Bedeutung
Die Beschäftigung mit dem Thema der Holzsparkunst, wie sich Heinrich Schickhardt mit ihr auseinandersetzte, ist in mehrfacher Hinsicht unterrichtsrelevant:
- Die SchülerInnen erhalten über das Thema des Energiesparens Einblick in den technischen Stand der Zeit um 1600 und die Bedeutung, die Heinrich Schickhardt in diesem Umfeld zukommt. Die Holzsparkunst war bereits vor Schickhardt Gegenstand technischer Überlegungen und Experimente. Er griff das Vorgefundene auf, setzte sich damit kritisch auseinander und realisierte es schließlich in der für das Herzogtum Württemberg angemessenen Form. Dies gilt über die Holzsparkunst hinaus für sein gesamtes technisches Werk. Damit lassen sich an dem den SchülerInnen leicht zugänglichen Thema des Energiesparens Grundlegendes seiner Arbeitsweise sowie der Techniktransfer als ein besonderer Aspekt der Technikgeschichte aufzeigen:
Durch das Weiterbauen auf dem vorhandenen Fundament stellte sich Schickhardt ganz pragmatisch in die Tradition der qualifizierten technischen Spezialisten, die es schon seit dem späten Mittelalter in Europa vielerorts gab. Seine große Leistung liegt also nicht auf der Ebene des Innovativen, dem oftmals gar keine Realisierung folgte, sondern das, was er uns in seinen zahlreichen technischen Zeichnungen, Erläuterungen und Gutachten überliefert hat, war die Grundlage für die praktische Umsetzung dieser Überlegungen im Dienste von vier württembergischen Herzögen, deren Territorium er mit der Spitzentechnik seiner Zeit ausstattete. Darum besteht auch die reiche Überlieferung von seiner Hand aus einer Vielzahl von Einzelzeugnissen seiner praktischen Arbeit und nicht, wie es zu seiner Zeit häufig üblich war, aus kunstvollen Publikationen von technischen Entwürfen - ohne die Erfahrung praktischer Umsetzung -, mit denen der Erfinder auf der Suche nach einem Auftraggeber auf sich aufmerksam machen wollte. Werbung brauchte Heinrich Schickhardt nicht zu machen, da sein für die damalige Zeit einzigartiges lebenslanges Betätigungsfeld durch die enge persönliche Bindung vor allem an Herzog Friedrich I. und durch seine Funktion als württembergischer Landesbaumeister unter dessen Nachfolgern gesichert war.
Warmwasseranlage in der Gesinde- und Herrenküche des Stuttgarter Schlosses. Schickhardt fertigte seine Zeichnung 1633 anlässlich einer notwendig gewordenen Reparatur an; durch langen Gebrauch waren in der Anlage Sprünge entstanden. Großen Wert legte er auf den Bolzen (C ) am Ende des Rohres, der jedes Vierteljahr zur Reinigung des Rohres vom Wasserstein herausgezogen werden musste. Schickhardt erteilte der Anlage ein hohes Lob: es sei "ein treflich nützliche kunst". © Landesarchiv BW (HStA Stuttgart): N 220 T 14-1 - Die SchülerInnen erkennen am Beispiel des Energieträgers Holz Maßnahmen und widerstreitende Interessen beim Umgang mit einem Energieträger. Sie können von diesen für sie überschaubaren und nachvollziehbaren Vorgängen wenigstens ansatzweise den Transfer zum weitaus komplexeren Umgang mit anderen Energieträgern heute herstellen.
- Die SchülerInnen machen sich bewusst, dass das heute so aktuelle Thema des Energiesparens eine lange Vorgeschichte hat.
Das späte Mittelalter und die frühe Neuzeit kannten bereits für Holz - den Energieträger schlechthin in dieser Zeit - die uns heute generell geläufigen Themen
der Sparsamkeit und Effizienz im Umgang mit Energie;
der Erneuerbarkeit von Energieträgern;
der Suche nach einem Energiemix, soweit dieser schon in einer Zeit realisierbar war, die sich gerade erst mit der Bedeutung fossiler Energieträger zu beschäftigen begann. - Damit ist das Thema der Holzsparkunst für die Aktualisierung im Geschichtsunterricht ebenso geeignet wie für das fächerverbindende Arbeiten und zwar in der Kombination von Geschichte mit Geografie bzw. den geografischen Komponenten in den schulartspezifischen Fächerverbünden, denn dort sind vorrangig Fragen zum Umgang mit Energie angesiedelt.
Anlage zur Erwärmung von Badewasser, 1634. Die Anlage zeigt den frühen Versuch eines Energiemix; sie konnte mit Holz, Torf oder Steinkohle betrieben werden. Zwar war sie primär für den Einsatz in Heilbädern und privaten Haushalten gedacht, doch fügte Schickhardt hinzu, dass sie auch für das Handwerk, besonders für Färber, Garnsieder und Metzger, geeignet sei. Für sie empfahl er zur Ersparnis von Holz vor allem Torf als Brennstoff, da die Geruchsbelästigung beim Torfverbrennen, auf die von Schickhardts Kritikern immer wieder hingewiesen wurde, hier keine große Rolle spielte.
© Landesarchiv BW (HStA Stuttgart): N 220 T 19-1