Kleine Leute als große Helden? Das Fluchthilfenetzwerk um Luise Meier und Josef Höfler im Nationalsozialismus
Methodenvorschalg
Behandlung des Themas in der Schule
Kompetenzorientierung
In Hinblick auf die Methodenkompetenz bietet das Modul eine intensive Beschäftigung mit Selbstzeugnissen (Autobiografien, Interviews). Dabei werden die Schülerinnen und Schüler bewusst mit längeren Quellenauszügen konfrontiert.
Diese sollen nicht nur die Fähigkeiten zur Quellenanalyse fördern, sondern auch, im Sinne der Reflexionskompetenz, historische Perspektivenübernahme schulen. Das umfangreiche und subjektive Quellenmaterial ermöglicht es, Persönlichkeiten, Motive und Verhaltensweisen historischer Akteure konkret und sehr anschaulich zu erfassen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Orientierungskompetenz: die Schülerinnen und Schüler sollen die Motive der Fluchthelfer analysieren und ihr Handeln bewerten.
Unterrichtsablauf
Es liegen Arbeitsblätter für SEK1 und SEK 2 vor. Das verwendete Quellenmaterial ist dasselbe, die Arbeitsaufträge sind dem Alter angepasst. Auf eine Kürzung der autobiographischen Quellen wurde bewusst verzichtet, da dies einen Verlust an Konkretheit und Anschaulichkeit bedeutet und den Zugang zu den historischen Akteuren erschwert hätte.
Methodisch und inhaltlich gliedert sich das Modul für SEK I und SEK II in drei Phasen.
Einführungsphase (1/2 - 1 Doppelstunde)
Hier werden die Schülerinnen und Schüler mit dem Leben der Juden im Berliner Untergrund um 1943 – zur Zeit der Deportationen – vertraut gemacht. Dies kann über Ausschnitte aus dem sehr eindringlichen historischen Spielfilm `Nicht alle waren Mörder´ von Jo Baier geschehen. Der Film basiert auf der Autobiografie des deutsch-jüdischen Schauspielers Michael Degen und zeigt das Leben des jungen Michael Degen und seiner Mutter, die, in Berlin versteckt, die NS-Zeit überlebten (Infos zum Film auf D 1 ).
Alternativ oder in Ergänzung können Auszüge aus der Autobiografie des jüdischen Lehrers Jizchak Schwersenz ( AB 1 ) verwendet werden. Jizchak Schwersenz ist einer der Flüchtlinge, die dank Luise Meier und Josef Höfler in die Schweiz fliehen konnten.
Mit AB 2 erhalten die Schülerinnen und Schüler grundlegende Informationen zum Fluchthilfenetzwerk und zu den Flüchtlingen. Anhand des Materials sollen Schülerinnen und Schüler Fragen und Beobachtungen bezüglich der Fluchthilfe formulieren. Diese Fragen sollen dann die Erarbeitungsphase vorstrukturieren.
AB 1 oder AB 2 können beide auch gut als Hausaufgabe verwendet werden. Die Arbeitsblätter können im GU in Einzel- oder Partnerarbeit bearbeitet werden.
Erarbeitungsphase (1-2 Doppelstunden)
Hier sollen sich die Schülerinnen und Schüler in thematisch differenzierter Gruppenarbeit mit den Autobiografien von drei Flüchtlingen [Lotte Kahle ( AB 3 ), Jizchak Schwersenz ( AB 4 ) und Ernst Ludwig Ehrlich ( AB 5 )] sowie dem zusammengefassten Interview der Fluchthelferin Luise Meier ( AB 6 ) auseinandersetzen. Jede Gruppe beschäftigt sich mit je einem der umfangreichen Arbeitsblätter.
Natürlich ist es auch möglich, sich nur mit einem Selbstzeugnis zu befassen. Allerdings lohnt die arbeitsteilige Beschäftigung mit allen Quellen, da sie verschiedene Perspektiven auf die Fluchthilfe und die Fluchthelfer bieten. Alle sind sehr spannend zu lesen und voller „Action“!
Für stärkere Schülerinnen und Schüler eignen sich die umfangreichen Auszüge von Lotte Kahle, deren Innensicht am differenziertesten und deren Schilderung der Fluchthilfe und -helfer am detailliertesten sind. Etwas leichter zu lesen und weniger umfangreich sind die Auszüge von Jizchak Schwersenz und Luise Meier, am konzisesten und einfachsten sind die von Ernst Ludwig Ehrlich. Bewusst wurden zwei weibliche und zwei männliche Akteure ausgewählt.
Die Arbeitsaufträge der Arbeitsphase 1 beziehen sich auf eine genaue Analyse der Quelle. Die Arbeitsphase 2 (fakultativ) fordert von den Schülerinnen und Schüler eine kreative Umsetzung. Dabei soll vor allem die Fähigkeit zur historischen Perspektivenübernahme gefördert werden: Schülerinnen und Schüler sollen anhand der Quellen ein kurzes fiktives Rollen- oder Hörspiel oder einen inneren Monolog zur Fluchthilfe verfassen, der dann vor der Klasse präsentiert werden soll. Dieser kreative Beitrag soll nur einen besonderen Moment der Flucht festhalten, den Schülerinnen und Schüler als besonders eindrücklich empfunden haben. Dazu sollen Schülerinnen und Schüler in einem kurzen Vortrag noch ihre Quelle und den Verfasser kurz vorstellen. Dieser Vortrag dient dann auch als erste Ergebnissicherung. Die gesamte Präsentation darf pro Gruppe nicht mehr als 5 Minuten in Anspruch nehmen.
Präsenationsphase (fakultativ: 1 DS)
An die Präsentation der Kurzvorträge und der Rollen- und Hörspiele schließt sich jeweils ein Unterrichtsgespräch an, in dem auf die Art der Fluchthilfe, die Persönlichkeiten usw. eingegangen werden kann.
Reflexionsphase (1/2 – 1 Doppelstunde)
Mit Hilfe von AB 7 und/oder AB 8 sollen die Schülerinnen und Schüler die Motive und das Handeln der Fluchthelfer analysieren und bewerten. AB 7 enthält Bewertungen von Flüchtlingen zu den Fluchthelfern, AB 8 Bewertungen von zwei Historikern. Ein abschließendes Arbeitsblatt ( AB 9 ), das als Hausaufgabe eingesetzt werden kann, dient zur abschließenden Ergebnissicherung.
Reduktionsmodell
„Das Thema in 2 Unterrichtsstunden“ (optional)
Einstieg
Anhand eines einleitenden Lehrervortrags zur Situation der untergetauchten Juden nach 1941 und/ oder einer kurzen Filmsequenz (aus `Nicht alle waren Mörder´ (siehe D 1 ) und einem anschließenden Unterrichtsgespräch kann die prekäre Situation der Juden dargestellt und zum Thema Fluchthilfe übergeleitet werden. (20 min.)
Hinführung
Anhand von AB 2 sollen Schülerinnen und Schüler Fragen & erste Beobachtungen zu Fluchthelfern & Flüchtlingen formulieren. (15 min.)
Erarbeitung
Anhand von AB 5 (Ernst Ludwig Ehrlich) analysieren die Schülerinnen und Schüler das zusammengefasste Interview in Hinblick auf die Fluchthilfe, die Persönlichkeit des Flüchtlings und die Motive der Fluchthelfer. (30 min.)
Reflexion
Im Unterrichtsgespräch werden die Fragen besprochen. Zusätzlich können einzelne Quellen von AB 7 und/oder AB 8 auf Folie gezeigt & diskutiert werden. Die Auszüge sollen dazu dienen, die Motive und das Handeln der Fluchthelfer zu bewerten. (25 min.)
- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -