Jüdische Geschichte im Geschichtsunterricht
I. Antike (Klasse 6)
Eine Reihenplanung zum jüdischen Leben im deutschen Südwesten mit der Antike beginnen zu lassen hat zwei wichtige Gründe. Zum ersten haben sich Juden mit großer Sicherheit in den Städten der germanisch-rätischen Provinzen ab der Hohen Kaiserzeit niedergelassen. Der früheste Beleg betrifft die Stadt Köln aus dem Jahre 321. Die Juden sind also historisch „keine Fremden in Deutschland“ (Michael Brenner). Zum zweiten ist die jüdische Geschichte in der Antike gleich in doppelter Hinsicht eine Verstehensvoraussetzung für spätere Entwicklungen. Die beiden monotheistischen Religionen Christentum und Islam, die von Klasse 6 – 10 im Geschichtsunterricht immer wieder eine Rolle spielen, weisen eine historische Verwandtschaft zum Judentum auf.
Römische Soldaten schaffen das Inventar des geplünderten Tempels in Jerusalem weg, z.B. die goldene Menora (siebenarmiger Leuchter). Szene auf dem Titusbogen ende des 1. Jhdts. n. Chr. |
Darüber hinaus zeitigten die Unterwerfung des jüdischen Staates durch Rom 63 v. Chr. und die anhaltenden Aufstände gegen die römischen Besatzer dauerhafte Folgen: Am Ende des Jüdischen Krieges (66-70 n. Chr.) war der Tempel in Jerusalem geplündert und zerstört, viele Juden getötet oder versklavt; nach dem Bar Kochba-Aufstand (132-135 n. Chr.) war es Juden nicht mehr erlaubt, das nun in Aelia Capitolina umbenannte Jerusalem zu betreten. Es begann die sogenannte Diaspora, d.h. die Flucht und Zerstreuung der Juden im Römischen Reich, die im Hebräischen im Übrigen galut (=Exil) heißt und die jüdische Geschichte bis auf den heutigen Tag prägen sollte.
Tetradrachme des Bar Kochba aus dem Jahre 134 n. Chr. Links der (70 n. Chr. Zerstörte) Tempel in Jerusalem mit Stern, rechts der Strauß aus Zweigen der Dattelpalme (Lulav) und der Inschrift „Für die Freiheit von Jerusalem“ |
Die Einbindung in das Curriculum von Klasse 6 kann zum einen über den Begriff „Judentum“ erfolgen, der im Zusammenhang mit der Entstehung von Christentum und Islam als monotheistische Religion genannt wird (BP Standard 3.1.4.1). Zum anderen bietet die brutale Unterwerfung und Zerstörung des jüdischen Staates durch Rom einen Kontrast zur eher sanften und Fortschritte bringenden Romanisierung in Mitteleuropa, wie sie auch gerade im deutschen Südwesten, an Neckar, Rhein und Donau, fassbar wird. Wenn die SuS den Einfluss des Imperium Romanum auf die unterworfenen Gebiete beurteilen sollen (BP 3.1.3.5.), braucht ein ausgewogenes Urteil sicherlich die Kenntnis verschiedener Formen der römischen Herrschaftspraxis.
- Kompetenzzentrum für Geschichtliche Landeskunde im Unterricht -
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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