Hintergrundinformationen

Burg Wildenberg im Odenwald. Die Burganlage eines Mannes aus der Führungsschicht des Stauferreiches.

1.1 Bedeutung

Die Burg Wildenberg (auch Wildenburg genannt) ist eine der bedeutendsten und besterhaltenen stauferzeitlichen Burgen Deutschlands. In der Brockhaus Enzyklopädie wird sie sogar als „eine der Hauptburgen der staufischen Epoche“ bezeichnet. Obwohl sie seit ihrer Zerstörung im Bauernkrieg (1525) eine Ruine ist, weist sie immer noch alle wesentlichen Merkmale einer prächtigen Burganlage des Hochmittelalters auf. Es bietet sich daher an, geht es im Geschichtsunterricht um das Thema Burgen oder den Lebensraum Burg, die Wildenberg gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern genauer in den Blick zu nehmen.

Ihr Grundriss ist mit etwa 90 auf 40 Meter monumental und beträgt zirka das Dreifache der damals üblichen Größe. Der Baustil dieser Burg lässt heute noch erkennen, dass bei ihrer Errichtung ein ungewöhnlich hoher Aufwand betrieben wurde. Anhand zahlreicher Steinmetzzeichen weiß man, dass hier auch Baumeister und Handwerker am Werke waren, die u.a. bei der Errichtung der Kaiserpfalz von Gelnhausen mitwirkten.

Allein diese Tatsache lässt schon darauf schließen, dass es sich beim Erbauer der Burg um eine einflussreiche, über das Gebiet des Odenwaldes hinaus bedeutsame Persönlichkeit gehandelt haben muss. Bis zum heutigen Tag zeugt im Torraum der Burg die in Stein gehauene Bauinschrift „DIESE BVRHC / MAHTE HER / RVBREHT / VON DVRN“ („Diese Burg schuf Ruprecht von Dürn“), vom Stolz und Selbstverständnis dieses Mannes, der ein enger Gefolgsmann von Kaiser Friedrich I. und dessen Sohn, Heinrich VI. war. Ruprechts „Kaisernähe“ macht deutlich, dass er in das politische und höfische Leben der Staufer voll eingebunden war.

Der Aufstieg derer von Dürn scheint auch nach Ruprechts Tod im Jahre 1197 mit der Epoche der Staufer verknüpft. Unter Ruprechts Enkel Konrad I. erreicht die Herrschaft des Niederadelsgeschlechts aus dem Odenwald ihren Höhepunkt. Es gelingt Konrad im Flussviereck zwischen Main und Tauber, Jagst und Neckar eine territorial weitgehend geschlossene Machtbasis zu schaffen. Die Burg Wildenberg baut er in dieser Zeit zu seiner repräsentativen und prächtigen Residenz aus. Mit Konrads Tod im Jahre 1258 beginnt, jedoch der Niedergang der Familie und so verschwinden Ende des 13. Jahrhunderts nicht nur die Staufer, sondern auch die Dürner von der politischen Landkarte.

Für den Geschichtsunterricht ergibt sich dadurch die Chance ausgehend von der Burg im Odenwald und ihrem Erbauer die Brücke hin zur überregional bedeutsamen Dynastie der Staufer zu schlagen. Da die Staufer in der Regel zu einem der wenigen Herrschergeschlechter des Mittelalters gehören, die überhaupt noch im schulischen Geschichtsunterricht Erwähnung finden, ist diese Verknüpfung durchaus lohnenswert.


1.2 Geschichte

Der „berühmte“ Erbauer der Burg – Rupertus de Durne

1168
Kaiser Friedrich I. „Barbarossa“ überträgt auf dem Reichstag in Würzburg an Ruprecht von Dürn (Rupertus de Durne), einem ihm treu ergebenen Adligen aus dem Dorf (Wall)Dürn am Rande des Odenwaldes die Schutzherrschaft über das Kloster Amorbach. Damit hatte der Kaiser Ruprecht die Kontrolle über einen großen Teil des Raumes übertragen, durch den die wichtige Straßenverbindung von den staufischen Stammlanden in Schwaben, über die Kaiserpfalz in Wimpfen am Neckar zum Reichsland am unteren Main und in die Wetterau führte.

1171
Ruprechts Name taucht erstmals in einer Herrscherurkunde der Staufer auf. In der Folgezeit gehört er zum engsten Beraterkreis der Stauferkaiser und fungiert nachweislich in 142 staufischen Herrscherurkunden als Zeuge.
Als einer der einflussreichsten Reichsdienstmannen reist er, wie diese Urkunden belegen, mit Friedrich I. und Heinrich VI. in den folgenden Jahren durch Deutschland, Italien und Burgund.
Er gehört zu den sogenannten „liberi homines“, den Edel- oder Hochfreien und besitzt somit grafengleichen Rang.

Urkunde Kaiser Friedrich Barbarossas

B 2 Urkunde Kaiser Friedrich Barbarossas ausgestellt am 19. April 1172 in Würzburg. Ruprecht von Dürns Name (rot umkreist) steht hier in der Reihe der Zeugen (Subscriptiones).
© Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein GA 10 Schubl. 23 I Nr.1

1197
Ruprecht stirbt in Italien. Er war dort mit Kaiser Heinrich VI.

Kaiser Friedrich Barbarossa mit Bügelkrone, Reichsapfel und Zepter

B 3 Kaiser Friedrich Barbarossa mit Bügelkrone, Reichsapfel und Zepter zwischen seinen Söhnen Heinrich VI., der bereits die Königskrone trägt (links), und Friedrich von Schwaben mit Herzogshut. Miniatur aus der Welfenchronik.
© wikipedia

Die Burg Wildenberg und die Herren von Dürn

um 1175
Ruprecht und sein Vater oder Bruder Burkhard („Burchert“) von Dürn beginnen mit dem Bau der Burg.

Anfang 13. Jhdt.
Die Burg wird durch Konrad I. von Dürn (*1193 - † 1253), einen Enkel Ruprechts ausgebaut und wohl auch vollendet.

1222
Konrad von Dürn wird erstmals urkundlich erwähnt. Durch seine Heirat mit Mechthild von Lauffen kann er seinen Machtbereich erheblich ausdehnen. Sein Besitz erstreckt sich im Süden bis nach Heilbronn und im Westen bis unmittelbar vor die Tore Heidelbergs.

1226
Konrad nennt sich nun erstmals auch Konrad „de Wildenberc“.

1253
Konrad stirbt und sein Besitz wird unter seinen Söhnen Boppo I., Ruprecht II. und Ulrich III. aufgeteilt.

1271
Ulrich III. verkauft dem Mainzer Erzbischof Gerhard von Eppstein die Wildenburg.

Das Stammwappen der Familie von Dürn.

B 4 Das Stammwappen der Familie von Dürn.
© wikipedia

Exkurs – Ein berühmter Dichter auf der Burg?

Zahlreiche Literaturwissenschaftler und Historiker gehen davon aus, dass Wolfram von Eschenbach (* um 1160/80 - † um/nach 1220) Teile des „Parzival“ auf der Wildenburg verfasst hat. Folgende Punkte werden als Belege für diese These aufgeführt:

- Die Gralsburg im Parzival heißt „Munsalvaesche“, das heißt „mont sauvage“ oder eben „Wildenberg“.

- Im Parzival heißt u.a. es bei der Beschreibung der Gralsburg: „Etwas durfte hier nicht fehlen, das viel Geld gekostet hatte: drei quadratische Feuerflächen, […] mit Feuern die den Namen verdienen! So große Feuer sah noch keiner hier auf Wildenberg – noch nie! Es waren teure Wunderwerke!“

- Der Kamin im Palas von Burg Wildenberg hat eine Feuerfläche von neun Quadratmetern und ist wahrlich gewaltig.

Autorenbild Wolfram von Eschenbachs in der Manessischen Liederhandschrift.

B 5 Autorenbild Wolfram von Eschenbachs in der Manessischen Liederhandschrift.
© wikipedia

Die Zeit unter dem Mainzer Rad und danach

1271-1525
Die Burg ist Sitz von Mainzischen Verwaltungsbeamten (Burgvögte aus dem niederen Adel).

1356
Ein starkes Erdbeben beschädigt den Palas, er wird jedoch wieder errichtet.

15. und 16. Jhdt.:
Durchführung von Baumaßnahen u.a. werden eine Sperrmauer durch den Burghof errichtet und der Nordturm ausgebaut.

Burg Wildenberg zu Beginn des 16. Jahrhunderts als Mainzischer Verwaltungssitz

B 6 Burg Wildenberg zu Beginn des 16. Jahrhunderts als Mainzischer Verwaltungssitz (Rekonstruktionszeichnung).
© Verlag Moritz Schäfer

4. Mai 1525
Im Bauernkrieg wird die Burg von aufständischen Bauern aus dem Odenwälder Haufen, des Ritters Götz von Berlichingen, zerstört (niedergebrannt).

1803
Durch die Säkularisation kommt die Burg an das Fürstentum Leiningen.

1806
Das Fürstentum Leiningen wird durch das Großherzogtum Baden mediatisiert.

1810
Das Gebiet um die Wildenberg kommt zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt.

1816
Das Gebiet um Amorbach und damit auch die Burg Wildenberg werden Teil des Königreichs Bayern.


1.3 Anlage

Die Ruine der einstigen Höhenburg liegt auf einem 365 Meter hohen, nach Nordosten vorgeschobenen Bergsporn des zur Gemeinde Kirchzell (Ortsteil Preunschen) gehörenden Schlossberges im unterfränkischen Landkreis Miltenberg. Vom Dorf Preunschen aus gelangt man auf einem markierten Fußweg in ca. 20 Gehminuten zur Wildenberg. Die Burg liegt im so genannten „Dreiländereck“ in unmittelbarer Nähe der Grenze zu Baden-Württemberg und unweit der Grenze zu Hessen.

Der Grundriss der Burg hat die Form eines dem Gelände angepassten Rechtecks mit einer Ausdehnung von 90 x 40 Metern. Dabei handelt es sich im Prinzip um die im Laufe der Zeit nur unwesentlich veränderte stauferzeitliche Kernburg.

Der Grundriss der Kernburg.

B 7 Der Grundriss der Kernburg.
© Verlag Hermann Emig

Nähert man sich der Burg vom Dorf Preunschen her kommend, blickt man zuerst auf die etwa zehn Meter hohe und drei Meter dicke Schildmauer. In ihrer Mitte befindet sich der diagonal gesetzte Bergfried, der sie mit seiner beachtlichen Höhe von 25 Metern deutlich überragt. Schildmauer und Bergfried sind ebenso wie die um die gesamte Anlage verlaufende Ringmauer komplett mit Buckelquadern verkleidet. Dies ist ein typisches Erkennungszeichen für eine staufische Burg.

lick vom Innenhof auf den Bergfried.

B 8 Blick vom Innenhof auf den Bergfried.
© Claus Hanak

Betreten wird die Wildenburg durch das Stufenportal des Torturmes an der Südostseite. Im Obergeschoss des Torturmes befindet sich die dem heiligen St. Georg geweihte Burgkapelle mit Apsiserker.

Torturm mit der St. Georgskappelle

B 9 Der Torturm mit der St. Georgskappelle vor dem Betreten der Kernburg.
© Claus Hanak

Am Innentor des Turmes finden sich rechts und links die in Stein gehauenen Bauinschriften der beiden Erbauer der Burg.

