbruchsoperation" von General Walther von Seydlitz-Kurzbach mehrfach vehement bekräftigt.

12. Dezember 1942 An diesem Tag wurde die Entsatzoffensive "Wintergewitter" der 4. Panzerarmee unter Generaloberst Hoth eingeleitet. Doch der Versuch scheiterte und die 6. Armee war nun ihrem Schicksal überlassen.

Ende Dezember 1942 Die Soldaten der 6. Armee verhungerten allmählich, immer weniger Versorgungsflugzeuge konnten einfliegen.

6. Januar 1943 Die Hilferufe der Armeeführung wurden immer drängender, so meldete sie dem OKH: "Armee hungert, friert, hat nichts zu schießen und kann ihre Panzer nicht mehr bewegen.". Eine Steigerung der Luftversorgung war nicht möglich. Hitler schickte stattdessen Orden. Der letzte erhaltene Brief Karl Bühlers ist vom 6. Januar. Danach kommen keine Briefe mehr an, außer den Briefen der Angehörigen, die im Laufe der Monate März und April 1943 an ihre Absender zurückkamen, weil eine ganze Armee aufgehört hatte zu leben und der Postempfang für sie für immer beendet war.

 

Briefumschlag an Karl Bühle

B 3 Briefumschlag an Karl Bühler

 

10. Januar 1943 An diesem Tag begannen sowjetische Truppen mit der entscheidenden Offensive auf Stalingrad.

Vermutlich am 28. Januar 1943 wurde der Regimentsstabsbunker, in dem sich auch Karl Bühler befand, durch einen Volltreffer der sowjetischen Artillerie völlig zerstört. Bei diesem Angriff kam laut Augenzeugenberichten niemand mehr lebend aus dem Bunker.

31. Januar 1943 Der Südkessel kapitulierte. Bereits Ende Januar arbeitete die NS-Propaganda daran, den Mythos Stalingrad zu erschaffen, der die weitere Kriegsmoral bestimmen sollte.

Am 2. Februar 1943 kapitulierten die letzten Teile der 6. Armee, im Nordkessel Stalingrads.

Informationen aus: Ueberschär, Gerd R., Stalingrad - eine Schlacht des Zweiten Weltkrieges, in: Stalingrad - Mythos und Wirklichkeit einer Schlacht, hg. von Wette, Wolfram und Ueberschär, Gerd R., Frankfurt a. M. 1992, S. 18-42.

Honer Dr., Anton (Hg.), Spaichingen Stalingrad, Feldpostbriefe 9.2.1941 - 6.1.1943, Karl Bühler, ein Beitrag zur Geschichte unserer Heimat, Spaichingen 1982.

 

Propagandistische Schlagzeile vom 4. Februar 1943 in der lokalen Presse, dem Gränzboten.

B 6 Auszug der Titelseite vom 4. Februar 1943 des Gränzboten


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Freiburg -


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