Hintergrundinformationen

Der Fall des Bruno Helmle

1.1 Bedeutung

Bruno Helmle, am 5.2.1911 in Mannheim geboren, war von 1959 bis 1980 ein erfolgreicher Oberbürgermeister der Stadt Konstanz gewesen. Von der der Stadt wurde er zum Ehrenbürger ernannt, von der Universität zum Ehrensenator. In seiner Autobiografie zeichnete Helmle von sich das Bild eines christlichen und tatkräftigen Menschen, der dem NS-Regime stets kritisch gegenüberstand. Konstanz war stolz auf seinen OB!
Und dann das: der Konstanzer Stadtarchivar Jürgen Klöckler stieß 2010 zufällig auf ein Dokument vom Februar 1945, in dem Helmle als Leiter des Sachgebiets „Verwaltung jüdischen und reichsfeindlichen Vermögens“ beim Konstanzer Finanzamt ausgewiesen war. Von dieser Tätigkeit hatte Helmle nie berichtet. Auf Bitte des damaligen Oberbürgermeisters Horst Frank konstituierte sich eine Gutachterkommission. Deren Ergebnisse waren brisant: in der Folge verlor Helmle posthum die Ehrenbürgerwürde der Stadt und die Ehrensenatorwürde der Universität.

Was genau fanden die Gutachter über Helmles Tätigkeit in der NS-Zeit heraus? Auf welche Quellen stützen sich ihre Ergebnisse? Welche Handlungsspielräume hatte der junge Beamte damals? Ist der Verlust der Ehrenbürger- und Ehrensenatorwürde gerechtfertigt? Wie ist Helmle als Mensch und Politiker zu bewerten? – Diese und andere Fragen sind die leitenden Fragen des Unterrichtsmoduls.

Das Modul kann in Klasse 9 (Standard zu NS-Zeit: „Formen der Akzeptanz und des Widerstands in der Bevölkerung beschreiben und beurteilen“) und in Klasse 11 („Ausmaß und Formen von Akzeptanz und Widerstand in der Bevölkerung beurteilen“) eingesetzt werden.

Das Modul hat eine übergeordnete Fragestellung: Die Schüler sollen im Lauf der Kurzeinheit entscheiden, ob Bruno Helmle die Ehrenbürgerwürde der Stadt Konstanz zu Recht aberkannt worden ist oder nicht. Dabei müssen sie auf der Grundlage von Quellen und dem Historikergutachten auch klären, welche Handlungsspielräume Helmle damals hatte und wie sein Handeln zu bewerten ist. Daher spielen Reflexions- und Orientierungskompetenz eine besondere Rolle in dieser Einheit.


1.2 Geschichte

Die Quellenlage

Die Rekonstruktion von Bruno Helmles Leben und seiner Tätigkeiten während des Nationalsozialismus ist schwierig. Dies liegt auch daran, dass Bruno Helmle offenbar nach 1945 zahlreiche Dokumente zu seiner Person verschwinden ließ und möglicherweise auch einige fälschte. So ist zum Beispiel die Personalakte des als Jurist im Staatsdienst tätigen Helmle vor 1957 unauffindbar. Auch fehlt im Stadtarchiv Meersburg – 1945/46 war Helmle dort Bürgermeister – die entsprechende Akte, obwohl die der Vorgänger und Nachfolger archiviert sind.
Für die öffentliche Wahrnehmung seiner Person war lange seine 1990 erschienene Autobiografie maßgeblich. Die dortigen Angaben zu seinen Tätigkeiten sind – vor allem bezogen auf seine berufliche Tätigkeit von 1941 bis 1945 - nach heutigem Kenntnisstand lückenhaft und teilweise fragwürdig.
Das Gutachten der 2010 eingesetzten Expertenkommission stützt sich auf das Quellenmaterial des Bundesarchivs in Berlin, des Archivs des französischen Außenministeriums, des Generallandesarchivs in Karlsruhe, des Staatsarchives Freiburg sowie der Stadtarchive Konstanz, Mannheim und Meersburg.

Helmles Kindheit, Jugend, Ausbildung: 1911-1935

Bruno Helmle wurde am 5.2.1911 als Sohn des Volksschullehrers Josef Helmle und seiner Frau Anna geboren. 1930 machte er auf dem Badischen Realgymnasium in Mannheim sein Abitur. Helmle studierte zunächst katholische Theologie, wechselte dann aber zur Rechtswissenschaft. 1934 legte er an der Universität Heidelberg sein Referendarsexamen ab, 1935 promovierte er an derselben Universität.
Während des Referendariats von 1934 bis 1938 war er nach eigenen Angaben an verschiedenen Gerichten und Landratsämtern tätig. Vor 1933 war Helmle in der katholischen Jugend- und Studentenbewegung aktiv. Nach Angaben des ehemaligen Vorsitzenden der Zentrumspartei in Mannheim vom August 1945 war Helmle „Vorsitzender der Zentrumspartei und des Görres-Ringes – Vereinigung katholischer Studierender - an der Universität Heidelberg.“

Engagement bei nationalsozialistischen Organisationen 1933-1945

Belegt ist, dass Helmle am 8.7.1933 der Motor-SA beitrat, die wenig später in das Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK) überging. Nach Ansicht der Expertenkommission war Helmle wohl einfacher SA-Mann und in der Organisation wenig aktiv. Am 9.5.1934 trat Helmle ferner dem Nationalsozialistischen Bund Deutscher Juristen bei, dem späteren NS-Rechtswahrerbund. In dieser Organisation bekleidete er nach dem Personalblatt für Beamte vom 2.9.1938 das Amt des „Bezirksgruppenverwalter[s] der Jung Rechtswahrer im Bezirk Mannheim“. Nach anderen Quellen war er dort kein aktives Mitglied: so wurde er mehrfach aufgefordert, seine Mitgliedsbeiträge zu entrichten.
Im Mai 1937 trat Helmle in die NSDAP ein – unmittelbar im Anschluss an die teilweise Aufhebung der seit Mai 1933 bestehenden Aufnahmesperre – , wobei er nach Quellenlage auch hier eher passiv blieb. So strich der Gau Baden der NSDAP ihn im Dezember 1940 aus der Mitgliederliste wegen „unbekannten Aufenthalts“. Andererseits ist Helmle auch nach 1940 noch als Parteimitglied aufgetreten. Im dienstlichen Schriftverkehr wurde er gelegentlich als „PG“ (Parteigenosse) bezeichnet.
Nicht restlos zu klären ist, ob Helmle außer seiner nominellen Mitgliedschaft weitere Funktionen übernahm. So taucht er in den Quellen als „Blockleiter in der Ortsgruppe Freiburg-Mittelwiehre“ auf. Helmle meint, dieser Hinweis seiner damaligen Dienststelle, dem Oberlandesgericht Karlsruhe, sei ein Gefälligkeitsdienst gewesen. In seinem Entnazifizierungsverfahren spricht Helmle von einem „Akt der Notwehr zur Sicherung der Existenz“ und „bewusster Tarnung“. Der NSDAP-Kreisamtsleiter schrieb hingegen über Helmle: „Politisch sehr interessiert und jederzeit einsatzbereit mit guten Führereigenschaften. (…) Er ist politisch zuverlässig.“
Als sich Helmle 1938 - nach seinem Assessorexamen - um eine Anstellung im Justizdienst bewirbt, bescheinigt ihm das Oberlandesgericht Karlsruhe weiter, dass „in politischer Hinsicht keine Bedenken“ gegen die Übernahme in den höheren Justizdienst bestünden.
Nach Ansicht der Expertenkommission zeigte sich Helmle gegenüber dem NS-Regime loyal. Er engagierte sich in der Partei, soweit er es für sein berufliches Fortkommen als nötig erachtete. Gerade im katholischen Südwesten hatte das Regime kein Interesse daran, einem loyalen jungen Mann mit Vergangenheit im politischen Katholizismus den Weg in den Staatsdienst zu verbauen. Es ist daher denkbar, dass Helmles dürftiges Engagement in den NS-Organisationen von wohlwollenden unteren Parteiinstanzen ausgeschmückt worden ist. Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass solche „Gefälligkeitsdienste“ ohne entsprechende Initiative Helmles erfolgt sind. Die in seiner Autobiografie mehrfach erwähnte Behauptung, wegen seiner „politischen Vergangenheit“ sei ihm zunächst eine dauerhafte Übernahme in den Justizdienst verweigert worden, ist nicht zutreffend.

Helmles Tätigkeiten beim Finanzamt Mannheim 1939-1945

Vom 1.12.1939 bis zum November 1944 war Helmle beim Finanzamt Mannheim-Stadt als „Sachbearbeiter für Strafsachen, Steuerfahndungsdienst, Reichsfluchtsteuer und Volksverrat“ tätig. Helmle hatte sich persönlich um eine Anstellung bei der Finanzverwaltung bemüht. 1941 wurde er zum Regierungsrat befördert. Durch sein Tätigkeitsgebiet war Helmle nach Ansicht der Expertenkommission direkt an der Unterdrückung, insbesondere an der Verfolgung der Juden auf wirtschaftlichem Gebiet beteiligt.
Die „Reichsfluchtsteuer“ hatte sich in der NS-Zeit zu einem Instrument der Ausplünderung von jüdischen Emigranten entwickelt. Sie war eine Sonderabgabe von 25 Prozent auf das gesamte steuerpflichtige Vermögen eines Emigranten, die zwei Monate vor der Aufgabe des inländischen Wohnsitzes ohne besondere Aufforderung an das zuständige Finanzamt zu entrichten war.
Die Finanzämter Mannheim-Stadt und Mannheim-Neckarstadt hatten bereits Mitte der 1930er Jahre zur Beitreibung der Reichsfluchtsteuer ein dichtes Netz der Überwachung zur „Erhöhung der Schlagkraft“ aufgebaut. Es beruhte auf einer engen Zusammenarbeit der Finanzverwaltung mit Gestapo, NSDAP-Kreisleitung, Polizeipräsidium und Post. Das sogenannte „Mannheimer System“ erlangte Vorbildfunktion für ganz Deutschland; andere Finanzämter wurden zur Nachahmung aufgefordert. Die Effizienz der Mannheimer Finanzämter war bedingt durch die Konzentration von Ermittlung, Festsetzung und Vollstreckung der Reichsfluchtsteuer an einer einzigen Stelle. Seit Dezember 1939 war in Mannheim-Stadt Bruno Helmle als Regierungsrat hierfür verantwortlich. Diese Tätigkeit verschwieg Helmle in seiner Biografie.
Spätestens ab Mai 1941 bis Dezember 1943 war Helmle beim Finanzamt Mannheim-Stadt zusätzlich als „Vertreter des Reichsinteresses für Kriegssachschäden“ tätig. Hier entwickelte sich Helmle rasch zu einem in Fachkreisen anerkannten Experten. 1942/43 wurde er, wohl zur Regelung wichtiger Fälle, dreimal nach Berlin abgeordnet. Auch publizierte er zu diesem Gebiet in Fachzeitschriften.
Ab August 1942 war Helmle noch Mitarbeiter der „Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen“ in Mannheim (siehe unten). Auch diese Tätigkeit erwähnte er in seiner Autobiografie nicht.

Helmle als Profiteur der Judenverfolgung

Helmle profitierte nach den Erkenntnissen der Expertenkommission privat von der Judenverfolgung. So war er ab dem 2. Dezember 1940 im fünften Stock in der Augusta-Anlage 23 in der Mannheimer Innenstadt gemeldet. Zuvor, nach seiner Ehe mit Magdalena Brust 1939, hatte er in beengten Verhältnissen zur Untermiete bei seinen Schwiegereltern gewohnt.
Die Vormieterin der Helmles in der Augusta-Anlage war die verwitwete Jüdin Anna Darnstädter gewesen. Am 22.10.1940, wenige Wochen, bevor die Helmles ihre Wohnung bezogen, waren fast zweitausend Mannheimer Juden nach Gurs deportiert worden. Anna Darnstädter war nicht dabei. Wohl wegen Krankheit und Transportunfähigkeit wurde sie am 26.10.40 in das Israelische Krankenhaus gebracht, wo sie am 13.12. 1940 verstarb - elf Tage, nachdem Helmle mit seiner Frau die Wohnung der Jüdin bezogen hatte. Er musste also davon ausgegangen sein, dass die Frau entweder sterben oder nach ihrem Krankenhausaufenthalt deportiert werden würde.
Ab Oktober 1941 kam es zu Massendeportationen von Juden aus dem deutschen Reichsgebiet. Die Finanzämter erweiterten daraufhin ihre Tätigkeiten zur vollständigen Enteignung der Juden, einschließlich Ausplünderung der zwangsweise verlassenen Wohnungen. Nach einer Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25.11.1941 verloren Juden mit der Deportation die deutsche Staatsbürgerschaft und damit ihr Vermögen, das ans Reich fiel. Für das enteignete Vermögen war die Finanzverwaltung zuständig. Ab August 1942 war Helmle Mitarbeiter der „Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen“ in Mannheim. Das beschlagnahmte Eigentum wurde günstig vor allem an Familien, die durch Fliegerangriffe ihren Hausrat verloren hatten, verkauft. Helmle entschied mit über diese Vergabe.
Anfang September 1943 war auch die Wohnung der Helmles durch einen Luftangriff auf Mannheim schwer geschädigt worden. Von der NS-Kreisleitung erhielt er den „Ausweis für Fliegergeschädigte A“. Damit verbunden waren „bevorzugte Einkaufsmöglichkeiten“ von enteignetem jüdischem Besitz.
Bruno Helmle nutzte diese Möglichkeit in großem Umfang. Bis Ende 1944 erwarb er jüdische Umzugsgüter im Wert von 4694,80 Reichsmark. Sein Jahresbruttoeinkommen lag 1944 nach eigenen Angaben bei 4.300 Reichsmark. Zum Vergleich: der Durchschnittswert für die Neuausstattung eines Drei-Personen-Haushaltes lag 1943 bei 7000 Reichsmark. Dabei ist zu bedenken, dass Helmle das gebrauchte Haushaltsgut viel billiger erwarb. Der von ihm gezahlte Betrag, so urteilt die Kommission, hatte „offenbar den Wert mehrerer durchschnittlich ausgestatteter, gebrauchter `Judenwohnungen´“. Die Kommission betont, dass Helmles Vorteilsnahme auch für damalige Verhältnisse ungewöhnlich war.

Helmles Einsatz für die Kirche

Bei einem Luftangriff auf Mannheim am 9.5.1941 wurde die Pfarrkirche Sankt Josef im Stadtteil Lindenhof beschädigt. Helmle hatte früher in dieser Kirche ministriert, seine Eltern wohnten in der Nähe. Als „Vertreter des Reichsinteresses bei Kriegssachschäden“ genehmigte er der Kirchengemeinde Mittel für den Wiederaufbau des Gotteshauses.
Nach dem Zeugnis von Pfarrer Johmann von Lohmann 1947 stieß die von Helmle bewilligte Hilfe auf „schärfsten Widerstand der Partei“. Sein Einsatz habe schließlich zu seiner „Abberufung“ und „Entlassung“ aus der Partei geführt. Hier weist die Kommission auf Unstimmigkeiten der zeitlichen Zusammenhänge hin. So muss sich Helmles Auseinandersetzung mit der NSDAP 1941/42 stattgefunden haben. Zwar wurde Helmle auch als „Vertreter des Reichsinteresses für Kriegssachschäden“ bei der „Verwertungsstelle für volksfeindliches Vermögen“ in Mannheim abberufen, allerdings erst Ende 1943. Die Abberufung erfolgte nach einer mehrmonatigen krankheitsbedingten Abwesenheit Helmles, weshalb auch seine Einberufung zur Wehrmacht hinfällig wurde. Es ist anzunehmen, dass seine Abberufung von dieser für das Regime wichtigen Tätigkeit hierin seine Ursache hat, worauf auch andere Quellen verweisen. Die Stelle wurde umgehend neu besetzt.

Helmles Wechsel an das Finanzamt Konstanz 1944

Nach seiner Gesundung wurde Helmle 1944 am Finanzamt Mannheim-Stadt zunächst für einige Monate mit nicht mehr zu klärender Zuständigkeit wieder verwendet. Offenbar bemühte er sich seit dem Frühjahr 1944 um eine Versetzung nach Konstanz. Der Grund liegt vermutlich in der Nähe zu Meersburg: daher stammte seine Mutter, und seit Anfang 1944 lebten seien Eltern wieder dort.
Am 1.12.1944 trat Helmle seinen Dienst am Finanzamt Konstanz an, als Stellvertreter des Finanzamt-Vorstehers. Diese Tatsache verschweigt Helmle in seiner Autobiografie, wonach er erst „Anfang Februar 1945 an den See gelangt“ sei.
Helmle übernahm unter anderem den Aufgabenbereich „Verwaltung jüdischen und reichsfeindlichen Vermögens“. In dieser Funktion bot er der Stadtverwaltung am 22.2.1945 den Konstanzer Judenfriedhof zum Erwerb an.

Helmles Karriere gerät ins Stocken: 1945-47

Am 26.4.1945 wurde Konstanz von französischen Truppen besetzt. Im Mai wurde Helmle vom zuständigen Offizier der französischen Bezirksmilitärregierung, Capitaine Bourgogne, als Vorsteher des Finanzamtes Konstanz eingesetzt. Die obligatorische politische Überprüfung mit Hilfe eines Fragebogens überstand Helmle: die Fragen bezogen sich auf die Mitgliedschaft in der NSDAP, deren Untergliederungen und angeschlossene Verbände, nicht aber auf Einzelheiten seiner beruflichen Tätigkeit.

Auch in Konstanz wurden – wie in nahezu allen deutschen Finanzämtern – diejenigen Beamte, die bis 1945 die wirtschaftliche und fiskalische Verfolgung der Juden getragen hatten, nun als `sachkundige´ Beamte für die Regelung der Vermögensansprüche der wenigen Überlebenden eingesetzt. Helmle erwies sich in seiner neuen Funktion als erstaunlich wandlungsfähig. So wendete sich ein 74jähriger Zahnarzt, der 1940 nach Gurs deportiert worden war, an Helmle mit Bitte um Rückerstattung des konfiszierten Vermögens. Der befürwortet gegenüber der Militärregierung den Fall „wärmstens mit Bitte um Auszahlung der genannten Beträge.“

Helmle wohnte zu dieser Zeit bei seinen Eltern in Meersburg, wo er am 14.6.1945 Bürgermeister wurde. Am 1.2.1946 wurde Helmle aufgrund seiner NSDAP-Mitgliedschaft vom Überlinger Landrat seines Amtes als Meersburger Bürgermeister enthoben. Diese Amtsenthebung erfolgte im Rahmen einer Generalmaßnahme der französischen Militärregierung.

Kurz vor Eintreffen der Verfügung trat Helmle von seinem Amt als Bürgermeister zurück – und kam damit knapp der Amtsenthebung zuvor. Er begründete den Rücktritt mit seiner „angegriffenen Gesundheit“ und Arbeitsüberlastung. In seiner Autobiografie stellte er den Rücktritt als freiwilligen Schritt dar.

Am 12.11.1946 erfolgte seine Entlassung als Vorsteher des Finanzamtes Konstanz. Der Vorwurf lautete, dass er bei seinem im Frühsommer 1945 ausgefüllten Fragebogen der französischen Militärregierung seine Mitgliedschaft in der Motor-SA verschwiegen habe. Daher wurde Helmle vor dem Tribunal Intermediaire de Bade wegen Fragebogenfälschung angeklagt. Am 5.3.1947 wurde sein Fall in Konstanz verhandelt. Dort gab eine Mitarbeiterin Helmles an, die fehlenden Angaben zur Motor-SA seien ein Versehen ihrerseits gewesen. Daraufhin wurde Helmle freigesprochen.

Seine Wiedereinsetzung als Vorsteher des Finanzamtes Konstanz wurde allerdings von der nächsthöheren Instanz in Freiburg gestoppt. Capitaine Ney, der für Entnazifizierungsfragen zuständige Offizier, machte seine Wiedereinsetzung vom Ausgang des Spruchkammerverfahrens im Rahmen der Entnazifizierung abhängig. Aus diesem ging Helmle als „entlastet“ hervor – ein ausgesprochen seltener Fall: tatsächlich bekamen nur 0,11 Prozent der etwa 250.000 überprüften Badener diese Stufe. Die zahlreichen Entlastungszeugnisse, die sich Helmle besorgt hatte und seinen Einsatz für die Kirche sowie Konflikte mit örtlichen Vertretern der NSDAP betonten, waren hier maßgebend.

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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -