Autor: Dr. Konrad Exner (Arbeitskreis RP Karlsruhe)
3. Landesgeschichtliche Einordnung
Baden-Württemberg gehört zu den bedeutendsten Ländern der Bundesrepublik Deutschland. - Die vergrößerten Mittelstaaten Baden und Württemberg im 19. Jh. waren das Werk Napoleons, das durch die beiden "Vasallen-Staaten" rechts des Rheins, Baden und Württemberg, für Frankreich ein Gegengewicht zu Österreich schaffen sollte.
Bei der Einrichtung von Besatzungszonen 1945 wurden Baden und Württemberg unter den Vereinigten Staaten und Frankreich in drei Verwaltungseinheiten aufgeteilt: Württemberg-Baden mit der Hauptstadt Stuttgart (USA), Baden mit der Hauptstadt Freiburg (F) und Württemberg-Hohenzollern mit der Hauptstadt Tübingen (F).
Staatliche Gliederung Südwestdeutschlands 1945-52.
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Die Militärregierungen Amerikas und Frankreichs führten die Bestimmungen der Potsdamer Konferenz, die Denazifizierung und Demilitarisierung, strikt durch. Andere Bestimmungen der Potsdamer Konferenz, die Einführung der Demokratie und Demontage, wurden in der französischen und amerikanischen Zone unterschiedlich gehandhabt: Die Amerikaner versuchten in ihrer Zone möglichst schnell die Demokratie einzuführen, während die Franzosen eher auf die Einhaltung ihrer eigenen Bestimmungen achteten. In der amerikanischen Zone fand kaum eine Demontage einheimischer Güter statt, während es in der französischen Zone ein Hauptziel der Franzosen war, viele Industriegüter zur Unterstützung ihrer Wirtschaft nach Frankreich zu verlagern.
Zu einem aktuellen Thema wurde der Zusammenschluss der drei Länder, als die westlichen Militärgouverneure am 1. Juli 1948 den elf Ministerpräsidenten der deutschen Länder die so genannten Frankfurter Dokumente überreichten, in denen die Regierungschefs aufgefordert wurden, die bestehenden Ländergrößen zu überdenken. Neun Länder der Bundesrepublik Deutschland waren nicht bereit, ihre Existenz aufzugeben, nur im Südwesten drängten Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern auf einen Gesamtstaat, Südbaden lehnte aber einen Südweststaat unmissverständlich ab. Auch untereinander konnten sich die südwestdeutschen Politiker, u. a. die Regierungschefs von Württemberg-Baden, Reinhold Maier (FDP/DVP), von Württemberg-Hohenzollern, Gebhard Müller (CDU), und von (Süd-)Baden, Leo Wohleb (CDU), nicht auf einen gemeinsamen Südweststaat einigen.
Reinhold Maier (FDP/DVP), erster Regierungschef von Württemberg-Baden
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Gebhard Müller (CDU), erster Regierungschef von Württemberg-Hohenzollern
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Leo Wohleb, der erste Regierungsschef von Baden
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Inzwischen tagte seit September 1948 in Bonn der Parlamentarische Rat, um eine Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland zu erarbeiten. Diese sah im Artikel 118 GG vor, dass die Bundesregierung ein Bundesgesetz zur Neugliederung Südwestdeutschland in den Bundestag einbringen muss, wenn sich die südwestdeutschen Länder Württtemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und (Süd-)Baden nicht selbst einigen könnten. Dies veranlasste die Länder im Südwesten zu einer Probeabstimmung ohne rechtliche Wirkung.
Volksbefragung am 24.September 1950
Abstimmungsergebnisse:
Für ... |
Südbaden |
Nordbaden |
Südwürtt. |
Nordwürtt. |
den Süd- |
214.931 |
331.113 |
324.379 |
623.520 |
die alten |
316.696 |
247.962 |
26.446 |
43.158 |
(Angaben aus Bausinger, Hermann/Eschenburg, Theodor u.a., Baden-Württemberg. Eine politische Landeskunde, Stuttgart 1975, S. 59)
Zählte man alle Stimmen der zwei badischen Bezirke, die für den Südweststaat bzw. für die alten Länder abgegeben wurden, und vergleicht diese untereinander, so ergab sich eine Mehrheit von 18.614 Stimmen für die Wiederherstellung Badens. Zählte man aber nach Abstimmungsgebieten aus, so sprachen sich drei Bezirke für den Südweststaat aus, nur (Süd-)Baden war dagegen. Nach der Probeabstimmung musste der Bund entscheiden, was aus den südwestdeutschen Ländern werden sollte, da keine Einigung zwischen den drei Ländern herbeigeführt werden konnte.
Am 23. September 1951 sollte eine Volksabstimmung stattfinden, aber das Land Baden legte wegen der angeblichen Gesetzeswidrigkeit des Abstimmungsverfahrens Verfassungsklage beim Bundesverfassungsgericht ein. Dieses Abstimmungsverfahren sollte nach dem Vierermodell erfolgen, d.h. die Wählerstimmen sollten nach den bestehenden Bezirken Nordbaden, Südbaden, Nordwürttemberg und Südwürttemberg ausgezählt werden. Ein Zusammenschluss konnte stattfinden, wenn im Gesamtgebiet und in drei der vier Bezirken eine Mehrheit zustande käme. Die Klage Badens wurde abgewiesen und der Termin für die Abstimmung auf den 9. Dezember 1951 festgesetzt. Sie ergab sowohl in drei Bezirken außer Südbaden als auch im gesamten Abstimmungsgebiet eine Mehrheit für den Südweststaat.
Ergebnisse der Volksabstimmung am 9. Dezember 1951
© Grundlage: Historischer Atlas von Baden-Württemberg, Blatt VII3, Kartographie und Druck Landesvermessungsamt BaWü, hg. v. d. Kommission für geschichtliche Landeskunde in BaWü, genehmigt unter Az 2851.3-A/446 v. 15.02.07; lgl-bw.de.
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Volksabstimmung vom 9. Dezember 1951
Für ... |
Südbaden |
Nordbaden |
Südwürtt. |
Nordwürtt. |
den Südwest-staat |
233.245 |
382.017 |
363.321 |
768.000 |
die alten Länder |
383.440 |
287.569 |
34.161 |
53.000 |
(nach Bausinger/Eschenburg u.a., Baden-Württemberg, a.a.O.)
Somit waren die Weichen zu einer Vereinigung der Länder Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden gestellt. Am 9. März 1952 wurde die Verfassunggebende Landesversammlung gewählt, die die Aufgaben eines Landtages wahrnahm und den Auftrag zur Ausarbeitung einer Verfassung erhielt. Die CDU wurde mit 52 Sitzen die stärkste Partei, gefolgt von der SPD mit 38 Sitzen, der FDP/DVP mit 23 Sitzen, des BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten) mit 6 Sitzen und der KPD mit 4 Sitzen. Reinhold Maier (FDP/DVP) bildete aus SPD, FDP und BHE am 25. April 1952 eine Regierung. Der neue Südweststaat erhielt - zunächst provisorisch - den Namen "Baden-Württemberg"; später wurde die Bezeichnung von der Verfassunggebenden Landesversammlung endgültig bestätigt.
Am 17.Mai 1952 lösten sich die Landtage und Regierungen von Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern auf, die Verfassung des Landes Baden-Württemberg trat am 19.November 1953 in Kraft.
Nun waren die Auseinandersetzungen um den Südweststaat allerdings noch nicht beendet. Die "Altbadener" fühlten sich durch die Abstimmung vom 9. Dezember 1951 ungerecht behandelt. Einer erneuten Verfassungsklage wurde am 30. Mai 1956 stattgegeben. Das Bundesverfassungsgericht ordnete die Durchführung eines Volksbegehrens an. Im September 1956 wurde das Volksbegehren durchgeführt, das mit 15,1 % der wahlberechtigten Badener/innen 5 % über der Mindestgrenze für die Durchführung eines Volksentscheides in Form einer neuen Abstimmung über den Südweststaat erfolgreich war.
In der zweiten Baden-Abstimmung am 7. Juni 1970, die lange hinausgezögert worden war, stimmten 81,9 % der badischen Wähler/innen für Baden-Württemberg und nur 18,1 % für ein "altes Baden". Somit war erst 1970 der Zusammenschluss der drei südwestdeutschen Länder zu einem Bundesland Baden-Württemberg juristisch abgeschlossen.
Informationen zu den Ministerpräsidenten seit 1952 (baden-wuerttemberg.de) und zu den Landesregierungen Baden-Württembergs seit 1952 (landtagswahl-bw.de). Für das große Landeswappen entschied sich der baden-württembergische Landtag 1954.
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Staatenübergreifender/ europäischer Bezug.
Baden-Württemberg ist Mitglied einer multilateralen Arbeitsgemeinschaft von Regionen in der EU, die in ihrer Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur ähnlich sind ("Vier Motoren für Europa", seit 1988). Es sind neben Baden-Württemberg die Regionen Katalonien (Spanien), Lombardei (Italien) und Rh ne-Alpes (Frankreich). Diese Regionen arbeiten verstärkt im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich sowie im Forschungssektor zusammen.
Als assoziiertes Mitglied der multilateralen Arbeitsgemeinschaft ist die kanadische Provinz Ontario 1990 aufgenommen worden. Ebenso 1990 hat Baden-Württemberg ein bilaterales Kooperationsabkommen mit Wales (England) abgeschlossen. Die britische Region nimmt an besonderen Projekten der Arbeitsgemeinschaft teil.
Im Ausschuss der Regionen der EU haben Baden-Württemberg und die anderen Länder der Bundesrepublik Deutschland mit ihren vom Ministerrat ernannten Mitgliedern die Möglichkeit, landes- und kommunalpolitische Themen anzuregen. Die Mitglieder dürfen Präsidenten, Minister und Kommunalpolitiker sein, die den Ministerrat, die Kommission und das Europäische Parlament in regionalen Fragen beraten können. Vom Februar 2004 - Februar 2006 amtierte der baden-württembergische Landtagspräsident Peter Straub als Präsident des Ausschusses der Regionen.
Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de
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