Keltenmuseum Heuneburg
Hintergrundinformationen
Geschichte
a) Wichtige Daten:
1200-750 v. Chr.: Späte Bronzezeit/Urnenfelderzeit: Bauspuren auf der Heuneburg, Urnengräber im südwestlichen Vorfeld
Um 600 v. Chr.: erste Befestigung der Heuneburg (Holz-Erde-Mauer)
600 - 550 v. Chr. Lehmziegelmauer, Außensiedlung, ältere Grabhügel
Um 550 v. Chr: Eine Feuersbrunst zerstört die Heuneburg.
Nach 550 v. Chr. Wiederbesiedlung der Heuneburg (Holz-Erde-Mauer); vier Großgrabhügel auf den Ruinen der Außensiedlung
Um 450/400 v.Chr. (?): Die Heuneburg brennt ab.
b) Kurzabriss der Geschichte der Heuneburg
Die Heuneburg liegt auf einem Geländesporn, der etwa 60 m oberhalb des Donautals liegt. Sie hebt sich von vielen anderen Siedlungen durch ihre lange Siedelfolge ab: erste Spuren datieren in die ausgehende Jungsteinzeit (4./3. Jahrtausend v. Chr.), eine erste Befestigung mit Wall und Graben folgt in der mittleren Bronzezeit (16. - 13. Jahrhundert v. Chr.). Nur wenige Bauspuren sind für die späte Bronzezeit oder Urnenfelderzeit (12. - 11. Jh. v. Chr.) nachweisbar. In der Hallstattzeit (7. - 4. Jh. v. Chr.) ist die Heuneburg kontinuierlich besiedelt. Die Latènezeit (2. - 1. Jh. v. Chr.) ist ebenso wie die Römische Kaiserzeit (1. - 3. Jh. n. Chr.) nur durch Einzelfunde belegt, Bauspuren fehlen völlig. Vom 6. - 13. Jh. n. Chr. ist die Heuneburg in unterschiedlicher Weise wiederholt genutzt worden. Mit dieser "langen" Besiedlung ist die Heuneburg eine Ausnahme unter den prähistorischen Siedlungsplätzen in Mitteleuropa.
Bild: Aufriss der Lehmziegelmauer © Keltenmuseum Heuneburg |
Die Blütezeit der Heuneburg liegt zweifellos mit 200 Jahren ununterbrochener Besiedlung in der späten Hallstattzeit. Der Bau der ersten Befestigung mit einer einheimischen Holz-Erde-Mauer dürfte bereits vor 600 v. Chr. erfolgt sein. Mit dem Bau der Lehmziegelmauer erfolgte der Ausbau der Heuneburg zu einem überregionalen Machtzentrum. Besiedelt war in dieser Zeit nicht nur die ca. 3 ha große Burgfläche. Im nordwestlichen Vorfeld lag die Außen- oder Vorburgsiedlung, deren Fläche inzwischen mit 14 ha angegeben wird und die damit deutlich größer war als die befestigte Heuneburg selbst.
Vielschichtig sind die Fragen, die mit dem Bau der Lehmziegelmauer verbunden sind. Diese nördlich der Alpen einzigartige Befestigung bestand nur etwa 50 Jahre (ca. 600 - 550 v. Chr.). In dieser Zeit ist die Burgfläche dicht mit Häuserzeilen bebaut, während in der offenen Außensiedlung Gehöfte vorherrschend sind. Es stellen sich Fragen, wie diese Bautechnik überhaupt an die obere Donau gelangt ist und ob Griechen oder Kelten mit Bauerfahrung aus dem Süden verantwortlich für den Bau waren. Auch Fragen der Bauzeit und der praktischen Abwicklung des Transportes der Baumaterialien (Kalksteine, Lehmziegel und Holz für den Wehrgang) ebenso wie nach der Anzahl der Bauleute müssen gegenwärtig noch unbeantwortet bleiben.
Der enge Kontakt der Heuneburg mit den Hochkulturen des Mittelmeerraumes kommt auch durch den Import von Luxusgütern aus Griechenland, Kleinasien, Etrurien und Südfrankreich zum Ausdruck. Hier sind attisch schwarzfigurige Keramik ebenso wie Transportamphoren (Wein, Olivenöl), Nagelschneider oder Bronzegeschirr zu nennen. Daneben werden auch Handwerkstechniken, wie die schnell rotierende Töpferscheibe und die Drehbank übernommen, die einen starken Einfluss auf die keltische Handwerkskunst insgesamt ausüben. Auch Sitten und Gebräuche aus dem Süden scheinen übernommen und/oder umgeformt worden zu sein. Die Auswahl der importierten griechischen Keramik (Weinmischgefäße, Kannen und Becher bzw. Trinkschalen) deuten eine Rezeption griechischer Trinksitten, wie des Symposions, bei den keltischen Fürsten an.
Um 550 v. Chr. brennen die Heuneburg und die Außensiedlung vollständig nieder. Auf dem Gelände der ehemaligen Außensiedlung werden die heute noch sichtbaren vier Großgrabhügel errichtet (Gießübel-Talhau-Nekropole). Mit dem gewaltsamen Ende der Lehmziegelmauer umwehrten Heuneburg und der Außensiedlung scheint auch der massive griechische Einfluss zu enden. Die Handelskontakte dagegen reißen nicht ab. Weiterhin wird Wein importiert, auch eine griechische Kline (Liegemöbel) ist in Hügel 1 mit in das Grab gelangt. Die Befestigungen bestehen jetzt wieder aus einheimischen Holz-Erde-Mauern unterschiedlicher Konstruktionen, zu deren Errichtung man den Stumpf der Lehmziegelmauer geschleift hat. Spätestens um 400 v. Chr. bricht die keltische Besiedlung auf der Heuneburg endgültig ab. Die Bewohner der Heuneburg haben vermutlich von der Kontrolle der Handelswege durch das Donautal zu Wasser und zu Lande profitiert. Bereits Herodot berichtet von der Donau: "Denn es strömt durch ganz Europa der Istros; er entspringt bei den Kelten (...). Ganz Europa durchströmend ergießt er sich in die Flanke des Skythenlandes" (Herodot IV 49). Als sich die Handelsrouten ändern, verlieren die Fürstensitze an Bedeutung und werden aufgelassen.
Bild: freigelegte Hölzer © Keltenmuseum Heuneburg |
Neue Ausgrabungen im Umfeld der Heuneburg
Seit 2004 geht eine Gruppe von Archäologen überregional der Frage nach: Gab es bereits während der frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) in Mitteleuropa stadtartige Machtzentren mit überregionaler Bedeutung? Im Rahmen des dazu von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingerichteten Schwerpunktprogramms werden im Umfeld der Heuneburg neue Ausgrabungen durchgeführt.
Einer der Schwerpunkte dieser Grabungstätigkeit gilt dem unmittelbaren Vorfeld der Heuneburg. Hier wurden überraschenderweise zwischen dem vorgelagerten Wall und der Heuneburg selbst weiter Bauspuren von Häusern unterschiedlicher Konstruktionen gefunden. Außerdem wurde im Anschluss an den erhaltenen Wall ein steinernes Tor aufgedeckt, das 2006 weiter untersucht wird. Die Funde aus diesen Grabungen sind gut vergleichbar mit den Funden von der Heuneburg selbst, Fibeln, griechische Keramik, goldenen Ohrring (?).
Im Graben an der Nordspitze der Burg kamen teilweise gut datierbare Hölzer zutage, die in die Zeit der Lehmziegelmauer gehören.
Die Grabungen im Bereich der Außensiedlung haben ebenfalls ein anderes Bild ergeben. Ursprünglich konnte diese Außensiedlung hauptsächlich unter den Grabhügeln der Gießübel-Talhau-Nekropole nachweisbar mit etwa 10 ha angegeben werden. Durch die neuen Grabungen wird die Außensiedlung inzwischen mit ca. 40 ha Größe verzeichnet.
Aus: Hagmann, Sabine, Kelten an der Oberen Donau. Die Heuneburg, ein frühkeltischer Fürstensitz, in: Oberschulamt Tübingen (Hrsg.), Kelten und Römer an der Oberen Donau. Pädagogische Handreichung für den Besuch der Keltenmuseen Heuneburg und des Römermuseums Mengen-Ennetach, Tübingen 2004, S. 8f. Ergänzungen von Sabine Hagmann vom 23.11.2005.
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -