Die Schwarzwaldbahn

Hintergrundinformationen

1.1 Bedeutung

Die Schwarzwaldbahn von Offenburg nach Singen und weiter nach Konstanz gehört zu den herausragenden Bahnlinien. Sie gilt als eine der schönsten Bahnstrecken Europas. Sie ist die einzige durchgehend zweigleisige Gebirgshauptbahn in Deutschland. Im Abschnitt Hornberg - St. Georgen stellt sie mir ihren Rampen und Kehrschleifen und 37 Tunnels ein bedeutendes Denkmal der Ingenieurskunst des 19. Jahrhunderts dar. Diese schuf die Voraussetzung dafür, dass die Bahn durch den Schwarzwald bis heute ein wichtiger Verkehrsträger geblieben ist, der die Region zwischen Bodensee und Oberrhein mit ca. 300.000 Einwohnern im Personen-, aber auch im Güterverkehr erschließt und weiträumig anbindet.

Durch die Beschäftigung mit der Schwarzwaldbahn gewinnen Schülerinnen und Schülern einen exemplarischen Zugang zu wesentlichen Inhalten der Fächer Geschichte, Geografie, Wirtschaft und Technik bzw. der entsprechenden Fächerverbünde. Die Fülle der Lernorte wie des Materials legen schülerorientierte, projekthafte Methoden in besonderer Weise nahe. Auf diese Weise tritt ein Verkehrsmittel, dessen Bedeutung angesichts der Energiewende in Zukunft zunehmen dürfte, nachhaltig ins Bewusstsein der Jugendlichen.


1.2 Geschichte

Der Bau der Schwarzwaldbahn

Mit Vollendung der Schwarzwaldbahn 1873 wurde eine wesentliche Lücke im badischen Eisenbahnnetz geschlossen ( AB 1 ). Dessen Ausbau orientierte sich vor allem an dem Ziel, das langgezogene badische Staatsgebiet zu erschließen: Die Badische Hauptbahn von Mannheim (1840) über Offenburg (1844) nach Basel (1855) und weiter entlang des Hochrheins nach Konstanz (1863) bildete (und bildet noch) das Rückgrat des Netzes. Um im Bild zu bleiben, waren fast alle anderen von der Hauptbahn abzweigenden Bahnen „Rippen“, d.h. Stich- oder Verbindungsbahnen. Nur die Badische Odenwaldbahn von Heidelberg über Mosbach nach Würzburg (1862-1866) und die Schwarzwaldbahn (1865-1873) erschlossen als weitere Hauptbahnen das badische Hinterland in der Fläche.

Dabei kam der Schwarzwaldbahn die größere Bedeutung zu, weil sie wichtige oder aufstrebende, im Rahmen der badischen Landesgrenzen jedoch periphere Städte wie Konstanz, Singen oder Villingen mit den Hauptachsen und Zentren verband.

Der Bau der Schwarzwaldbahn begann 1865 von den beiden Endpunkten Offenburg und Singen aus. Bereits 1866 erreichte der Schienenstrang Hausach von Westen, im selben Jahr Engen und 1869 Villingen von Süden her. Für den Bau der Bergstrecke gab es drei Planungsvarianten:
die Bregtallinie Haslach-Furtwangen-Donaueschingen, die Schiltachlinie Hausach-Schiltach-Schramberg-Königsfeld-Villingen und die Sommeraulinie Hornberg-Triberg-St.Georgen-Villingen.

Die Bregtallinie hätte rund 800 Höhenmeter überwinden müssen und war damit zu aufwändig und unwirtschaftlich. Die Schiltachlinie war topografisch die günstigste, hätte aber württembergisches Gebiet berührt und wurde daher aus politischen Gründen verworfen. So wurde 1862 per Gesetz festgelegt, die Bahnlinie entlang der alten Handelsstraße durch das Gutachtal über die Sommerau ins Brigachtal zu bauen.

Die ursprüngliche Idee, das Gebirge mithilfe von Spitzkehren zu überwinden, wurde aufgegeben; statt dessen plante man eine durchgehende Linie mit zwei doppelten Kehrschleifen und zahlreichen Tunnels, aber nur wenigen Brücken. 1867 begannen die Arbeiten. Vor allem für den Tunnelbau wurden auch zahlreiche Arbeiter aus Italien angeworben. Während des deutsch-französischen Krieges mussten sie Baden vorübergehend verlassen.

Die Bedeutung der Italiener für den Bahnbau und ihr Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung sind ein eigenes und angesichts der heutigen Bedeutung des Themas Migration besonders aktuelles Kapitel der Baugeschichte. Die Bergstrecke wurde 1873 vollendet. Sie begründete den Ruhm ihres Planers und Erbauers Robert Gerwig.

Robert Gerwig – Aspekte seines Wirkens

Gerwigs Leben (1820-1885) ist an vielen Stellen beschrieben (s. Literaturverzeichnis und Linkliste), so dass wir hier allgemeinere Gesichtspunkte seiner Biographie herausstellen können. Er tritt uns entgegen als geniale Einzelpersönlichkeit, als vielseitiger Techniker, der in Baden, aber auch der Schweiz Bahnen, Straßen und Brücken geschaffen hat, die noch heutigen Anforderungen genügen. Zugleich aber spiegeln sich in seinem Leben typische Bedingungen und Tendenzen der Zeit.

Robert Gerwig

B 2  Robert Gerwig
© Hauptstaatsarchiv Stuttgart

Zunächst fällt Gerwigs enge Bindung an den Staat ins Auge. Er wurde an der Großherzoglichen Polytechnischen Schule Karlsruhe, der späteren Technischen Hochschule, ausgebildet und ist damit als Ingenieur das Produkt einer seit dem Absolutismus praktizierten Beamtenausbildung und Gewerbeförderung durch und für den Staat.

Sein gesamtes Berufsleben hindurch stand er in Diensten des Großherzogtums Baden (von der Beurlaubung 1872-1875 zum Bau der Gotthardbahn abgesehen) und wirkte an herausragender Stelle an der für Deutschland charakteristischen Politik mit, dass der Staat durch den Bau von Eisenbahnlinien Industrialisierung und Handel gezielt ankurbelte.

Ferner spiegelt sich In Gerwigs Karriere der Umbruch vom Handwerk zur Industrie in den 50-er Jahren des 19. Jahrhunderts. Er war von 1850 bis 1857 auch Direktor der staatlichen Uhrmacherschule in Furtwangen. Deren Zielsetzung, die handwerkliche Uhrenherstellung zu fördern, erwies sich aber zunehmend als unzeitgemäß, weshalb die Schule 1863 geschlossen wurde. Gerwig gab seinen Posten als Direktor auf, kurz bevor 1858 nur wenige Kilometer entfernt, in Schwenningen, die erste Uhrenfabrik überhaupt gegründet wurde. Die zeitliche Nähe mag Zufall sein und verdeutlicht dennoch den Wandel der wirtschaftsgeschichtlichen Entwicklung vom Handwerk zur Industrialisierung, deren Schrittmacher in Deutschland der Bahnbau war.

Schließlich erscheint Gerwig auch als Repräsentant des liberalen Bürgertums des 19. Jahrhunderts. Er war viele Jahre lang auch Parlamentsabgeordneter, mit Unterbrechungen von 1855/56 bis 1878 im badischen Landtag, von 1875 bis zum seinem Tod als nationalliberaler Abgeordneter im deutschen Reichstag. Hier äußerte er sich vor allem zu Fragen der Infrastruktur; an den Planungen des Reichstagsgebäudes war er wesentlich beteiligt. In diesen Aktivitäten zeigt sich eine für das 19. Jahrhundert charakteristische Einstellung: Der Bürger, der als Fachmann Verkehr und Wirtschaft des Landes gestaltet, will auch auf der politischen Ebene gehört werden und mitbestimmen. ( D 2 , D 3 )

Weiterer Ausbau
Die Schwarzwaldbahn wurde zunächst eingleisig ausgeführt, jedoch hatte Robert Gerwig die Bergstrecke einschließlich der Tunnels von vornherein für die Aufnahme eines zweiten Gleises angelegt. Das steigende Verkehrsaufkommen und militärstrategische Überlegungen führten dazu, dass ab 1888 zwischen Hausach und Villingen zweigleisig gefahren wurde. Weitere Abschnitte folgten; 1921 war die Schwarzwaldbahn durchgehend auf zwei Gleise ausgebaut.

Die Lokomotiven auf der Schwarzwaldbahn wurden von den „Betriebswerksmeistereien“, später „Bahnbetriebswerken“ Offenburg, Hausach, Villingen und Singen gewartet und eingesetzt.
Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm das Bw Villingen zunehmend die Leistungen auf der gesamten Strecke und wurde damit zu ihrem betrieblichen Mittelpunkt – Villingen wurde somit auch zu einer Eisenbahnerstadt mit vielen hundert Bahnbeschäftigten.
In der Länderbahnzeit kamen unterschiedliche badische Lokbaureihen zum Einsatz, darunter ab 1907 die elegante IVf (später BR 18.2) im Schnellzugsdienst – diese allerdings nur sehr kurz, da sie als Flachlandmaschine konzipiert worden war. Nach der Gründung der Deutschen Reichsbahn 1920 bewältigten P8 (BR 38) die Personenbeförderung, G12 (BR 58) den Güterzugsdienst. Ab 1934 wurde die P8 durch die leistungsfähigere P10 (BR 39) ersetzt; sie wurde für dreißig Jahre die vorherrschende Maschine auf der Schwarzwaldbahn.

Sonderzug mit Diesellok V200 bei Hornberg

B 3  Sonderzug mit Diesellok V200 bei Hornberg
© Martin H. Duffner

Die Dampflokzeit auf der Schwarzwaldbahn ging zu Ende, als ab 1956 dem Bw Villingen insgesamt 21 Diesellokomotiven der Baureihe V200 zugewiesen wurden. Mühten sich zunächst die 2000 PS starken V2000 mit knapp 40 km/h am Berg ab, folgten alsbald V2001, die die 2200 PS leisteten. Doch auch diese Lokomotiven mussten oft in Doppeltraktion die Züge gen Sommerau schleppen.

1965 beschloss der baden-württembergische Landtag die Elektrifizierung. 35 Tunnels mussten abgesenkt werden, um Raum für die Oberleitung zu schaffen. 1975 gelangte der Fahrdraht von Norden her nach Villingen; eine Tafel im dortigen Bahnhof erinnert daran, dass die damalige Deutsche Bundesbahn hier ihren 10.000. elektrifizierten Streckenkilometer erreichte. Zwei Jahre später wurde der elektrische Betrieb auf dem Abschnitt Villingen-Singen-Konstanz und damit durchgehend auf der Schwarzwaldbahn aufgenommen.

Nachdem 2001 mit dem Interregio die meisten Fernzüge von der Schwarzwaldbahn verschwunden waren, wurde der Verkehr auf neue Grundlagen gestellt. Die DB Regio gewann mit der eigens gegründeten Tochter „DB Schwarzwaldbahn GmbH“ (heute DB Regio, Regionalverkehr Südbaden, Freiburg) die Ausschreibung.

Seit 2006 verkehren im Stundentakt klimatisierte Doppelstockwagen, die von spurtstarken Loks der Baureihe 146 über Robert Gerwigs Rampen gezogen oder geschoben werden. „Schwarzwaldbahn“ ist zu einer Markenbezeichnung avanciert, die an allen Stationen und auf den Wagen und Loks angebracht ist. Entsprechend dem Laufweg der Züge umfasst die Bezeichnung heute die Strecke von Kreuzlingen (CH) bis nach Karlsruhe.

Stationsschild der „Neuen Schwarzwaldbahn“

B 4  Stationsschild der „Neuen Schwarzwaldbahn“
© Michael Tocha

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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -


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