Das Kaufhaus Schocken – Ein Wahrzeichen der Moderne

Hintergrund

Bedeutung


Neben Theater, Museen und elektrischen Straßenbahnen gehörten Warenhäuser zu den Errungenschaften des 19. Jahrhunderts. Besonders in Stuttgart galten Warenhäuser als ein wichtiges Symbol zur Modernisierung. Steigende Kaufkraft hatte zum Aufschwung in der Konsumgüterindustrie geführt und mit dem Ausbau der interkontinentalen Dampfschifffahrt waren Luxusprodukte wie Porzellan und Südfrüchte billiger und leichter zu erwerben.

Vor Warenhäusern auf deutschem Boden fanden sich schon Mitte des 19. Jahrhunderts erste Vertreter in Frankreich, England und den USA. Sie boten ein breites Warenangebot zu festen Preisen und ermöglichten – anders als im Einzelhandel – den Umtausch ihrer Waren. Verschiedene Abteilungen und Innenstadtlage waren ein Kriterium für die Beliebtheit dieser neuen Einkaufsform. Die neuen Warenhäuser wollten gezielt ein Massenpublikum erreichen und traten nach ihrer Etablierung Anfang des 20. Jahrhunderts in Konkurrenz zu Einzelhändlern.

Simon Schocken galt als einer der prägendsten Persönlichkeiten der expandierenden Warenhausbranche in Deutschland nach der Jahrhundertwende. Er entstammte einer jüdischen Kaufmannsfamilie, erlernte nach der Volksschule den Beruf des Kaufmanns und war von 1896 und 1901 leitender Angestellter des Kaufhauses Tietz in Aachen und Geschäftsführer in Braunschweig. Ab März 1901 übernahm er in Auftrag der Warenhausfamilie Ury die Leitung des Kaufhauses in Zwickau. Schon in diesem Warenhaus etablierte er Geschäftsgrundsätze, die wachsenden Konsum garantierten.

Schockens Erfolgsbasis beruhte auf Rentabilität, Kulanz, befriedigender Auswahl, Qualität, reellen Preisen und neuartiger Werbung. Dies war die Basis der erfolgreichen Strategie Schockens und führte zur Gründung einer Firma mit seinem Bruder Salman Schocken. Ihr erstes eigenes Kaufhaus befand sich im sächsischen Oelsnitz. Mit der Schaffung weiterer Kaufhäuser u.a. in Zwickau und Nürnberg verlegten die Brüder ihre Kaufhauszentrale nach Zwickau. Diese zentralisierte die Warenhauskette und plante eigene Hausmarken. Architekt der neuen Bauten war Erich Mendelsohn, der 1918 eines der erfolgreichsten Architektenbüros in der Weimarer Republik gegründet hatte.

Unternehmer wie Salman und Simon Schocken bemühten sich auch, ihren Beitrag zur Lösung der während der Industrialisierung entstandenen Sozialen Frage zu leisten: ärmere Bevölkerungsschichten, die sich wenig leisten konnten sollten im Warenhaus einkaufen können, mit der Schnelligkeit des Konsums überforderten Menschen boten die Unternehmen immer und überall gleiche Einkaufsstrukturen und Produkte.

Ab Februar 1933 griffen die Nationalsozialisten durch Gewaltaktionen, Propaganda und Boykotten in die Warenhausstruktur ein. Jüdische Mitarbeiter mussten wegen der Ausgrenzungsgesetze entlassen werden und Hetze gegen den Schocken Konzern gehörte zum Alltag. 1936 versuchte Salman Schocken mit dem Mehrheitsverkauf der Schocken Aktien an englische Investoren den Einfluss der Nationalsozialisten einzuschränken. So konnte sich der Konzern lange dem Verkaufsdruck entziehen. Er selbst war schon 1933 in das britische Mandatsgebiet Palästina geflohen. Im Jahr 1953 verkaufte Salman Schocken – wohl aus Altersgründen – seine Aktien an der Warenhauskette Schocken.

Pausenraum Kaufhaus Schocken

B2, Pausenraum Kaufhaus Schocken

Mit der Nachkriegszeit begann die Diskussion um die Erhaltung des Kaufhauses Schocken. Vor allem in der heißen Phase 1958/59 diskutierten Horten und seine Mitarbeiter, die Fachschaft Architektur der Universität Stuttgart, die Stadt Stuttgart mit ihrem Bürgermeister Arnulf Klett und Architekten aus der ganzen Welt über den Abriss bzw. Erhalt des Kaufhauses Schocken. Letztendlich setzte sich Horten durch und erwirkte an derselben Stelle einen Neubau des Warenhauses

Kaufhaus Schocken Innenraum

B 3, Kaufhaus Schocken Innenraum


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Stuttgart -


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