Der Tiefbunker am Feuerbacher Bahnhof - Luftschutzraum, Flüchtlingsunterkunft und Atombunker

Methodenvorschlag

2.1 Lernorterkundung

Der Verein Schutzbauten Stuttgart e.V. bietet regelmäßige Führungen in den sonst öffentlich nicht zugänglichen Bauwerken sowie eine eigene Ausstellung im Spitz- und Tiefbunker und in einer alten Unterführung am Bahnhof Stuttgart-Feuerbach an. Für Schulklassen gibt es nach vorheriger Absprache pädagogische Führungen im Tiefbunker Feuerbach.


2.2 Behandlung des Themas in der Schule

Didaktische Vor- und Nachbereitung einer Führung

Ein Besuch des Feuerbacher Tiefbunkers bietet sich zur Vertiefung verschiedener Themenkomplexen des Geschichtsunterrichts an:
1. Leben der Zivilbevölkerung während des Zweiten Weltkriegs (Sek I und II)
2. Nachkriegszeit und Flüchtlingsproblematik (Sek. I und II)
3. Kalter Krieg und atomare Bedrohung (Sek. II)

Da die Führung ihren Schwerpunkt auf die Vorstellung des historischen Ortes legt, sollte den Schülerinnen und Schülern bei allen genannten Themen der historische Kontext bekannt sein. Darüber hinaus kann die Beschäftigung mit dem Lernort sowohl auf analytische als auch in handlungsorientierter Weise vor- bzw. nachbereitet werden.

Zu 1. Leben der Zivilbevölkerung während des Zweiten Weltkriegs

Zeitzeugenberichte über Luftangriffe in Feuerbach
Mehrere Zeitzeugenberichte geben einen Eindruck davon, wie sich die Menschen im Fall eines Luftangriffes verhalten haben. Meist zeigt sich, dass der eigene Keller bzw. nahe gelegene Stollen der erste Anlaufpunkt waren ( T 1 , T 2 , T 3 ). Nach dem Besuch des Tiefbunkers kann anhand der Aussage "Bist im Bunker du, brennt dein Haus im Nu" über die Vor- bzw. Nachteile verschiedener Schutzräume reflektiert werden. Die existentielle Angst der Menschen bei einem Fliegerangriff und die möglichen tragischen Folgen einer Massenpanik verdeutlicht T 4 .

Gedankliche Simulation eines Bunkeraufenthaltes
Die Schülerinnen und Schüler können im Vorfeld des Bunkerbesuchs anhand des Szenarios eines Fliegerangriffs aufgefordert werden, ihre Gedanken und Gefühle niederzuschreiben, die Hoffnungen und Ängste, die sie mit ihrer Flucht in den Bunker verbinden, sowie – ganz konkret – was sie in den Bunker mitnehmen würden. Über die Ergebnisse kann dann nach der Führung vor dem Hintergrund des konkreten Erlebnisses reflektiert werden. Eine historische Vertiefung bzw. Überprüfung der Lösungen der Schülerinnen und Schüler kann auch über die Schilderung in D 1 (Möglichkeiten, Gepäck mit in den Bunker zu nehmen) erfolgen. Basis diese Textes ist zwar nicht die Situation in Feuerbach, die Erlebnisse sind aber – wenn auch regional verschieden – in ihrer Art sicherlich vergleichbar.

Zu 2. Nachkriegszeit und Flüchtlingsproblematik

Zeitzeugenberichte von Flüchtlingen
Leider liegen nur wenige Zeitzeugenberichte von Flüchtlingen, die nach dem Krieg im Tiefbunker untergebracht waren, vor. Viele ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner sind inzwischen verstorben. Die noch lebenden waren in den Nachkriegsjahren Kinder und können oder wollen sich nicht mehr an die Zeit im Bunker erinnern. Ein Geschwisterpaar schildert jedoch eindrücklich das Leben im Bunker. Dabei wird deutlich, dass die Wohn- und Lebensverhältnisse durchaus unterschiedlich wahrgenommen wurden bzw. erinnert werden. Die beiden Berichte eignen sich somit in besonderer Weise für eine multiperspektivische Betrachtung ( T 5 und T 6 ).

Berichte offizieller Stellen
Die Lebensverhältnisse der Bunkerinsassen mit all ihren Schwierigkeiten und Problemen werden auf beeindruckende Weise deutlich, wenn man Berichte des Lagerarztes, der die Bunkerbewohner monatlich untersuchte, liest ( T 7 ), beziehungsweise die weiterer städtischer Beauftragter ( T 8 ). Um Bezüge zu den Zeitzeugenberichten zu ermöglichen, entstammen diese Quellen dem Zeitraum, in dem die beiden Geschwister im Feuerbacher Tiefbunker untergebracht waren.

Alle Quellen können sowohl zur Vorbereitung als auch zur Nachbereitung des Bunkerbesuchs eingesetzt werden.

Zu 3. Kalter Krieg und atomare Bedrohung

Funktion und Technik eines Atomschutzbunkers
Ein Bunkerbesuch unter diesem Schwerpunkt ist für die Sekundarstufe II zu empfehlen, da bereits eine vertiefte Beschäftigung mit dem Thema „Kalter Krieg“ stattgefunden haben sollte. Ideal wäre auch eine vorangegangene Auseinandersetzung mit Funktion und Wirkungsweise der Atombombe. Vorbereitend auf die Exkursion könnte der amerikanische Zivilverteidigungsfilm für Kinder „Duck and cover“ angeschaut werden ( kostenloser Download), dessen Aussageabsicht man vor dem Hintergrund des Bunkerbesuchs reflektieren und der im Bunker vorhandenen Technik der 1970er-Jahre gegenüberstellen kann. Eine ausführliche Darstellung der Luftschutztechnik im Bunker findet sich hier.

Abschließend könnten sich die Schülerinnen und Schüler mit der Frage auseinandersetzen, ob Schutzbauten heute nicht mehr notwendig sind. Hintergrund für diese Frage ist die Tatsache, dass 2007 alle Schutzbauwerke in Deutschland aus der Zivilschutzbindung genommen wurden. Begründet wurde diese Maßnahme mit dem Argument, dass Kriege, für die diese Bauwerke gebaut wurden, in dieser Form nicht mehr stattfinden werden.

Unabhängig davon, für welchen Schwerpunkt man sich entscheidet, ist der Besuch des Feuerbacher Tiefbunkers aufgrund der Authentizität des historischen Ortes ein beeindruckendes Erlebnis für Schülerinnen und Schüler.

 

 

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -