Gernsbach - eine Stadt vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit

Bedeutung

Wenn die (spät)mittelalterliche Stadt im Unterricht und Schulbüchern thematisiert wird, werden als Beispiele - verfassungsrechtlich betrachtet - sehr häufig Freie und Reichsstädte (etwa Köln, Nürnberg oder Lübeck) bzw. - unter dem Aspekt der Einwohnerzahl - Großstädte (wie Köln, Nürnberg, Lübeck, Bremen, Augsburg, Straßburg, Ulm und Hamburg) oder Mittelstädte (wie Frankfurt a. M., Freiburg i. Br., Heidelberg, Lindau und Ravensburg) herangezogen. Bei den allermeisten deutschen Städten handelte es sich freilich um landesherrliche Städte bzw. um Kleinstädte. 1521 standen den 85 Freien und Reichstädten ca. 5000 landesherrliche Städte gegenüber, in zwei Dritteln der spätmittelalterlichen Städte waren weniger als 2000 Einwohner beheimatet, und insgesamt lebten in diesen Kleinstädten etwa zwei Drittel der städtischen Bevölkerung des Reiches.
Weiterhin ist anzumerken, dass es sich bei den landesherrlichen Städten um eine europäische Besonderheit, um ein Spezifikum der Verfassungs- und Herrschaftsstruktur des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation handelte.

Das im Nordschwarzwald im Murgtal von den Grafen von Eberstein gegründete Gernsbach (Lage: ca. 8 km östlich von Baden-Baden) repräsentiert in vielfacher Hinsicht den Typus der landesherrlichen Kleinstadt. Schülerinnen und Schülern aller Schultypen und Klassenstufen können bei einem Besuch der Gernsbacher Altstadt selbst entdecken, was vor mehr als einem halben Jahrtausend ein urbanes Zentrum ausmachte und sich in die Herrschaftsverhältnisse, die gesellschaftlichen Strukturen, das Wirtschaftsleben und den Alltag dieser Zeit hineinversetzen.

Wird auf eine Exkursion nach Gernsbach verzichtet, lassen sich auch anhand der beigefügten Arbeitsblätter AB 1 und AB 6 sowie der Textquellen T 1 und T 2 die Charakteristika mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Lebens in einer landesherrlichen Stadt am Beispiel Gernsbachs exemplarisch verwirklicht beobachten.

Gernsbacher Stadtmauer von Süden
Gernsbacher Stadtmauer von Süden
© Rainer Hennl

Hingewiesen sei noch darauf, dass Gernsbach eine gut dokumentierte Herrschafts-, Kirchen-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte aufweist und somit eine ganze Reihe von für Unterrichtszwecke nutzbare Originalquellen im Stadtarchiv Gernsbach und im Generallandesarchiv Karlsruhe zur Verfügung steht (vgl. Textquellen T 1 und T 2 ).

Nicht zuletzt sind die organisatorischen Rahmenbedingungen für einen Besuch des Lernorts Gernsbachs günstig: Die Stadt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus den Richtungen Rastatt, Freudenstadt, Herrenalb und Baden-Baden sehr gut erreichbar, und die Touristinformation Gernsbach bietet Informationsmaterial über die Geschichte Gernsbachs wie auch geführte Stadtrundgänge an (siehe Serviceteil ).

Eine Exkursion nach Gernsbach lässt sich mit einem Besuch des Flößermuseums Hörden (Museum "Haus Kast - Wasser, Holz und Leben"; siehe Serviceteil ) verbinden. Das Museum bietet im 1592 erbauten Wohnhaus des ehemaligen Hauptschiffers der Murgschifferschaft Hans Kast eine umfangreiche Dokumentation zur Waldwirtschaft und zur Flößerei, den Haupteinnahmequellen der Gernsbacher Bürgerschaft. Auch die Köhlerei, die Harzgewinnung, das Glashüttengewerbe und das Waidwerk des badischen Hofes werden thematisiert.

Haus des Murgschiffers Jakob Kast in Hörden (erbaut 1592), heute Flößermuseum
Haus des Murgschiffers Jakob Kast in Hörden (erbaut 1592), heute Flößermuseum
© Corinna Genter-Boccia / Das Bild ist von der Lizenz CC-BY 4.0 ausgenommen

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -