Die "doppelte" Grenze des Imperiums - Der Odenwaldlimes rund um Mudau-Schloßau


Zeittafel

31 v. – 14 n. Chr.
Unter Kaiser Augustus stoßen römische Truppen bis an den Rhein, die Donau und teilweise sogar bis an die Elbe vor.
Nach der vernichtenden Niederlage der Römer im Jahre 9 n. Chr. bei Kalkriese (sogenannte Varusschlacht) und weiteren verlustreichen Feldzügen gegen die Germanen in den Jahren 14-17 n. Chr. ziehen sich die römischen Legionen wieder an den Rhein zurück.

69 – 96 n. Chr.
Die Okkupation rechtsrheinischer Gebiete erfolgt erst wieder unter den flavischen Kaisern: Vespasian (69-79) und seinen Söhnen Titus (79-81) und Domitian (81-96).

Domitian lässt dabei erstmals Schneisen („limites“) zur besseren Überwachung der Grenze in die Wälder schlagen. Er war an der Rheingrenze vor allem mit der Bekämpfung des germanischen Stammes der Chatten beschäftigt, die sich gegen eine weitere Ausdehnung des römischen Reiches auf ihr Gebiet zur Wehr setzten. Als Folge dieser Kämpfe besetzten die Römer u.a. die Ebene zwischen Main und Odenwald.

Im Jahr 89 erhebt sich Antonius Saturninus, der Stadthalter Obergermaniens, mit seinen Truppen gegen Domitian. Saturninus wird dabei von den Chatten unterstützt. Es gelingt den Aufstand niederzuschlagen. Als Folge davon, wird der Limes weiter ausgebaut und verstärkt.

Römische Kaisermünze des Domitian

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Römische Kaisermünze des Domitian, die an seine Siege gegen die Germanen im Jahr 85 n. Chr. erinnern soll.
© Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, 18205093, Aufnahme durch Reinhard Saczewski
Dieses Bild ist von der Lizenz CC-BY 4.0 ausgenommen

89 – 117 n. Chr.
Unter Kaiser Traian (98-117) beginnt dann der systematische Bau einer Grenzanlage in der Provinz Obergermanien (Germania superior). Das römische Einflussgebiet rechts des Rheins zwischen Mainz (Mogentiacum) und Straßburg (Argentorate) wird durch den Neckar-Odenwald-Limes markiert und gesichert.

Um 100 n. Chr. liegt das gesamte rechtsrheinische Grenzgebiet im Schutz einer überwachten Grenzlinie, welche ca. 60 Jahre besteht. Die Odenwaldlinie des Neckar-Odenwald-Limes beginnt südlich des Kastells Obernburg am Main und endet gegenüber von Bad Wimpfen am Neckar. Die Odenwaldlinie hat eine Länge von etwa 70 km und wird mit etwa 80 Holzwachtürmen gesichert.
Insgesamt vier Kohortenkastelle mit jeweils 500 Mann befinden sich am Odenwaldlimes, darunter jeweils eines am nördlichen Endpunkt in Wörth am Main und eines am südlichen Endpunkt in Bad Wimpfen.

Eine Besonderheit des Grenzabschnittes im Odenwald ist die Folge von acht kleinen Numeruskastellen, vor allem an der nördlichen Strecke, in denen wohl von Anfang an Auxiliareinheiten aus Britannien (numeri Brittones) stationiert sind. Zu diesen Numeruskastellen gehört auch das Kastell von Schloßau. Hier „biegt“ der Odenwaldlimes in südöstliche Richtung „ab“ und es schließt sich ein 35 km langes „schnurgerades“ Stück bis zum Neckar an.

Archäologisch belegt ist für Schloßau ein Kastellbad, das ca. 60 m vor der Südostecke des Kastells liegt. Ebenfalls belegt und erforscht ist der Kastellvicus, der unmittelbar an das Kastellbad anschließt und vom Aufbau her mit seinen Handwerkergebäuden (Ziegel- und Töpferöfen, Schmiedesse etc.) und den langrechteckigen Streifenhäuser (Bebauung auf 100 m Länge, entlang der Vicusstraße) einem typischen Lagerdorf am Limes entspricht.


Rekonstruktion eines typischen Numeruskastells am Odenwaldlimes

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Rekonstruktion eines typischen Numeruskastells am Odenwaldlimes, wie es beispielsweise in Schloßau oder Hesselbach vorkam.
© Römerkastell Saalburg Archäologischer Park / Heike Wolf v. Goddenthow
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117 – 138 n. Chr.
Kaiser Hadrian (117-138) lässt den Limes weiter ausbauen. Es entsteht eine Grenzlinie vom Rhein bis zur Donau und eine durchgehende Palisade aus halbierten Eichenstämmen wird errichtet.

138 – 260 n. Chr.
Unter Kaiser Antoninus Pius (138-161) werden die Holztürme am Limes durch Steintürme ersetzt (auch die 80 Türme am Odenwaldlimes).
Der Stamm der Chatten bleibt ein Unruhefaktor: 162 n. Chr. fallen die Chatten in Obergermanien und Raetien ein und 170 n. Chr. plündern sie die römische Provinz Belgica.

Der Odenwaldlimes (von Obernburg bis Bad Wimpfen) wird zwischen 159 und 165 n. Chr. aufgegeben und durch den 81 km langen und teils schnurgerade verlaufenden Vorderen Limes (von Miltenberg bis Welzheim) ersetzt.

Die interessanteste und rätselhafteste Stelle am Odenwaldlimes entsteht an der heutigen Wachturmstelle 10/37 „In der Schneidershecke“ in unmittelbarer Nähe von Schloßau. Hier errichten die Römer einige Jahrzehnte nach der Vorverlegung des Odenwaldlimes neben dem bereits hier vorhandenen ehemaligen steinernen Wachturm ein kleines Heiligtum, in dem eine Statuengruppe bestehend aus den Göttern Mars, Victoria und Salus aufgestellt wird. Offenbar hat ein außergewöhnliches Ereignis zu dieser Errichtung geführt, da die Kombination dieser drei Gottheiten nur für den Kaiserkult geläufig ist. Möglicherweise gibt es eine Verbindung zum Germanenfeldzug des Kaisers Caracalla im Jahr 213 n. Chr.

Idealrekonstruktion des Heiligtums.

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Idealrekonstruktion des Heiligtums.
© Römermuseum Osterburken / Dieses Bild ist von der Lizenz CC-BY 4.0 ausgenommen

Ende des 2. und zu Beginn des 3. Jahrhunderts wird die Palisade in Obergermanien durch ein Wall- und Grabensystem ersetzt und in Raetien werden die Steintürme durch eine Steinmauer verbunden.

Um das Jahr 260 n. Chr. wird der Limes von den Römern aufgegeben.

Kopien der gefundenen Skulpturen der römischen Gottheiten Salus, Mars und Victoria an der Wachturmstelle 10/37 in der Nähe von Schloßau.

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Kopien der gefundenen Skulpturen der römischen Gottheiten Salus, Mars und Victoria an der Wachturmstelle 10/37 in der Nähe von Schloßau
© Foto: Claus Hanak

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -


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