 Bauinschrift am inneren Tor

B 10 Bauinschrift am inneren Tor. Sie lautet: DIESE BVRHC / MAHTE HER / BVR(H)E(RT) / DVRN (Diese Burg schuf Burkhard von Dürn). Wer dieser Burkhard war, ob ein Bruder oder gar der Vater von Ruprecht von Dürn, ist nicht bekannt.
© Claus Hanak / Verlag Hermann Emig

Die zweite Bauinschrift am inneren Tor.

B 11 Die zweite Bauinschrift am inneren Tor. Sie lautet: DIESE BVRHC / MAHTE HER / RVBREHT / VON DVRN (Diese Burg schuf Ruprecht von Dürn). Bei Burgen sind derartige Inschriften äußerst selten zu finden. Die beiden Bauinschriften auf Wildenberg stellen folglich eine Besonderheit dar.
© Claus Hanak / Verlag Hermann Emig

Nach dem Durchqueren des Torturms befindet man sich im großen Innenhof der Burg und blickt zunächst auf eine während der Mainzischen Zeit eingebaute Trennmauer. Diese Mauer behindert die freie Sicht auf den großräumigen und prächtigen Palas. Er ist an die Talseite angelehnt und nimmt fast die gesamte Breite der Burganalage ein. Die Fensterarkarden in seinem Obergeschoss sind nicht nur von hohem künstlerischem Wert, sondern stellen ein Meisterwerk der mittelalterlichen Architektur dar.

Die frühgotischen Fensterarkaden im Obergeschoss des Pala

B 12 Die frühgotischen Fensterarkaden im Obergeschoss des Palas.
© Claus Hanak

Im Untergeschoss befindet sich ein gewaltiger Kamin mit einer Feuerfläche von etwa neun Quadratmetern. Möglicherweise war es dieser Kamin, von dem Wolfram von Eschenbach in seinem Ritterepos „Parzival“ schrieb: Sô grôziu fiwer sît noch ê / Sach niemen hie ze Wildenberc / (So große Feuer wie hier auf Wildenberg hat niemand jemals gesehen).

Überreste des immer noch beeindruckenden romanischen Kamins im Erdgeschoss des Palas

B 13 Überreste des immer noch beeindruckenden romanischen Kamins im Erdgeschoss des Palas.
© Claus Hanak

Auf der dem Palas gegenüberliegenden Burgseite (Südecke) befinden sich im Schatten des eindrucksvollen Bergfriedes die Überreste eines einstmals zweistöckigen Wohnbaus (Kemenate). Darin hatten wahrscheinlich die Burgherren ihren eigentlichen (Haupt)Wohnsitz und der Palas wurde wohl überwiegend nur für repräsentative Zwecke und Festlichkeiten genutzt.
Interessant sind auf Burg Wildenberg auch die Steinmetzzeichen. In keiner anderen deutschen Burg aus dieser Entstehungszeit gibt es eine solche Vielzahl davon.

Vier von insgesamt rund 50 verschiedenen Steinmetzzeichen

B 14 Vier von insgesamt rund 50 verschiedenen Steinmetzzeichen, die auf der Burg Wildenberg nachgewiesen sind.
© Claus Hanak

Besucht man die Burg mit einer Führung, etwa durch einen der Geopark-Vorortbegleiter, besteht die Möglichkeit den sonst verschlossenen Bergfried zu besteigen. Von diesem aus hat man einen guten Blick über die gesamte Burganalge und bei klarem Wetter eine tolle Sicht über den Odenwald.

Blick vom Bergfried aus in nordöstliche Richtung.

B 15 Blick vom Bergfried aus in nordöstliche Richtung. In der Mitte des Bildes ist die während der Mainzer Zeit errichtete Sperrmauer gut zu erkennen. Sie teilt den einstmals großzügigen Burghof in zwei Teile.
© Claus Hanak

An den Seitenanfang ...

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -