Reise nach Utopia - ein Exit Game

Hintergrund

Bedeutung


Die Auseinandersetzung mit verschiedenen literarischen Zukunfts- bzw. Gegenwelten-Entwürfen kann zum einen losgelöst vom konkreten Unterrichtsthema als Einschub oder z.B. auch im Rahmen einer Vertretungsstunde erfolgen. Zum anderen ist es geeignet für die Kursstufe sowohl im Zusammenhang mit dem Thema „Modernisierung“ in 11.1 als auch in 12.1 unter dem Standard „Streben nach Wohlstand und Partizipation“. Das hier vorgestellte Unterrichtsmodul nimmt seinen Ausgang von den Folgen der Industrialisierung und ist somit für die Kursstufe 1 konzipiert.

Im Zusammenhang mit ersterem bieten die mit der Industrialisierung einhergehende Technisierung sowie die eintretenden gesellschaftlichen Veränderungen die Basis sowohl für positive als auch negative Utopien. Während die Autoren der Renaissance ihr Augenmerk auf das ideale Zusammenleben der Menschen legten, spielen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Technik und damit einhergehende Möglichkeiten bzw. Gefahren für Politik, Gesellschaft und auch Natur eine wichtige Rolle. Insofern lassen sich über Utopien Ängste, Kritik, aber auch zeitgenössische Enwürfe politischer und gesellschaftlicher Alternativen erfahren. Im Unterrichtsbeispiel soll hierfür ein Ausschnitt aus Edward Bellamys „Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 auf 1887“ als Beispiel für eine alternative Gesellschaft thematisiert werden. Den technisch-wissenschaftlichen Aspekt der Modernisierung nimmt die pessimistische Utopie „Die Insel des Dr. Moreau“ von H. G. Wells in den Blick.

Mit den Gefahren der Technik beschäftigt sich auch Gudrun Pausewangs Roman „Die Wolke“. Mit dem Bezug zur in den 1980er Jahren entstehenden Anti-Atomkraft-Bewegung lässt sich davon ausgehend dieser Unterrichtsvorschlag anknüpfen an das Kursstufenthema „Aufbruchsversuche in West und Ost zu mehr Bürgerbeteiligung“.

Das in seiner Entstehung regional verortete Beispiel aus der Zeit der Renaissance Johann Valentin Andreaes „Christianopolis“ aus dem Jahr 1619 ist v.a. als literarische Manifestation einer alternativen Gesellschaftsordnung interessant. Die bis ins 19. Jahrhundert einzige deutsche Utopie ist wenig bekannt und das erstaunlicherweise, denn schließlich - so Richard van Dülmen - stelle sie einen „eigenständigen und für deutsche Verhältnisse typischen Entwurf zu einer neuen (…) Gesellschaftsordnung (…) dar“. Daneben sollen für diese Zeit Ausschnitte aus Thomas Morus‘ „Utopia“ (Gesellschaft) sowie aus „Neu-Atlantis“ von Francis Bacon (Technik) betrachtet werden.

Den aktuellen Anknüpfungspunkt und damit die offensichtliche Relevanz dieses Themas für die Schülerinnen und Schüler bietet die Buchreihe „Die Tribute von Panem“, die nicht nur hinsichtlich einer dystopischen Gesellschaftsordnung, sondern auch hinsichtlich der technischen und v.a. medialen Entwicklungen eine Gegenwelt entwirft, die zum Nachdenken über momentane Missstände anregt.

Die Schülerinnen und Schüler sollen die unterschiedlichen Utopien kennenlernen und diese miteinander vergleichen. Das Exit Game führt sie dabei in die verschiedenen Welten und fordert die Lernenden somit spielerisch dazu auf, deren Attraktivität (positive Utopie) bzw. die vermittelte Mahnung vor Fehlentwicklungen (negative Utopie/Dystopie) zu beurteilen. Schlussendlich sollen sie erkennen, dass Utopien zum einen eine Reaktion auf zeitgenössische Missstände darstellen, zum anderen aber auch Träume bzw. Alpträume der Menschheit widerspiegeln, die sich über die Zeiten hinweg ähneln und die in manchen Fällen fast prophetisch Kommendes voraussagen.


- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte an der ZSL-Regionalstelle Stuttgart -


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