Römermuseum Güglingen
Hintergrundinformationen
1. Bedeutung
Der Besuch des im April 2008 eröffneten Römermuseums in Güglingen lohnt sich - die Schüler sind von der anschaulichen Darstellung römischen Lebens in Südwestdeutschland begeistert und Lehrer können mit einem Museumsbesuch exemplarisch vielfältige Aspekte der Romanisierung in den römischen Provinzen aufzeigen. Die Ausstellung kommt bei den Schülern vor allem deshalb gut an, weil sie selber anfassen, ausprobieren, in ein römisches Streifenhaus hineingehen und selbstständig Alltagsgeschichte entdecken können.
Die vom Archäologen und Museumsleiter Enrico De Gennaro konzipierte Ausstellung verknüpft die Darstellung des zivilen und religiösen Lebens im Güglinger Vicus geschickt mit handlungsorientierten Zugängen: Unter dem schützenden Vordach des Streifenhauses können an einem Klapp- und Verkaufsladen Töpferwaren erstanden werden, ein Stück weiter auf dem mit Spurrillen der Ochsenkarren versehenen Lehmweg steht eine Balkenwaage, an der die Schüler mit Gewichten arbeiten können. So wird die verkehrsgünstig gelegene zivile Siedlung als zentraler Markt- und Handelsort im Zabergäu für die Schüler erlebbar.
Nachbau der Verkaufsanlage eines Streifenhauses
© Römermuseum Güglingen/Martin Heigold
Die Beschäftigung mit ausgewählten Aspekten der Romanisierung kann an die Lebenswelt der Schüler anknüpfen (Alltag früher und heute), Begreifbares und Überschaubares in den Blick nehmen (z. B. Vorratskeller der Römer), ein Verständnis für die historische Wirklichkeit ermöglichen (warum legten die Römer die Siedlung so an), bei den Schülern eine grundsätzliche Erkenntnis ermöglichen (Vieles, was heute selbstverständlich ist, geht auf die Römer zurück), sinnvolle Einordnung von Ereignissen in Zusammenhänge ermöglichen (Transfer von Güglingen auf andere Siedlungen) und helfen, wertorientiertes Handeln zu entwickeln (z. B. Veränderung der Landschaft durch die römische Kolonisierung). Somit kann die Beschäftigung mit der römischen Besiedlung in Güglingen einen Beitrag dazu leisten, Kompetenzen und ein Geschichtsbewusstsein zu entwickeln.
Materialien aus dem Museum in Güglingen lassen sich hervorragend im Unterricht einsetzen - vorbereitend, nachbereitend oder wenn ein Besuch des Museums nicht möglich ist.
Nachbau eines Mithräums im Museum
© Römermuseum Güglingen/Martin Heigold
Hausheiligtum
© Römermuseum Güglingen/Martin Heigold
2. Geschichte
(Nach: Filtzinger, Planck, Cämmerer, zitiert nach: Maier, Ulrich, Spuren römischen Lebens im Raum Heilbronn)
58-50 v. Chr.
Caesar unterwirft Gallien. Der Rhein wird Grenze gegen die Germanen.
Bis ca. 16 v. Chr.
Ständige Bedrohung der Rheingrenze durch Übergriffe der Germanen.
5 n. Chr.
Tiberius beendet erfolgreich den Germanenkrieg. Germanien wird bis zur Elbe tributpflichtige Provinz mit der Hauptstadt Oppidum Ubiorum (Köln).
9 n. Chr.
Dem Cheruskerfürsten Arminius gelingt es, die Germanenstämme zu einem Aufstand gegen die Römer zu vereinigen. Drei Legionen unter dem Kommando des Varus werden im Teutoburger Wald auf ihrem Rückmarsch in die Winterlager vernichtend geschlagen.
120-260 n. Chr.
Römische Besiedlung in Güglingen
Die römische Siedlung in Güglingen von Osten, Screenshot der Computeranimation des Römermuseums in Güglingen
© Römermuseum Güglingen/Digitale Archäologie Freiburg
Die römische Siedlung in Güglingen von Westen, Screenshot der Computeranimation des Römermuseums in Güglingen
© Römermuseum Güglingen/Digitale Archäologie Freiburg
138 -161 n. Chr.
Unter Kaiser Antoninus Pius erfolgt eine Grenzkorrektur: Vorverlegung des Odenwald-Neckarlimes. Um die Alamannen und Markomannen abzuwehren, wird die Grenzlinie verkürzt und mit Palisade, Graben und Wall, Wachtürmen und Limeskastellen gesichert.
213 n. Chr.
Die Alamannen tauchen am Limes auf. Kaiser Caracella besiegt sie in der Nähe des Mains. Die Grenzverteidigungsanlagen werden modernisiert und ausgebaut.
233 n. Chr.
Die Alamannen überschreiten den Limes und stoßen plündernd und brennend bis zur Saar und Mosel im Westen, im Süden bis zum Alpenrand vor. Viele Villen und Dörfer werden zerstört. Deren Bewohner hatten oftmals zuvor ihre Schätze vergraben. Kaiser Severus macht sich in Eilmärschen vom Euphrat auf den Weg nach Germanien.
235 n. Chr.
Nach anfänglichen Niederlagen beginnt Severus mit den Alamannen zu verhandeln, worauf er von seinen Soldaten ermordet wird. Sein Nachfolger Maximus Thrax (235-238) vertreibt die Alamannen aus dem Limesgebiet.
259/260 n. Chr.
Alamannen und Franken stoßen bis weit über den Rhein und Donau nach Westen und Süden vor. Der obergermanisch-rätische Grenzschutz bricht zusammen, das Limesgebiet geht verloren.
Anschließend werden die römischen Ruinen in Güglingen teilweise durch die Alamannen genutzt.
November 2005
Der Architekt und Güglinger Ehrenringträger Heinz Rall ermöglicht durch eine Schenkung und das kostenlose Bereitstellung der Pläne den Umbau des ehemaligen Rathauses zum Römermuseum.
April 2008
Einweihung des Römermuseums im ehemaligen Rathaus in Güglingen
Das Museum zeigt das zivile und religiöse Leben einer römischen Landstadt und damit exemplarisch die Romanisierung der Provinzen.
Vicus von Süden, Screenshot der Computeranimation des Römermuseums in Güglingen
© Römermuseum Güglingen/Digitale Archäologie Freiburg
Straßenheiligtum in Güglingen, Screenshot der Computeranimation des Römermuseums in Güglingen
© Römermuseum Güglingen/Digitale Archäologie Freiburg
3. Anlage
Obwohl bisher nur 4,5 ha Fläche archäologisch untersucht wurden, kann man davon ausgehen, dass die römische Siedlung etwa 10 ha groß war.
In Güglingen wurden zwei Mithrasheiligtümer etwa 10 Gehminuten vom Museum entfernt ausgegraben und dokumentiert. Vom Museum führt ein ausgeschilderter Weg mit 7 Hinweistafeln zum Thema Mithraskult zu den rekonstruierten Mithräen und einem ebenfalls rekonstruierten Steinbrunnen.
Archäologischer Fußweg in Güglingen
© Stadt Güglingen/Grafik imiba
Druckversion
Funde aus den Mithräen und der römischen Siedlung werden im Originalzusammenhang im Römermuseum gezeigt.
Das Römermuseum im ehemaligen Rathaus bietet die Möglichkeit, in ein römisches Streifenhaus hineinzugehen und dort vielfältige Aspekte des Alltagslebens in einer römischen Kleinstadt zu erkunden. An einer Straße aus Stampflehm mit Wagenspuren befindet sich beispielsweise ein Verkaufs-Laden für Töpferwaren.
Verkaufsgespräch am Laden
© Martin Heigold
Ein Privatraum wurde ebenso wie ein Vorratskeller, eine Hofparzelle und ein Mithräum rekonstruiert. Einrichtungsgegenstände geben zusammen mit Fundstücken im Verwendungszusammenhang und Klanginstallationen einen möglichst authentischen Einblick in den Alltag der romanisierten Provinz.
Beim Mühlespielen
© Martin Heigold
Eine Computeranimation setzt die Erkenntnisse der Ausgrabung in einen Rundflug über den Ort vor 1800 Jahren um. Ergänzt wird die Ausstellung durch Modelle der römischen Streifenhäuser und des Badegebäudes.
Modell der Streifenhäuser
© Martin Heigold
Modell der Streifenhäuser mit Gartenanlage
© Römermuseum Güglingen/Martin Heigold
Der Orientierungsplan gibt einen Überblick über das Museum in Güglingen.
Orientierungsplan Erdgeschoss
© Römermuseum Güglingen
Orientierungsplan Obergeschosse
© Römermuseum Güglingen
Druckversion des Orientierungsplans (12 MB)
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -