Materialien und Medien

Arbeitsmaterialien und Lernorterkundung


I. Die Arbeitsmaterialien


Sie bestehen aus einem darstellenden Text sowie aus Text- und Bildquellen, im Folgenden als D, T und B bezeichnet, und sind jeweils durchnummeriert. Obwohl Schickhardt zu seinen technischen Zeichnungen oft recht umfangreiche Erläuterungen und Stellungnahmen hinzugefügt hat, werden sie in den Materialien als Bildquellen geführt, denn das zeichnerische Element überwiegt.


Schickhardts Ordnungsbegriff ( D 1 )
Der Text des Kunsthistorikers Ehrenfried Kluckert (1992) bezieht sich auf Äußerungen Schickhardts über den Stadtbrand von Schiltach ( T 1 ) und ist für SII bestimmt.

Zum Umgang mit dem Text:
Im quellenkritischen Vorgehen erarbeiten die SchülerInnen durch den Vergleich der beiden Materialien D 1 und T 1, dass Kluckerts Deutung eine Überinterpretation der Originalquelle darstellt, indem er Schickhardt einen auf das Soziale ausgerichteten Ordnungsbegriff unterstellt, den der Baumeister angeblich durch seine Planungen realisieren wollte ("...seine Gedanken kreisen um die Nöte und Sorgen der Einwohner. Auf welche Weise kann ihnen schnellstens geholfen werden?").

Schnelle Hilfe geschah aber nicht durch soziale Ideen des Landbaumeisters, sondern durch Spenden und war Aufgabe des Herzogs. In keinem der Berichte Schickhardts über Stadtbrände, auch nicht in T 1 und T 2, wird Ordnung in sozialem Zusammenhang erwähnt. Und aus der Aussage, es sei in Schiltach keiner durch den Brand ärmer geworden, kann ebenfalls kein sozialer Aspekt dieser Art herausgedeutet werden, da eine Brandsteuer ausgeschrieben worden war, die anteilmäßig an die Betroffenen verteilt wurde. Ordnung ist vielmehr formal zu verstehen als Umsetzung von Bauordnungen. Dass damit die Lebensqualität in der wieder aufgebauten Stadt verbessert wurde, ist selbstverständlich und setzt kein soziales Konzept voraus.

Schickhardt über den Brand von Schiltach ( T 1 )
Schickhardts Bericht über den Brand und Wiederaufbau von Schiltach ist für SI und SII geeignet - für SI wegen seiner Anschaulichkeit, für SII als Grundlage für die quellenkritische Arbeit (vgl. D 1 ).

Im Text zu beachten sind folgende Aspekte:

  • Das Ausmaß des Schadens;
  • kein Augenzeugenbericht; der Brand liegt einige Tage zurück (aber nicht länger, da von typischen Soforthilfemaßnahmen des Herzogs gesprochen wird);
  • die Realisierung der landesväterlichen Fürsorge des Herzogs, die gern angenommen wird;
  • der Auftrag an den Landbaumeister und seinen Werkmeister, was eine distanzierte Reaktion der Betroffenen auslöst;
  • die Realisierung des Aufbaus und deren Folgen.

Schickhardt über den Brand von Oppenau ( T 2 )
Gemessen am Schiltacher Bericht gibt Schickhardt für Oppenau nur sehr knappe Hinweise, die sich auf seine Aufgaben konzentrieren. Für SII ist die Quelle insofern interessant, als darin der formale Ordnungsbegriff (vgl. D 1 ) bestätigt wird.

Schickhardt über die Brände von Vaihingen/Enz ( T 3 )
Der Bericht Schickhardts über die beiden Vaihinger Stadtbrände von 1617 und 1618 wird als Ergänzung unter die Materialien aufgenommen, um den SchülerInnen wenigstens andeutungsweise die Häufigkeit und das Ausmaß von Stadtbränden vorzustellen. Dabei sollte ihnen bewusst gemacht werden, dass es sich um Brände handelte, die nicht kriegerischen Ursprungs waren, sondern durch den unvorsichtigen Umgang mit Feuer und offenem Licht oder durch Blitzschlag ausgelöst wurden. Gehäuft traten Brände zusätzlich in Kriegszeiten auf - so brannte z. B. Vaihingen 1693 nochmals im Zusammenhang mit den Kriegen Ludwigs XIV. ab.

Oppenauer Wappenscheibe von 1617

Oppenauer Wappenscheibe von 1617
Das Wappen von Oppenau, eine mit einer Mauer umschlossene Stadt, ist zweimal dargestellt: im eigenen Wappenschild zu Füßen des Bären, der als Schildhalter und Fahnenträger dient, und auf der Fahne (links) neben dem Wappen der Amtsstadt Oberkirch. Das Motiv der umfriedeten Stadt findet sich häufiger in Wappen von Orten, die wie Oppenau an einer Handelsstraße liegen.
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)

Die Inschrift der Oppenauer Wappenscheibe ( T 4 )
Im Gegensatz zu den Texten aus dem Inventarium Schickhardts (T1-3) liegt hier ein knapper Hinweis in der Form einer Inschrift vor. Die Kürze des Textes erlaubt es, ihn in der Sprachform des 17. Jh. wieder zu geben. Durch das Bemühen um die Entzifferung der altertümlichen Formulierungen wird ihm von den SchülerInnen besondere Aufmerksamkeit gewidmet, so dass er Neugier weckt und als Einführung zu den weiteren vorliegenden Materialien zum Oppenauer Standbrand dient: der Planzeichnung Schickhardts und den Bildern des Stadtrundgangs.
Sollten beim Entziffern doch Schwierigkeiten entstehen, wird hier die folgende Übertragung mitgeliefert:

Als gezählt wurde nach der Geburt Christi
Der Dreißigste im Monat August
[Im] Jahr 1615
Da war Oppenau in höchster Gefahr
Durch eine entstandene schreckliche Feuersbrunst
Es war alles Löschen umsonst
Das ganze Städtlein ist abgebrannt
Nicht ein Haus ist aufrecht [stehen] geblieben
Nicht einmal dieses Rathaus

(Übertragung nach dem Originalzitat in: H. G. Huber, Oppenau. In: Lorenz/Setzler 1999, 240)


Rathaus/Marktplatz von Schiltach ( B 1)
Schiltach, Rathaus und Abzweigung der Rottweiler Straße vom Marktplatz. Da der Wiederaufbau der Stadt am alten Platz erfolgen sollte, blieb für Planungen wenig Spielraum. An einen regelmäßigen Grundriss im Stil der Renaissance war nicht zu denken, da auf dem unebenen Untergrund (Schräge des Anstiegs zum Schlossberg) und innerhalb der unregelmäßig verlaufenden Stadtmauer weitergebaut werden musste. Die geschwungene Führung der Rottweiler Straße mit den giebelständigen Fachwerkhäusern war ein ästhetisch befriedigender Lösungsversuch. Das Rathaus wurde von seiner ursprünglichen Stelle weg nun als Blickfang in den Marktplatz integriert.


Rathaus/Marktplatz von Schiltach

Rathaus/Marktplatz von Schiltach (B 1)
© LMZ-BW (Geißler)

Schickhardts Wiederaufbauplan für Oppenau ( B 2 )
Die Hauptstraße, die das Rückgrat der Stadt bildet und deren Verlauf Schickhardt beibehalten hatte, verläuft von SW nach NO - vom Unteren oder Straßburger Tor (auf dem Plan links, 1853 abgerissen) zum Oberen oder Schwabentor (auf dem Plan rechts). Sie hatte ursprünglich eine Länge von 210 m und wurde im späten 18. Jh. durch die Verlegung des Oberen Tores nach außen auf 270 m verlängert. Dieser kleine ehemals ummauerte Bereich bildet bis heute das sog. Städtle (ein eigenständiger, unser Thema nicht betreffender Raum ist der angrenzende Ortsteil Dörfle).

Schickhardt legte zur Hauptstraße parallel je eine weitere Straße an, nordwestlich der Hauptstraße die heutige Waldstraße, auf der Gegenseite die Bachstraße. Senkrecht dazu liegen dazwischen die Brandgassen von unterschiedlicher Breite. Sie sollten einerseits den Zugang zum Brandherd erleichtern und andererseits das Übergreifen des Feuers auf Nachbarhäuser verhindern helfen. Nachweislich haben sich noch bei zwei Großbränden im 19. Jh. diese von Schickhardt angelegten Brandgassen bewährt.

Schickhardts Wiederaufbauplan von Oppenau

Schickhardts Wiederaufbauplan von Oppenau (B 2)
© HStA Stuttgart N 220 A04402


Blick durch das Straßensystem von Oppenau

Blick durch das Straßensystem von Oppenau
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)


Stadtrundgang Oppenau - auf Schickhardts Spuren (B 3)
Das Bildangebot des Stadtrundgangs hat eine Doppelfunktion: Für die Lernorterkundung dient es als Orientierungshilfe und Anregung für die eigene umfassendere Fotodokumentation sowie die Erstellung eines Geschichtslehrpfads durch Oppenau (vgl. Methodenvorschlag 3 und 4). Für die Arbeit im Klassenzimmer bildet es die Grundlage der Konkretisierung von Schickhardts Wiederaufbauplan ( B 2 ).

Hauptstraße mit Blickrichtung zum Oberen oder Schwabentor ( B 3a )
Das Straßenbild zeigt noch heute die Umsetzung von Schickhardts Plan: Der Betrachter steht auf der Höhe des ehemaligen Amtshauses (rotes Gebäude links), das Schickhardt im linken Drittel des Plans eingezeichnet hatte, und schaut in Richtung NO zum Oberen Tor. Dieses wurde allerdings im 18.Jh. bei einer Stadterweiterung etwa 60m nach außen versetzt, so dass die Straße jetzt länger ist als zu Schickhardts Zeit. Die linke Straßenseite wies von Anfang an große Gebäude bis zu 4 Stockwerken Höhe auf, so das Amtshaus, später Gasthof Ochsen, und den Gasthof Sonne (höchster Giebel Richtung Oberes Tor). Beide Gebäude sind giebelständig, wie es Schickhardt vorgesehen hatte. Dazwischen steht deutlich erkennbar traufständig mit Dachgauben der Gasthof Krone, der 1848 abbrannte und dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend neu gebaut wurde. Auf der rechten Straßenseite sieht man eine geschlossene Front von giebelständigen Häusern, deutlich niedriger, vielleicht damit sie den repräsentativen Bauten gegenüber nicht das Sonnenlicht wegnehmen sollten, das über ihre Dächer hinweg in die relativ enge Straße einfällt.


Hauptstraße mit Blickrichtung zum Oberen oder Schwabentor

Hauptstraße mit Blickrichtung zum Oberen oder Schwabentor (B 3a)
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)

Hauptstraße und Blick zum ehemaligen Unteren oder Straßburger Tor ( B 3b )
Der Betrachter steht auf der Höhe des Gasthauses Sonne und schaut in südwestlicher Richtung. Das Untere Tor hatte vor dem großen Gebäude am Ende der Straße gestanden.

Hauptstraße und Blick zum ehemaligen Unteren oder Straßburger Tor

Hauptstraße und Blick zum ehemaligen Unteren oder Straßburger Tor (B 3b)
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)


Überbaute Brandgasse ( B 3c )
Blick in das nordöstliche Ende der Hauptstraße Richtung Oberes Tor. Am linken Bildrand mündete ursprünglich eine Brandgasse. Heute befindet sich an dieser Stelle eine Hofeinfahrt, denn angesichts des knappen Bauplatzes innerhalb der Stadtmauern wurde die Brandgasse später teilweise überbaut. Auch andere Brandgassen wurden später den angrenzenden Wohngrundstücken zugeschlagen und sind heute mit Toren verschlossen.

Überbaute Brandgasse (B 3c)

Überbaute Brandgasse (B 3c)
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)


Breite Brandgasse am Gasthof Sonne ( B 3d )
Während die Brandgassen unterschiedlich breit waren, aber drei Meter nicht überschritten, erhielt das größte Anwesen am Ort, die Sonne, an einer Seite eine 6 m breite Brandgasse, die über ihren eigentlichen Zweck hinaus auch zum zeitweiligen Abstellen und Wenden von Fuhrwerken diente. Ihre Zweckbestimmung hat sich, wie das Bild zeigt, nicht verändert.

Breite Brandgasse am Gasthof Sonne

Breite Brandgasse am Gasthof Sonne (B 3d)
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)

Gasthof Sonne ( B 3e , B 3f )
Der Brand Oppenaus fiel in die Zeit der württembergischen Pfandherrschaft, damit in eine Phase, in der die wichtigsten Stellen im Städtchen vom Herzog mit Württembergern besetzt wurden. Dazu gehörte neben dem Bürgermeister auch der Wirt zur Sonne und Ratsherr, Jacob Schmid aus Dornstetten. Er erhielt 1616, im Jahr nach dem Brand, aus den Geldern der Brandsteuer die höchste Summe, so dass er dieses prächtige Anwesen, das Schickhardt in seinen Planungen berücksichtigte, erstellen konnte. Der Erdgeschossbereich ist massiver Steinbau (feuerpolizeiliche Vorschrift) mit einer Wandstärke von knapp 90 cm. Darauf erheben sich bis zum First vier Etagen in Fachwerkbauweise. Das Fachwerk ist zwar heute verputzt, doch an dem Vorkragen der Stockwerke erkennbar.

Gasthof Sonne - heutige Ansicht

Gasthof Sonne - heutige Ansicht (B 3e)
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)

Gasthof Sonne - um 1900

Gasthof Sonne - um 1900 (B 3f)
© Hubert Huber, Oppenau (2009)



II. Lernorterkundung


Die im Folgenden zusammengestellten methodischen Möglichkeiten einer Lernorterschließung können direkt oder leicht verändert angewandt werden - selbst auf Stadtbrände, die in diesem Modul gar nicht im Einzelnen vorgestellt werden (vgl. III. Transfer). In ihrem Leistungsanspruch werden die Methodenvorschläge von der Lehrkraft den schulart- und altersstufenspezifischen Erfordernisse ihrer Lerngruppe angepasst (siehe auch letzter Abschnitt).

Das Grundmuster, nach dem Lernorterschließungen grundsätzlich angelegt sind, ist die Dreischrittigkeit von A. Vorbereitungsphase, B. Arbeit vor Ort (Lernorterkundung i. e. S.), C. Nachbereitung.

A. Vorbereitungsphase:
In ihr werden die für die Arbeit am Lernort notwendigen Vorab- und Zusatzinformationen je nach Schulart entweder durch die Lehrkraft vermittelt oder von den SchülerInnen selbstständig recherchiert. Auf der S I und vor allem der S II empfiehlt es sich, schon in dieser Phase jene Quellen vorzulegen, in denen vor allem Schickhardt selbst Einblick in das Geschehen vermittelt ( T 1 bis 3). Als Arbeitsgrundlage wird die Übertragung in das Hochdeutsche (vgl. Literaturangaben) herangezogen.

Gasthof Sonne - heutige Ansicht

Gasthof Sonne - heutige Ansicht
© Wolfram Brümmer, Oppenau (2009)

Gasthof Sonne - um 1900

Gasthof Sonne - um 1900 (B 3f)
© Hubert Huber, Oppenau (2009)

Die "Sonne" wurde nach dem Brand aus Geldern der Brandsteuer, die 1616 ausgezahlt wurde, erbaut. Das Erdgeschoss ist in Steinbauweise errichtet, wie es die Bauordnung nach dem Brand vorsah, die Stockwerke darüber sind in Fachwerkbauweise erstellt worden. Später wurde das Fachwerk verputzt, ist aber für den Betrachter am Vorkragen der Stockwerke zu erkennen. Diese Veränderung muss vor 1900 geschehen sein, denn das historische Foto zeigt bereits die Sonne in der heutigen Gestalt. Im Erdgeschoss waren ursprünglich Stallungen und Remisen für die Durchreisenden, im ersten Stock befand sich die Gaststätte und darüber die Unterkünfte für die Übernachtungsgäste. Mehr dazu oben unter "Gasthof Sonne" (B 3e, B 3f).


B. Arbeitsphase vor Ort (Lernorterkundung i. e. S.):
Hier ist das Betätigungsfeld für die Umsetzung der vielfältigen, überwiegend handlungs- und produktorientierten Methoden, die nur bei der Arbeit vor Ort umgesetzt werden können und die sich zugleich motivierend auf die SchülerInnen auswirken. Die folgende Zusammenstellung bietet eine Auswahl von Vorschlägen, vor allem jener, die sich untereinander kombinieren und dadurch dem unterschiedlichen Leistungsvermögen von Lerngruppen besonders gut anpassen lassen. In sie ist bereits der Ansatz für die Nachbereitung integriert.


Methodenvorschläge:


1. Pläne/Karten
Gedacht ist an eine Kombination von historischen Plänen (vgl. B 2 am Beispiel Oppenau) und modernen (bei SchülerInnen besonders beliebt sind die häufig mit Bildelementen ausgestatteten Stadtpläne, wie sie die Tourismusbüros zur Verfügung stellen). Im Rahmen der Begehung des Lernortes werden

1.1. die in der heutigen Altstadt gelegenen, vom Stadtbrand betroffenen Straßen und Plätze ermittelt und in den Plänen kartiert;
1.2. darauf aufbauend die Standorte bedeutender, nach dem Brand neu errichteter Gebäude festgestellt und ebenfalls kartiert;
1.3. anschließend der historische Befund mit dem Bestand von heute verglichen. Je nach Altersstufe und Schulart wird im Deskriptiven verharrt oder darüber hinaus die Frage nach Kontinuität und Wandel thematisiert.

2. Häusergeschichten
2.1. Aufbauend auf Vorschlag 1.2. werden einzelne Gebäude der Wiederaufbauphase beschrieben und dabei besonders auf die Umsetzung der feuerpolizeilichen Vorschriften geachtet.
2.2. Diese deskriptiven Ergebnisse können in der Nachbereitung durch einen Archivbesuch (Voranmeldung empfohlen) vertieft werden, bei dem in die Häuserbücher der Stadt Einsicht genommen wird.

3. Geschichtslehrpfad
Die Ergebnisse der Vorschläge 1 und 2 sowie der Quellenarbeit aus der Vorbereitungsphase werden so arrangiert, dass sich eine auch von anderen Besuchern der Stadt nachvollziehbare systematische Abfolge der Brandschäden und Wiederaufbaumaßnahmen ergibt, die vor allem an den historischen Gebäuden und ihren baulichen Besonderheiten ablesbar ist. Daraus entsteht in der Nachbereitungsphase ein Faltblatt eines Geschichtslehrpfades, das mit selbst aufgenommenen Fotos (vgl. Fotodokumentation) ausgestattet wird.

4. Fotodokumentation
Die Bildauswahl erfolgt im Hinblick auf die noch erlebbaren Spuren des Stadtbrandes. Die Fotos können in der Nachbereitung als Grundlage für eine Ausstellung z. B. im Foyer der Schule dienen.

5. Rollenspiel
Materialgrundlagen sind der Befund vor Ort und Schickhardts Berichte über den Wiederaufbau; dazu kommt eine Erweiterung durch fiktive Ausschmückungen. Als Rolle eignet sich vor allem die des Fremdenführers. Es ist auch denkbar, dass Schickhardt selbst dargestellt wird, der seine Arbeit präsentiert. Die neugierig fragenden Zuhörer, die für die Lebendigkeit des Spiels wichtig sind, werden von den MitschülerInnen gespielt.

6. Werbematerial
Geworben wird für die besuchte Stadt als Schickhardt-Stadt. Ergänzt durch Informationen aus dem Netz kann in der Nachbereitung fächerverbindend mit Deutsch und unter Einsatz der Fotos (vgl. Fotodokumentation) ein Werbeprospekt gestaltet werden.


C. Nachbereitungsphase:
Obwohl die Hauptaufgabe der Nachbereitung in der Vertiefung des am Lernort Erarbeiteten besteht, sollte auf bloßes Wiederholen oder Abfragen verzichtet werden. Statt dessen bietet sich in dieser Phase vor allem die Gelegenheit, vor Ort Begonnenes produktorientiert weiterzuführen (vgl. Methodenvorschläge).

Altersstufen- und Schulartspezifisches
Für Grund- und Hauptschulen wird überwiegend der Stadtbrand als Ereignis im Vordergrund stehen und sich im Rollenspiel (Fremdenführer) umsetzen lassen. Für engagierte Gruppen der Hauptschule können durchaus auch andere der handlungsorientierten Methodenvorschläge wie z. B. die Erstellung von Werbematerial in Frage kommen.

Für die S I von Realschule und Gymnasium sind alle vorgeschlagenen
Methoden realisierbar. Zumindest im Gymnasium sollte aber verlangt werden, dass auch Zusatzinformationen, die über Recherchen der SchülerInnen gewonnen wurden, als Begründungen und Erklärungen in das Endprodukt eingehen.

Für die S II kann ein Schwerpunkt auf dem Aspekt von Kontinuität und Wandel liegen. Oberstufengerecht wäre auch, an Hand der vorliegenden Materialien eine kritische Prüfung von Schickhardts Ordnungsbegriff (vgl. D 1 ) vorzunehmen. Die Ergebnisse sollten in einer Präsentation vorgestellt werden.


III. Transfer

Die folgenden Überlegungen wollen Anregungen dafür geben, das an den Stadtbränden von Schiltach und Oppenau Erarbeitete auf die Erschließung von Brandkatastrophen in anderen Städten zu übertragen - also auch solchen, in deren Wiederaufbaumaßnahmen Heinrich Schickhardt nicht involviert war und die vor oder nach seiner Zeit stattgefunden haben. Dazu dient der Transfer.

Brandbild Göppingens

Brandbild Göppingens
"Die abgebrannte Stadt Göppinge
n in dem Herzogthum Württemberg, wie solche ausgesehen als dieße Stadt 1782 den 25. August, durch ein Ungewütter, entzündet, und in einer Zeit von 10 Stunden fast gäntzlich eingeäshert worden ..."
Das Bild, das kurz nach dem Brand beim Ulmer Stadtmaler Kleemann in Auftrag gegeben worden war, ist eine wertvolle Bildquelle, die nach den Fragen des Transferrasters (siehe unten) bearbeitet werden kann. © Städtisches Museum Göppingen


Das Transferprinzip besteht darin, die an einem - häufig exemplarischen - Beispiel eines Lernorts gewonnenen fachspezifischen und inhaltlichen Erkenntnisse auf einen anderen verwandten Lernort zu übertragen. Damit verbunden ist die Übernahme didaktisch-methodischer Überlegungen, die sich bei der Umsetzungsarbeit am Ausgangsbeispiel bewährt haben. Eine nahtlose Übertragung kann durch den Transfer allerdings nicht angestrebt werden, denn jeder historische Lernort ist, auch wenn verwandte Entwicklungen vorliegen, letztendlich ein Individuum. Es geht vielmehr darum, am Ausgangsbeispiel (im vorliegenden Fall Brand und Wiederaufbau einer landesherrlichen Stadt) einen Fragenkatalog zu entwickeln - das Transferraster - mit dessen Hilfe Brand und Wiederaufbau anderer Städte bearbeitet werden können. Die Antworten auf dieselben Transferfragen werden je Lernort zwar häufig unterschiedlich ausfallen. Wichtig ist jedoch, dass sie gestellt werden, denn sie machen das Vorgehen nicht nur rationeller, sondern auch effizienter und schärfen den Blick der SchülerInnen für das Wesentliche.
Für Stadtbrände vom späten Mittelalter bis zum frühen 19. Jh. eignet sich folgendes Transferraster:

Für die Phase des Brandes ergeben sich als mögliche Fragen die nach

  • der zeitlichen Einordnung (wichtig im Hinblick auf das anschließende, eventuell zeittypische Wiederaufbauprogramm);

  • den Ursachen des Brandes (mögliche Antworten: menschliches Versagen - grobe Fahrlässigkeit - kriegerische Einwirkungen - Naturereignisse);

  • den die Brandsituation verschlimmernden Einflüssen (mögliche Antworten: Plünderungen - Gewalttaten - Uneinigkeit unter den Bürgern - Naturgewalten);

  • den Brandbekämpfungsmaßnahmen;

  • dem Ausmaß des Brandes und den daraus resultierenden Schäden;

  • den ersten sofortigen Hilfsmaßnahmen;

  • den häufig auftretenden religiösen Deutungen des Brandes.

Für die Phase des Wiederaufbaus handelt es sich um Fragen nach

  • den Ergebnissen der endgültigen Schadenserfassung;
    der Leitung des Wiederaufbaus (Bürgerschaft - Landesherr);

  • den Initiativen einzelner Bürger oder Gruppen;

  • dem Baumeister;

  • der Planung des Wiederaufbaus (Übernahme des alten Grundrisses - Neuvermessung mit neuem Grundriss);

  • der Durchführung und Durchsetzung des Wiederaufbaus (Organisation - mögliche Widerstände durch die Betroffenen);

  • den Brandschutzvorschriften und Feuerordnungen;

  • der Finanzierung.

Nicht übersehen sollte man den Aspekt der unterschiedlichen Überlieferung:

  • Textquellen

  • Bildquellen

  • Spuren heute: Grundriss, Bausubstanz, Baulücken


Behandlung des Themas in der Schule

Wenn es nicht möglich sein sollte, mit den SchülerInnen einen der Lernorte aufzusuchen oder das Thema des Stadtbrandes und Wiederaufbaus an einem anderen z. B. räumlich näheren Ort im Transfer zu bearbeiten, ist die Beschäftigung mit dem Thema auch im Klassenzimmer möglich. Allerdings fehlt dann die Motivation, die von der Arbeit vor Ort ausgeht, was zu einer gewissen Schwerfälligkeit führen kann.

Da die Anschaulichkeit und dadurch die Konkretheit des Lernortes fehlen, kommt der Auswahl von geeigneten Materialien besondere Bedeutung zu. Zwar werden sich die schon bei der Lernorterkundung vorgeschlagenen auch für die Arbeit im Klassenzimmer eignen, sie müssen aber durch reiches Bildmaterial über das schon vorhandene hinaus erweitert werden. Es ist über die Adresse www.heinrich-schickhardt-kulturstrasse.de zu beschaffen, da diese mit den Homepages der angeschlossenen Schickhardt-Städte verlinkt ist, die durchweg gut mit Bildern ausgestattet sind.

Der Einstieg in die Bearbeitung des Themas entspricht in allen Schularten der Vorbereitungsphase der obigen Lernorterkundung. Für die Bearbeitung des Hauptteils lassen sich von den Methoden der Lernorterkundung einige direkt übernehmen bzw. an die Situation anpassen - so z.B. der Umgang mit Texten und Plänen. Wenn auch nicht in dem Umfang wie vor Ort lässt sich doch an Hand von Abbildungen (vgl. II. Lernorterkundung) die Realisierung der Bauvorschriften nachprüfen. Variiert werden müsste die Methode des Rollenspiels, indem eine im Klassenzimmer realisierbare Erzählsituation vorgegeben wird. Beispiel: Der Erzähler gibt einen Reisebericht vor einer Gruppe von Zuhörern, die sich einen Stadtbrand und seine Folgen nicht vorstellen können und entsprechende Fragen stellen.

Eine der Nachbereitungsphase vergleichbare Situation ist im Klassenzimmer nicht notwendig, da sich bereits während der Arbeit am Hauptteil Möglichkeiten immanenter Wiederholung und damit Vertiefungen einplanen lassen. Es besteht auch keine Notwendigkeit, außerhalb der Schule Erarbeitetes in den Unterricht zu integrieren.



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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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