Sagen und Märchen aus Baden-Württemberg
Leitgedanken zum Kompetenzerwerb
Autor: Ludwig Hanisch (Arbeitskreis RP Karlsruhe)
Die Bildungspläne aller Schultypen betrachten in ihren Leitgedanken zum Kompetenzerwerb die Weckung und Steigerung der Freude am Umgang mit Sprache als eine der wichtigsten Aufgaben des Deutschunterrichts.
Denn Sprechen, Hören, Denken, Schreiben und Lesen setzen schöpferische Prozesse in Gang und sind entscheidende Voraussetzungen einer positiven Gesamtentwicklung des Kindes.
Die Lesefähigkeit ist unbestritten die wichtigste Kompetenz für selbstständiges Lernen in allen schulischen Fächern, da von ihr in erheblichem Maße der Wissenserwerb und die kontinuierliche Entfaltung der sprachliche Kompetenz, die der eigenverantwortlichen Bewältigung der Anforderungen von Schule, Alltag, Gesellschaft und Arbeitswelt dient, abhängen. Darüber hinaus ermöglicht die Lesekompetenz die Verarbeitung sowohl der realen Welt als auch der literarischen Vorstellungswelten, wodurch gerade beim Grundschüler zwingende Voraussetzungen für die weitere Entwicklung und Förderung seiner Persönlichkeit geschaffen werden. In jedem Lebensalter können die notwendigen Auseinandersetzungen mit eigenen Wünschen, Fragen und Problemen auf vielfältige Weise in der Literatur wiedergefunden werden.
Sagen und Märchen machen Schülerinnen und Schüler in besonderer Weise mit Grundmustern menschlicher Erfahrungen bekannt und eröffnen exemplarisch Zugänge zu verschiedenen Weltsichten, wodurch die kindliche Entwicklung gefördert wird. Des Weiteren schaffen diese Textarten einen großen Spielraum von Möglichkeiten, sich Welten auszumalen, zu deuten und durch wachsende Phantasie vorzustellen Daraus wiederum kann sich ein kreativer Umgang mit Texten entwickeln, der zu einer sinnvollen Reflexion über Literatur, zum Aufbau eines ästhetischen Bewusstseins und zu einer eigenverantwortlichen Nutzung der Medien im Allgemeinen führt.
Denn "bei der Beschäftigung mit literarischen Formen und Gattungen sowie Stoffen und Motiven erwerben die Schülerinnen und Schüler Wissen und Erkenntnis erschließende Einsicht in die Welt der Literatur." (Bildungsplan GY S. 77)
Noch anzumerken bleibt, dass gerade die epischen Formen der Sagen und Märchen mit den darin auftretenden Gestalten auch für Schülerinnen und Schüler mit fremder Muttersprache vertraute, nachvollziehbare und mit Gewinn zu lesende Formen der Literatur darstellen. Die Schauplätze des Märchens sind die ganze Welt, und Märchen stellen weder an Raum und Zeit gebundene Phantasiewelten dar. Und auch Sagen, obwohl sie in der Regel Bezug auf bestimmte Orte nehmen, müssen nicht zwingend etwas über ihren (vorgeblichen) Entstehungsort bzw. den jeweiligen Ort der Handlung aussagen - vielmehr fügen sie Örtlichkeiten, Personen und Geschehnisse aus weit voneinander entfernten Gegenden und Zeiten zu einem einheitlichen Ganzen zusammen. Somit finden wir in allen Kulturen in überaus großer Zahl die epischen Formen des Märchens und der Sage, die sich im Laufe der Jahrhunderte länderübergreifend ausgebreitet und weiterentwickelt haben. Kinder werden daher, auch wenn sie aus verschiedenen Kulturkreisen stammen, bei der Erschließung dieser Literatur immer ein fundamentales Vorwissen einbringen und durch das Feststellen und Erleben von Gemeinsamkeiten eine Stärkung ihrer sozialen Kompetenzen erfahren. Damit wäre auch gleichzeitig der o.g. Anspruch des Bildungsplanes berücksichtigt, Freude am Umgang mit Sprache zu wecken und "dafür zu sorgen, dass sie (die Kinder) sich von Anfang an als kompetent und erfolgreich erleben können." (Bildungsplan GS S.43)
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -