Hintergrundinformationen

"Unternehmen Wüste" - KZ-Außenlager Bisingen

1. Bedeutung

Das KZ-Außenlager Bisingen ist Teil des Unternehmens "Wüste", mit dem die Nationalsozialisten ab 1944 Öl aus dem Ölschiefer am Fuße der Schwäbischen Alb gewinnen wollten, um die Probleme mit der Treibstoffversorgung unter Kontrolle zu bekommen. Als Außenlager des KZ Natzweiler ist Bisingen ein Beispiel dafür, wie Zwangsarbeit, Rüstungsproduktion und KZ-System auf bisher ungekannt enge Weise miteinander verzahnt waren.

Das KZ-Außenlager in Bisingen und dessen Aufarbeitung ist unter verschiedenen Aspekten für die Behandlung in der Schule interessant und exemplarisch:

  • als KZ in der unmittelbaren (heimatlichen) Umgebung, "vor der Haustür" (Grunert),
  • als Beispiel für ein irrwitziges Projekt der Nationalsozialisten,
  • als Beispiel für den "entgrenzten" (Glauning) Lagerbetrieb in der Endphase des Krieges,
  • als Beispiel dafür, wie KZ-Häftlinge und einheimische Bevölkerung (keinen) Kontakt hatten,
  • als Beispiel für den Umgang mit den Tätern nach 1945 und
  • als Beispiel für die Aufarbeitung nationalsozialistischer Vergangenheit und die Erinnerungskultur seit den 1980ern.

Karte des Unternehmens
Karte des Unternehmens "Wüste"
© Immo Opfermann


2. Geschichte

Ab 1942
Versuche zur Produktion von Öl aus Ölschiefer

15. Juli 1944
Das Planungsamt des Rüstungsministeriums beschließt das Unternehmen "Wüste".

24. August 1944
Die ersten Häftlinge kommen ins KZ Bisingen.

Dezember 1944
Luftangriff auf Bisingen

Herbst 1944
wochenlanger Regen, anschließend Typhusepidemie

Dezember 1944
Besuch des Leiters des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes, Oswald Pohl, in Bisingen

Februar 1945
Lagerleiter Hofmann wird versetzt.

23. Februar 1945
Das Werk 2 in Bisingen geht provisorisch in Betrieb.

Bis 9. März 1945
vier weitere Häftlingstransporte

12.-14. April 1945
Räumung des KZ Bisingen; ca. 800 Häftlinge werden nach Dachau transportiert; die anderen marschieren zu Fuß Richtung Oberschwaben (sog. "Todesmarsch").

Nov./Dez. 1946
Exhumierung der Leichen aus den Massengräbern und Umbettung der Toten

29. April 1947
Einweihung des KZ-Friedhofs

26. August 1947
Drei SS-Männer des KZ Bisingen werden aufgrund eines Todesurteils von einem französischen Militärtribunal hingerichtet.

1963-66
Der Prozess gegen den Lagerleiter Franz Hofmann am Landgericht Hechingen endet mit Freispruch.

1982-86
Die Juso-AG Bisingen dokumentiert die Lokalgeschichte während der NS-Diktatur.

1995
Umwidmung des Heimatmuseums in einen Dokumentationsort ausschließlich für die Geschichte des KZ ("Schwierigkeiten des Erinnerns")

1998
Einweihung des Geschichtslehrpfads zum KZ Bisingen

2003
Gründung des Vereins "Gedenkstätten KZ Bisingen"

2006
Umbenennung der Dauerausstellung in "Mut zur Erinnerung - Mut zur Verantwortung"


Skizze des ehemaligen Lagers Bisingen

Skizze des ehemaligen Lagers Bisingen
© Gemeinde Bisingen / Heimatmuseum



3. Anlage

 

Tafel des Geschichtslehrpfads

Tafel des Geschichtslehrpfads
© Dieter Grupp


Die KZ-Gedenkstätte Bisingen besteht aus drei sich ergänzenden Elementen:

  • dem Heimatmuseum im Ortskern neben der kath. Kirche St. Nikolaus mit der Dauerausstellung "Mut zur Erinnerung - Mut zur Verantwortung",
  • dem Geschichtslehrpfad, der sich vom Bahnhof Bisingen zum ehemaligen KZ-Gelände und dem Meilerfeld erstreckt und den Bildtafeln erläutern, und
  • dem KZ-Friedhof der Opfer sowie dem ehemaligen Massengräberfeld.

Vgl. Lageplan ( AB 1 )

KZ-Friedhof

KZ-Friedhof
© Dieter Grupp

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Tübingen -