Methodenvorschlag

Behandlung des Themas in der Schule

Gerade beim Themenkomplex Industrialisierung und Soziale Frage sollte im Geschichtsunterricht wenn möglich eine Exkursion zum TECHNOSEUM und eine Führung durch die Dauerausstellung durchgeführt werden. Die besonderen Eindrücke und das Erlebnis der Maschinen im Betrieb lassen sich nur schwer im Unterricht in der Schule vermitteln.

Wer mit seiner Klasse aus organisatorischen Gründen das TECHNOSEUM nicht besuchen kann, sich aber trotzdem im Unterricht intensiver mit dem Themenkomplex Industrialisierung und Soziale Frage beschäftigen möchte, dem sei das in 3.4 aufgeführte Arbeitsmaterial empfohlen, das auf einer Untersuchung von Friedrich Wörishoffer basiert. Das Buch hat den Titel: "Die sociale Lage der Fabrikarbeiter in Mannheim und dessen nächster Umgebung" und ist 1891 in Karlsruhe erschienen.

Das Besondere an diesem Werk ist, dass der Autor es im Auftrag des "Großherzoglichen Ministeriums des Innern" geschrieben hat. Wörishoffer war Oberregierungsrat und Vorstand der Großherzoglichen badischen Fabrikinspektion. Er wurde am 16. Mai 1839 im hessischen Langenselbold geboren und studierte ab 1855 Ingenieurwissenschaften an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Nach seinem Staatsexamen trat er 1859 in den badischen Eisenbahndienst ein. Von 1876-1879 war er als Bezirksingenieur in Waldshut tätig. Am 27. März 1879 übernimmt Wörishoffer das neu errichtete Amt eines Fabrikinspektors im Handelsministerium, das er bis kurz vor seinem Tod am 18.Juli.1902 ausübte.

In den mehr als zwei Jahrzehnten seiner Tätigkeit wurde Wörishoffer zu einem Wegbereiter der Gewerbeaufsicht und zu einem der besten Kenner der Arbeiterfrage. Unter seiner Leitung wurde die badische Fabrikinspektion zum Vorbild für die Fabrikaufsicht in Deutschland.

Neben seinen Jahresberichten über die badische Fabrikinspektion veröffentlichte er 1890 eine größere Monographie über "Die sociale Lage der Cigarrenarbeiter im Großherzogtum Baden" und 1891 seine Untersuchung über die Fabrikarbeiter in Mannheim.

In dieser umfangreichen Schrift legte er eine detaillierte Beschreibung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Fabrikarbeiter am Ende des 19. Jahrhunderts in Mannheim vor. Damit ist dieses Buch ein seltenes Beispiel einer "amtlichen Erforschung der Arbeiterverhältnisse in Deutschland", das offenbar auch in der Arbeiterbewegung aufmerksam gelesen wurde. In der Deutschen Metallarbeiter-Zeitung erschien schon kurz nach der Veröffentlichung eine aufschlussreiche Rezension. Dort wird Wörishoffers Darstellung einerseits als "wertvoller Beitrag zur Kenntnis der Arbeiterverhältnisse" bezeichnet, andererseits wird aber beklagt, dass er "völlig in kapitalistischen Anschauungen befangen" sei.

Gerade dieser offenkundige Zwiespalt macht dieses Buch zu einer wertvollen Quelle für die Erforschung der "Sozialen Frage" am Beispiel der Stadt Mannheim.

Ein Exemplar der Originalausgabe von 1891 befindet sich unter der Signatur Q 184 / 929 in der Bibliothek des Technoseums und kann dort ausgeliehen werden.

Das vollständige Buch ist aber auch als Faksimile über die digitale Bibliothek des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte online abrufbar: Internetadresse

Kursstufe

Der freie Zugang im Internet macht die Arbeit mit dem Buch auch ohne großen Kopieraufwand im Unterricht der Kursstufe möglich. Die Schülerinnen und Schüler können entweder gemeinsam im Computerraum oder zu Hause am PC mit dem Buch arbeiten. Natürlich lässt sich das umfangreiche Werk im Unterricht nur in Auszügen verwenden. Mit Hilfe des Inhaltsverzeichnisses sollen die Schülerinnen und Schüler deshalb einzelne Kapitel oder Abschnitte nach ihren Interessen auswählen und dann mit den Arbeitsaufträgen eigenständig bearbeiten. Bei Bedarf können ausgewählte Kapitel auch als Kopien ausgegeben werden. Dazu findet sich in den Arbeitsblättern auch das Faksimile von Kapitel IIC über die Arbeitsstätten als kopierbares PDF-Dokument.
Bei eventuellen Leseschwierigkeiten mit dem Originaltext besteht auch die Möglichkeit, ausgewählte Stellen in ein modernes Schriftbild zu transkribieren. Dazu ist hier ein Auszug aus Kapitel II C über "Die gesundheitsschädigenden Einwirkungen und ihre Bekämpfung" angefügt.

Sekundarstufe 1

Für die Sekundarstufe 1 wurden einige kurze Passagen zu den Bereichen Geschichte der Mannheimer Industrie, Kinder- und Frauenarbeit, Arbeitszeit, Lohnentwicklung, Wohnverhältnisse und Arbeitervereine ausgewählt. Zur besseren Lesbarkeit wurden die Textauszüge in die heutige Schrift übertragen, die originale Rechtschreibung wurde mit Rücksicht auf die Authentizität aber unverändert übernommen. Mit Hilfe dieser zeitgenössischen Textauszüge lässt sich exemplarisch ein Einblick in die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Fabrikarbeiter in Mannheim gewinnen. Daran anschließend sollten im Unterricht die verschiedenen Lösungsvorschläge zur Sozialen Frage behandelt werden.

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe -