Zisterzienserkloster Maulbronn - UNESCO-Weltkulturerbe

Hintergrund

Zeittafel

1138 und 1147/48
Ansiedlungsversuche des Konvents, zuerst in Mühlacker, später im Tal der Salzach

1148 und 1156
päpstliche und kaiserliche Schutzprivilegien für die Klostergründung

1147-1178
Bau und Weihe der romanischen Klosterkirche

12.-13. Jahrhundert
umfangreiche Baumaßnahmen zur Errichtung von Klausur, Kapitelsaal und Kreuzgang

Anfang 13. Jahrhundert
Bau des Paradieses (Vorhalle zur Kirche) und des Herrenrefektoriums (Speisesaal)

Anfang 14. Jahrhundert
Bau des West, Nord- und Ostflügels des Kreuzgangs und Bau des Kapitelsaals (Versammlungsraum)

1424
Umbau der Decke der Klosterkirche mit Netzgewölbe

1450
Einbau des Chorgestühls der Mönche in der Klosterkirche

1493
Umbau des Parlatoriums und Oratoriums (zweigeschossiger Bau zwischen Klausur und Herrenhaus)

1504
Eroberung und Besetzung des Klosters durch Herzog Ulrich von Württemberg

1534
Einführung der Reformation in Württemberg durch Herzog Ulrich von Württemberg

1536
Übersiedlung des Mönchskonvents in das Elsass

1556
Erlass einer Kirchenordnung durch Herzog Ulrich von Württemberg und Einrichtung einer evangelischen Klosterschule

1580
Ausbau des Fruchtkastens aus dem 13. Jahrhundert zum herzoglichen Fruchtspeicher

1588
Bau des herzoglichen Jagdschlosses im hinteren Klosterhof

1878
Errichtung des mehrschaligen Brunnens im Brunnenhaus (Ikone Maulbronns)

1891-1899
Umgestaltung des Klausurbereichs zur Harmonisierung des äußeren Erscheinungsbildes

1978
800-Jahresfeier zur Weihe der Klosterkirche

1993
Kloster Maulbronn wird UNESCO-Weltkulturerbestätte

2013
Kloster Maulbronn ist abgebildet auf 2-Euro-Gedenkmünzen von Baden-Württemberg

 

Die Geschichte des Zisterzienserklosters Maulbronn, seit 1993 UNESCO- Weltkulturerbe, reicht über 800 Jahre zurück. Die Ansiedlung des Konvents im Salzachtal erfolgte in den Jahren 1147/48, die Weihe der Klosterkirche 1178. In den folgenden zwei Jahrhunderten erbauten die Zisterziensermönche gemäß St. Gallener Idealplan die heute noch zu besichtigenden Gebäudeteile Klausur, Kreuzgang, Refektorien, Kirche und Klosterhof.

Die in das Tal der Salzach eingebettete, baulich erstaunlich gut erhaltene Klosteranlage weist die charakteristische Architektur des Zisterzienserordens auf. Die Kulturlandschaft verdankt ihr heutiges Erscheinungsbild maßgeblich den Rodungs-, Entwässerungs- und Landschaftsarbeiten der Mönche. Der tiefe See oberhalb des Klosters, heute Freibad, und der Wassergraben sind die sichtbarsten Überreste der hochentwickelten zisterziensischen Wasserwirtschaft aus dem 12. Jahrhundert, die eine intensive Fischzucht und damit die Einhaltung der zisterziensischen Essensvorschriften ermöglichten.

Der Maulbronner Orden bestand wie alle Zisterzienserorden aus Chorbrüdern und Laien. Diese beiden Gruppen übernahmen unterschiedliche Aufgaben innerhalb der Klostergemeinschaft. Den Mönchen waren die spirituellen Aufgaben vorbehalten, den Konversen die landwirtschaftlichen und handwerklichen Tätigkeiten. Die baulich getrennten Bet-, Schlaf- und Essbereiche bezeugen die praktizierte Binnendifferenzierung innerhalb der Ordensgemeinschaft.

Das Kloster Maulbronn erhielt durch Schenkungen und Arrondierungen umfangreichen Grundbesitz und wurde auch durch die Tüchtigkeit der Konversen zu einem reichen Kloster, dessen sich 1504 der württembergische Herzog Ulrich bemächtigte.

In Folge der Einführung der Reformation in Württemberg flohen nach 1534 die Mönche in das Elsass. Herzog Ulrich errichtete 1556 im oberen Klausurbereich eine evangelische Klosterschule, heute Evangelisches Seminar. Auf diese Weise werden seit über 450 Jahren die einstigen Räumlichkeiten der Mönche weitergenutzt. Literarischen Ruhm erlangte die Klosterschule durch ihren bekannten Klosterschüler Hermann Hesse und dessen autobiographischen Roman "Unterm Rad".

Der auch dem Weltkulturerbestatus von 1993 geschuldete Unterhalt der weiträumigen Klosteranlage wird vom Land Baden-Württemberg getragen. Doch auch der Bund finanzierte 2011 mit Fördermitteln für Weltkulturerbestätten als Teil eines Konjunkturprogramms in Zeiten der Weltwirtschaftskrise die Sanierung der aus zisterziensischer Zeit stammenden Trockenmauern im naheliegenden Weinberg.


Bedeutung

Das Kloster und die von ihm geprägte Kulturlandschaft zählen zum "Weltkulturerbe der Menschheit". Noch Ende der achtziger Jahre verweigerte die UNESCO dem Kloster Maulbronn den Weltkulturerbetitel. Erst als das Augenmerk auf die gut erhaltene Wasserbe- und Entsorgungsanlagen der Mönche gerichtet wurde, erfolgte 1993 die Titelverleihung "Weltkulturerbe". Eine weitere Bedeutung Maulbronns liegt darin, dass das Kloster nie für lange Zeit unbewohnt war: Auch in nachreformatorischer Zeit gab es eine kontinuierliche Weiternutzung des Klosterhauptgebäudes (Klausur) durch eine Klosterschule, heute das Evangelische Seminar Maulbronn, einem altsprachlichen Gymnasium mit Internat.
Im Kloster Maulbronn kann man den vergangenen Mikrokosmos eines religiös motivierten Gemeinschaftslebens, einer spirituellen Kultur, eines leistungsstarken Wirtschaftsbetriebs und einer praktizierten Krankenfürsorge exemplarisch studieren.

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -