Hintergrundinformationen
1. Bedeutung
Mitte des vorletzten Jahrhunderts galt Baden zu Recht als
Hochburg des deutschen Liberalismus. Der Erfolg der Februar-Revolution in
Frankreich nährte das revolutionäre Klima im Südwesten. Auch in Freiburg
sammelte sich bis zum Frühjahr 1848 eine immer größere Anhängerschaft
radikal-demokratischer Ideen. Ziele der Bewegung waren eine demokratische
Republik, Pressefreiheit und das Recht auf Arbeit und Bildung für alle.
Im vorbereitenden Unterricht lässt sich das Thema "1848" gut mit den Bereichen
"Demokratische Traditionen" bzw. "Demokratie und Diktatur in Deutschland"
verbinden, in denen die Schüler mit Hilfe der Leitfrage "Wie entstehen
demokratische bzw. totalitäre Strukturen?" erkennen, dass die demokratische
Grundordnung Deutschlands historisch gewachsen ist. Sie können die Entwicklung
der demokratischen Errungenschaften nachvollziehen, sehen aber auch
Schwierigkeiten und Gefahren beim Aufbau und Erhalt demokratischer Strukturen.
Somit ist die Revolution von 1848/49 zwar als gescheiterter Versuch der
nationalen Einigung und politischen Emanzipation des Bürgertums zu verstehen,
aber auf der anderen Seite ist ihre Vorbildfunktion und Gegenwartsbedeutung für
die Entwicklung der deutschen Demokratie erkennbar.
Wahlzettel für die Freiburger Wahlen zur Nationalversammlung
© LMZ 498449
2. Geschichte
Sprachrohr der Freiburger Demokraten war die "Bürgerliche Lesegesellschaft
Harmonie", die sich in eigenen Räumen in der Grünwälderstraße zu
Zusammenkünften traf.
Mit ihren radikaldemokratischen Forderungen am 29. Februar 1848 machten
sie den Auftakt zum revolutionären Frühling in Freiburg.
Carl von Rotteck, Stahlstich 1846
© LMZ 498268
Auch in der Universität mit ihren Gelehrten und Studenten entwickelten sich freiheitliche Ideen. Anfang März 1848 formierte sich das "Akademische Corps" als Teil der Bürgerwehr, Turnvereine und Arbeitergesangvereine bildeten eine Freischar. Der Freiburger Professor Karl von Rotteck (1775-1840) galt als der Vorreiter des süddeutschen Parlamentarismus und kämpfte schon früh gegen Zensur und Staatswillkür. Sein gleichnamiger Sohn setzte die liberalen Ideen in die Tat um: Er war maßgeblich an dem revolutionären Aufstand im Frühjahr 1848 beteiligt, wurde 1849 provisorischer Direktor des Oberrhein-Kreises, musste aber schließlich nach der Niederschlagung des Aufstands in die Schweiz und nach Frankreich fliehen. 1850 emigrierte er in die USA und betätigte sich auch dort politisch.
Titelseite (Ausschnitt) der Zeitung "Der Freisinnige"
© LMZ 981978
Bereits am 11.06.1832 forderten Carl von Rotteck und Karl Theodor Welcker in der Zeitung "Der Freisinnige" mit Blick auf England die deutsche Einheit und bürgerliche Mitbestimmungsrechte.
Amalie Struve, zusammen mit Georg Böhning und Friedrich Hecker, Handzeichnung
1848
© LMZ 498335
Bei den Protesten 1848/49 traten auch die Frauen aktiv an die Seite der
Revolutionäre - z. B. Amalie Struve und Emma Herwegh. Es wird berichtet, in
Freiburg habe es bei der so genannten "Reichsverfassungskampagne" 1849 einen
geheimen Bund von Frauen gegeben, der die badischen Soldaten zur Republik und
zum Kommunismus bekehren wollte. Der Wille zur politischen Partizipation trat
erstmals bei Frauen aus allen Schichten in Erscheinung.
Die Rolle Freiburgs in der Badischen Revolution wird immer wieder mit
ihrem Scheitern in Verbindung gebracht. Den Freiburger Republikanern war es
nicht gelungen, dem Revolutionszug Friedrich Heckers Unterstützung zu leisten,
da Regierungstruppen die Stadt eingeschlossen hatten und am 24. April 1848,
dem sogenannten "Blut-Ostern" die letzte Barrikade am Schwabentor
stürmten. Die Freischärler waren zum größten Teil nur mit Sensen bewaffnet und
standen der militärischen Großmacht der "Preußen" chancenlos gegenüber ( B
6
|
|
Nach den blutigen Ostertagen 1848 wurde Freiburg besetzt, die siegreichen
Bundestruppen feierten mit Paraden auf dem Karlsplatz, das Kriegsrecht wurde
verkündet und aufständische Barrikadenkämpfer verfolgt. Auch das erneute
Aufflackern des Aufstandes Ende September 1848 beim Struve-Putsch in Staufen
brachte keine Wende.
Schon der gescheiterte Hecker-Zug hatte die Risse in der liberalen Bewegung
aufgezeigt. Der Konsens zerbrach an der Frage der Gewalt als Mittel zur
Durchsetzung demokratischer Ideen. Der Schwung und die Begeisterung, für
Freiheit und Gleichheit zu kämpfen, hatte drastisch nachgelassen: waren bei der
Vollversammlung auf dem Münsterplatz am 26. März noch 25.000 Menschen anwesend,
so kamen zu einer Versammlung am Karsamstag 1848 nur noch 2.000 Bürger.
Offenkundig zeigte sich die Polarisierung der liberalen Kräfte dann Anfang
des Jahres 1849: Karl von Rotteck jun. gründete den Volksverein, der
sich für die in der Frankfurter Nationalversammlung entworfene Reichsverfassung
einsetzte. Sein Cousin Joseph von Rotteck hingegen engagierte sich bei der
Neugründung des regierungstreuen Vaterländischen Vereins. Als schließlich die
Reichsverfassung aufgrund der Ablehnung des preußischen Königs nicht zur
Anwendung kam, sammelte sich erneut eine breite Protestbewegung im Südwesten.
Die letzte Phase der Revolution begann.
Schließlich schlugen sich Teile der badischen Soldaten auf die Seite der
Revolutionäre. Am 10. Mai 1849 leitete Karl von Rotteck jun. eine
Versammlung der Freiburger Garnison auf dem Kanonenplatz. Sie beschloss, nicht
mehr auf das Volk zu schießen und die Offiziere künftig selbst wählen zu
wollen. In Rastatt, Lörrach, Bruchsal und anderen Städten rebellierten die
Soldaten offen. Auch in Freiburg gelang es den Revolutionären vorübergehend,
die politische Macht zu erringen: Karl von Rotteck jun. wurde provisorischer
Direktor des Oberrheinkreises, der regierungstreue Oberbürgermeister Joseph von
Rotteck wurde abgesetzt ( B
8
12.05.1849: Forderungen des Landeskongresses der badischen Volksvereine in
Offenburg an die großherzogliche Regierung, (
B
9
14.05.1849: Aufruf des Gemeinderats zur Verteidigung der Verfassung).
Auch in Karlsruhe wurde am 1. Juni 1849 eine provisorische Regierung
gebildet. Drei Tage später fand die erste demokratische Wahl in Baden statt,
bei der alle Männer ab 21 Jahren teilnehmen durften.
Der Freiburger Gemeinderat rief zur Spendenunterstützung für den Kampf um die
badische Republik ( B
10 ),
zur Mobilmachung ( B
11 )
und schließlich zum Kampf um die Republik auf.
01.07.1849 Aufruf zum Kampf um die Republik
© LMZ 982000
Doch auch diese letzten großen Erfolge und Hoffnungen der Revolutionäre
zerschlug die Preußische Militärmacht innerhalb weniger Wochen. Freiburg war
seit dem 7. Juli wieder in der Hand der preußischen Truppen, die Festung
Rastatt fiel am 23. Juli 1849.
Die Preußen und die großherzogliche Regierung verhängten Kriegs- und Standrecht
und wieder wurden Anhänger der Revolution gnadenlos verfolgt und bestraft.
Erinnerungsbild an Friedrich Neff,
Lithographie 2. H. 19. Jh.
© LMZ 498983
Das in Freiburg eingerichtete Standgericht sprach drei Todesurteile aus, die im
Juli und August 1849 vollstreckt wurden. Auf dem Alten Wiehre-Friedhof
wurden Max Dortu aus Potsdam, Friedrich Neff aus Rümmingen ( B
14
Abschiedsbrief an seine Mutter,
B
15
Stickbild zur Erinnerung an Friedrich Neff) und Gebhard Kromer aus
Bombach als Landesverräter erschossen. Dortus Eltern ließen später über dem
Grab des Sohnes das noch bestehende Mausoleum errichten. Insgesamt sind 80.000
Verfolgte, ein Fünftel der badischen Bevölkerung, nach der Revolution
ausgewandert.
3. Anlage
Plan zur Erstürmung der Stadt Freiburg am 24.4.1848
© LMZ 972362
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -