Das Limesmuseum Aalen
Methodenvorschlag
Lernorterkundung:
Die Lernorterkundung im Limesmuseum besteht von vornherein aus der Kombination von zwei einander zugeordneten Lernorten, dem Museum und dem angrenzenden archäologischen Park: Dieser zeigt die äußere bauliche Hülle, das Wo, in dem gelebt und gearbeitet wurde; das Museum gibt mit seinen Exponaten Einblick in das Wie.
Beide Lernorte bringen die notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen für ein handlungsorientiertes Vorgehen mit. Innerhalb des Ausstellungsbereichs sind zahlreiche Sitzgelegenheiten mit und ohne Tischen sowie eine Bastelecke mit dem notwendigen Zubehör vorhanden. Für Phasen konzentrierten Nachdenkens ist in einem nachgestellten Nymphaeum eine Ruhezone angelegt. Im Eingangsbereich am römischen Brunnen befindet sich eine kleine Bühne mit aufsteigenden Sitzreihen, dazu eine große Zahl römischer Kostüme. Diese sind zwar zum Kennenlernen und Anprobieren römischer Kleidung gedacht, könnten aber auch für ein Rollenspiel eingesetzt werden.
Inhaltliche Voraussetzung für die selbständige Schülerarbeit im Museum sind die gut verständlichen Text- und Bildtafeln, die anschaulichen Modelle und die Informationen, die über die Medien eingeholt werden können. Im archäologischen Park sind Schautafeln - besonders gut im Stabsgebäude - platziert, die mit Bild, Text und Plänen die notwendigen Informationen liefern.
Trotz der erst jüngst erfolgten Neugestaltung des Museums gibt es bereits ein museumspädagogisches Angebot zu handlungsorientierten Themen, das aber nur begrenzt lehrplanbezogen ist und keine Lernorterschließung darstellt (Service). Weiteres Material wird jedoch in Bälde folgen.
Es lassen sich aber schon jetzt mit Hilfe der Informationen in Museum und archäologischem Park vom Lehrer selbst Lernorterschließungen durchführen, die auf den Bildungsplan bezogen sind - z. B. das Zusammentreffen von Römern und Germanen am Limes in Krieg und Frieden im Rahmen des Themas Romanisierung, das im Bildungsplan Gy Kl.6 und RS Kl.6 enthalten ist. Da für beide Schularten auf dieser Klassenstufe kein inhaltlicher oder methodischer Unterschied gemacht zu werden braucht, kann als Lernorterkundung folgender Vorschlag einer Variante des Rollenspiels umgesetzt werden:
1. Unterrichtliche Vorbereitungsphase:
Bereitstellung von Informationen über Lebensformen und Kriegsführung der Germanen, vor allem der Alamannen (vgl. Literatur).
Helm (3.Jh. n. Chr.) aus Rainau-Buch, wie er von Reiterei und Infanterie am Limes getragen wurde. Die Wangenklappen, die die Ohren verdeckten und am Kinn überlappten, ließen nur wenig vom Gesicht frei.
© Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg
Paradehelm - Gesichts- oder Maskenhelm - aus dem 2./3.Jh. n. Chr. Helme wie dieser, der von einem Soldaten der Ala II Flavia getragen worden ist, bildeten den gesamten menschlichen Kopf nach. Seit der augusteischen Zeit sind sie als besondere Ausrüstungsteile der Reitersoldaten nachweisbar.
© Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg
2. Lernorterschließung:
Einteilung der Klasse in Vierergruppen und Teilung der Gruppen in je zwei Schüler in der Rolle von römischen und germanischen Jugendlichen
Austeilen einer Checkliste, die die wichtigsten Ausstellungsbereiche und Aufgaben nennt, an denen die Lernorterschließung festgemacht wird (AB 1).
Arbeitsphase in Museum und archäologischem Park: Die Schüler in der Rolle der jungen Römer bekommen den Auftrag, sich über die in der Liste genannten Bereiche an Hand der Exponate und baulichen Überreste so kundig zu machen, dass sie den Mitgliedern der Germanengruppe Fragen beantworten können. Die andere Seite formuliert anhand derselben Exponate Fragen, mit denen die entsprechenden Informationen bei den Mitgliedern der Römergruppen abgerufen werden können.
Präsentationsphase: In dem kleinen Arenatheater des Museums stellt jede Gruppe im Frage-Antwort-Spiel die Unterschiede und eventuellen Gemeinsamkeiten heraus sowie die Möglichkeiten, etwas vom jeweils andern anzunehmen.
Schluss/Problematisierungsphase: Gemeinsame Aussprache über Möglichkeiten, Grenzen und Folgen eines Austausches.
Sollte die Zeit für die Problematisierungsphase im Museum nicht ausreichen, kann diese auch als Nachbereitung in den Unterricht verlegt werden.
Blick in den Wohnbereich, das Contubernium, der rekonstruierten Reiterbaracke (archäologischer Park).
© Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg
Rekonstruktion eines Teils der Reiterbaracke (archäologischer Park).
© Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg
Das hier vorgeschlagene Verfahren ließe sich auch für die Hauptschule einsetzen, wobei aber eine Reduzierung der zu untersuchenden Bereiche anzuraten ist. Dadurch werden die übrigen Phasen verkürzt und wird Zeit für einen praktischen Versuch des Austausches gewonnen - z. B. um einen römisch-germanischen Speiseplan aufzustellen.
Für die Grundschule werden einfache handlungsorientierte Aufgaben empfohlen wie z. B. das Nachzeichnen und Basteln von Fundstücken der Sammlung (-> Bastelecke im Museum) oder die gemeinsame Erschließung der Ess- und Kleidungsgewohnheiten (-> römische Kleidersammlung und kleines Arenatheater).
Ein Besuch von SII wird von der Problematisierungsphase aus geplant und abgewickelt:
Unterrichtsbegleitend erarbeiten die Schüler die Vorinformation über ausgeteilte Materialien selbst.
Am Lernort: Aufteilung in Gruppen - jede Gruppe übernimmt eine Aufgabe nach Wahl aus dem Fragenkatalog (die Leitfragen zielen von vornherein auf den römisch-germanischen Austausch) - Präsentation der Gruppenergebnisse - gemeinsame Aussprache.
Hortfund von Bronzegegenständen; die Aufnahme entstand während der Ausgrabungen im Bereich des Kastelldorfs auf dem Areal von Rainau-Buch. Hortfunde sind ein Zeichen für die zunehmende Bedrohung am Limes durch germanische Überfälle: Wertvolle Gegenstände wurden von der Bevölkerung in Brunnen und Zisternen versenkt, um sie vor Plünderungen zu bewahren.
© Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg
Schuhe aus dem Ostkastell Welzheim, Anfang 3. Jh. n. Chr. Über 100 Schuhe, meist stark verschlissene Einzelstücke von Männer-, Frauen- und Kinderschuhen aus dem Kastelldorf, wurden in einem Brunnen gefunden, der offensichtlich mit Müll verfüllt worden war, um ihn bei der Aufgabe des Kastells zu verseuchen.
© Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg
Behandlung des Themas in der Schule:
Wird das Limesmuseum für den traditionellen Unterricht im Klassenzimmer für Sekundarstufe I mit herangezogen, so tritt an die Stelle seiner Lernortfunktion die eines Lieferanten von Informationen. Die Fragestellungen zum Leben von Soldaten und Zivilisten am Limes, zur Romanisierung und zum Zusammentreffen von Römern und Germanen bleiben - bedingt durch den Bildungsplan - dieselben. Methodisch bietet sich ein Lernzirkel an: Seine Stationen entsprechen den Bereichen der Checkliste (AB 1). Als Materialien werden Bildquellen und Texte aus dem vorliegenden Anwendungsbeispiel ebenso eingefügt wie Zusätzliches aus Abschnitt 3. Weitere Anregungen können aus der hier zitierten Literatur und von der Website des Limesmuseums aufgenommen werden.
Für die SII lässt sich der für den Lernort erstellte Entwurf (AB 2) in das Klassenzimmer übertragen, denn das Thema über die Möglichkeiten eines römisch-germanischen Kulturaustausches bleibt dasselbe; die Erarbeitung der Vorinformationen zu Römern und Germanen wird ebenfalls in Eigentätigkeit durchgeführt. Die drei Themen der Museumspräsentation können z.B. als GFS gestaltet werden, wobei die Visualisierung über Overheadprojektor, Power-Point-Präsentation oder Museumskoffer erfolgen würde.
Ein anderer Weg empfiehlt sich für Grund- und Hauptschule: Man könnte von einem über das Museum zu erhaltenden Video ausgehen und danach mit dem Museumskoffer oder durch Bastelarbeiten das Gesehene - je nach der Altersstufe - vertiefen.