Justinus Kerner (links, mit Gustav Schwab und Ludwig Uhland) schuf mit seinem Gedicht "Der reichste Fürst" die Landeshymne für Württemberg © www.lmz-bw.de
Unweit des Stuttgarter Planetariums, gleich neben dem Landespavillon steht die Eberhardsgruppe, ein Denkmal, mit dem heute auf Anhieb nur wenige etwas anfangen können. Es ist wohl eines der wenigen Denkmäler, das nach einem Gedicht gestaltet worden ist, der württembergischen Landeshymne "Der reichste Fürst"von Justinus Kerner. Graf Eberhard wird darin als der reichste Fürst gefeiert, weil er sein "Haupt kann kühnlich legen jedem Untertan in Schoß". In Denkmal und Gedicht wird ein Herrscherbild gezeigt, das Anlass zum Nachdenken gibt. Heute besteht die Gefahr, dass das gründlich missverstanden wird. Zu Kerners Zeiten und als das Denkmal eingeweiht wurde, hatte man die Botschaft anders gedeutet. Nicht dümmlicher Untertanentreue und Arroganz fürstlicher Selbstsicherheit wird hier das Wort geredet, sondern ein Staatswesen als Utopie formuliert, in dem Vertrauen und Verlässlichkeit herrscht. Das Gedicht wurde während des württembergischen Verfassungskampfes verfasst. Dass das Lied so populär wurde, hat mit der württembergischen Verfassungsgeschichte und dem Selbstverständnis der Württemberger zu tun. So war es in Württemberg seit dem Münsinger Vertrag von 1482 und dem Tübinger Vertrag von 1514 Tradition, dass verfassungsrechtliche Grundlagen mit den Vertretern der Stände ausgehandelt und nicht vom Fürsten im Alleingang festgesetzt wurden. Der Tübinger Vertrag galt als eine Art Grundgesetz für das Herzogtum. So waren die württembergischen Herzöge immer auf die Mitwirkung der Stände angewiesen, z. B. bei der Festsetzung neuer Steuern. Auch hatten die württembergischen Untertanen persönliche Freiheitsrechte wie das Recht des "freien Zugs". Deshalb konnte der Absolutismus in Württemberg nie ganz durchgesetzt werden. 1805 versuchte König Friedrich nach der Erhebung des Landes zum Königreich, die alten ständischen Rechte auszuhebeln. Nach dem Ende der Ära Napoleon sollte das Land eine neue von ihm aufoktroyierte Verfassung bekommen. Das aber wollten die Ständevertreter verhindern. Sie forderten die Wiederherstellung des "alten guten Rechts". Die Eberhardsgruppe macht den Hintergrund des Verfassungskampfes in Württemberg 1805 bis 1819 anschaulich. Bei der Behandlung von Vormärz und Revolution 1848/49 kann genau hier angesetzt werden. Denn die in diesem Motiv gestaltete Utopie eines Staatswesens, "das keine Gewalt provoziert" (Martin Walser), prägte die Vorstellungen des Bürgertums in Vormärz und Revolution. Die Wiener Bundesakte forderte Verfassungen für die deutschen Länder und in den süddeutschen Staaten wurden sie auch bald in Kraft gesetzt. Wie das in Württemberg geschehen ist, ist aber eine Besonderheit. Anders als in Baden, wo die Verfassung vom Herrscher erlassen wurde, beanspruchte der Landtag in Württemberg ein Mitspracherecht und nach guter württembergischer Tradition handelten Ständevertreter und König gemeinsam die Verfassung aus, schlossen einen Vertrag miteinander. Dies kann als eine der Wurzeln der Demokratie im Südwesten betrachtet werden und die Eberhardsgruppe im Stuttgarter Schlossgarten veranschaulicht dies sinnfällig.
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