"Kriegerdenkmäler"

Hintergrundinformationen

1.1 Kurzbeschreibung

Kriegerdenkmäler für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs finden sich in nahezu jedem Ort in Deutschland. Insofern stellen sie Beispiele einer Quellengattung dar, die sich von beinahe jeder Schule aus ohne größeren Vorbereitungsaufwand besuchen und untersuchen lassen. Die Betrachtung und Analyse der Kriegerdenkmäler dient der Einübung bzw. Vertiefung verschiedener Kompetenzen. Neben der Kompetenz, einen Gegenstand präzise beschreiben zu können, sei hier vor allem hingewiesen auf die Kompetenz, Denkmäler zu vergleichen, und – ausgehend vom Vergleich – zu einem historischen Urteil zu kommen. Vergleiche sind dabei möglich zwischen verschiedenen Kriegerdenkmälern für Soldaten des Ersten Weltkriegs; zwischen Denkmälern, die den Gefallenen des Ersten bzw. des Zweiten Weltkriegs gewidmet sind; zwischen Kriegerdenkmälern in verschiedenen Ländern, zum Beispiel deutschen und französischen.

Das Modul wendet sich vorwiegend an Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II, soweit der Schwerpunkt auf der vergleichs- und Beurteilungskompetenz liegt. Auch mit Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I lässt sich produktiv mit der Quellengattung „Kriegerdenkmäler“ arbeiten. In ihr wird der Schwerpunkt der Beschäftigung aber eher auf der Beschreibung und dem Vergleich verschiedener Denkmäler liegen. Weil sich die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I noch nicht mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt haben, sind die Möglichkeiten der Beurteilung verschiedener Denkmäler zwar prinzipiell gegeben, allerdings auf einem niedrigeren Niveau.

Eine Binnendifferenzierung lässt sich erreichen, wenn die genannten Kompetenzen mit unterschiedlichen Leistungsniveaus verbunden werden.


1.2 Zeittafel

Kriegerdenkmäler: Geschichte

Kriegerdenkmäler, wie man sie in sehr vielen Städten und Dörfern in Deutschland finden kann, erinnern an einfache Soldaten; in diesem Sinne stellen sie eine Gattung des Denkmals dar, die noch nicht sehr alt ist. Erst im frühen 19. Jahrhundert, im Zusammenhang der Kriege gegen das napoleonische Frankreich, tauchen Kriegerdenkmäler auf. Das bekannteste Beispiel für ein Denkmal im Zusammenhang mit den Befreiungskriegen dürfte das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig sein.

Zuvor wurden Denkmäler nur Feldherren oder hohen Offizieren gewidmet; einfache Soldaten wurden offensichtlich nicht als denkmalswürdig betrachtet. Vergegenwärtigt man sich die soziale Stellung der einfachen Soldaten einerseits und der Heerführer und Offiziere andererseits, wird deutlich, dass die Errichtung von Kriegerdenkmälern auch ein Indiz dafür ist, dass sich eine Verbürgerlichung der Gesellschaft erkennen lässt: Der (adlige) Feldherr tritt, zumindest ein Stück weit, in den Hintergrund; die (nicht-adligen) einfachen Soldaten treten in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Während die Zahl der Denkmäler, die an die Befreiungskriege erinnern, insgesamt noch überschaubar ist, wuchs die Zahl der Denkmäler, die in Erinnerung an den Deutsch-französischen Krieg 1870/71 errichtet wurden. Sie sind oft aber nicht nur den Gefallenen gewidmet, sondern den Teilnehmern am Krieg im Ganzen.

Einen wichtigen Impuls für die Errichtung von Kriegerdenkmälern stellt ein Reichsgesetz aus dem Jahre 1890 dar, das den Gemeinden das Recht verlieh, Denkmäler zu errichten. Insbesondere zu den Jahrestagen des Sieges über Frankreich wurden zahlreiche Denkmäler geschaffen. Die Initiative ging dabei von den politischen Gemeinden aus, von Kirchengemeinden und insbesondere von Kriegervereinen.

Solche Denkmäler finden sich häufig in der Nähe von Friedhöfen – wie es unter anderem auch in Gutach der Fall ist. Während Denkmäler, die an die Befreiungskriege erinnern, oft in Form von Gedenktafeln in Kirchen errichtet wurden, wurden sie jetzt im öffentlichen Raum aufgestellt, wobei oft eine exponierte Lage gewählt wurde – auch hierfür ist das Gutacher Denkmal, das im alten Ortsmittelpunkt steht, ein gutes Beispiel. Demgegenüber ist das Triberger Denkmal an die Peripherie des Ortes gerückt. Aufgrund seiner erhöhten Lage und auf Grund seiner architektonischen Besonderheit, nämlich des Turmes, ist es aber aus verschiedenen Richtungen gut sichtbar und trägt zur Prägung des Ortsbildes bei.

Die Kriegerdenkmäler für die Gefallenen der Einigungskriege waren nicht nur ein Erinnerungsort, ein Ort des Gedenkens an die Toten, sondern vielerorts auch Schauplatz von Siegesfeiern und nationalistischem Gepränge, zu dem unter anderem der „Sedanstag“ veranlasste.

Derlei Feiern waren mit Blick auf den ersten Weltkrieg nicht möglich. Da er mit einer Niederlage geendet hatte, konnten die Kriegerdenkmäler nicht zu einer Feier des Sieges über den Kriegsgegner veranlassen. Der Tod der Soldaten musste also auf eine andere Art und Weise mit einem Sinn versehen werden. Daher betonen die Kriegerdenkmäler für die Gefallenen des ersten Weltkrieges vor allem deren Opferbereitschaft und deren Heldenhaftigkeit; ihnen soll ein ehrendes Andenken entgegengebracht werden. Begriffe aus den Wortfeldern „Ehre“ und „Held“ prägen dementsprechend die Inschriften vieler dieser Kriegerdenkmäler – auch die Denkmäler in Gutach und Triberg sind Beispiele hierfür.

Auffällig ist dabei, dass Kriegerdenkmäler für die Gefallenen des Weltkrieges vor allem in Dörfern und kleineren Gemeinden zu finden sind, in der Form eines Denkmals, das die Gefallenen namentlich nennt, aber nur selten in Großstädten. Dies hängt mit der Hohen Zahl der im Krieg Getöteten zusammen, die es einer Großstadt auch finanziell erschweren, alle Gefallenen zu nennen. Eine Ausnahme bildet München; auf dem dortigen, im Hofgarten gelegenen Kriegerdenkmal wurden nach dem ersten Weltkrieg die ca. 13000 Namen der Münchner Gefallenen verzeichnet. Nachdem das Denkmal im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört worden war, wurde an eine neuerliche Anbringung entsprechender Inschriften verzichtet. Für die Toten des zweiten Weltkrieges wurde eine Inschrift gewählt, die verschiedene Gruppen von Getöteten summarisch zusammenfasst: „Zum Gedenken / an die 22.000 Gefallenen / 11.000 Vermissten / 6.600 Opfer des Luftkrieges / der Stadt München / 1939-1945“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf die namentliche Nennung von Gefallenen zum Teil auch in kleineren Gemeinden verzichtet. Überhaupt erscheint das Gedenken schlichtere Formen anzunehmen. Neue Kriegerdenkmäler entstanden zwar auch; öfter aber wurden bestehende Denkmäler ergänzt. Die Art und Weise, wie die Ergänzungen ausfielen, ist allerdings bezeichnend: In Gutach wurde, verglichen mit dem aufwändig gestalteten Denkmal für die Toten des ersten Weltkrieges, eine wesentlich schlichtere Form gewählt: Auf einem Gedenkstein ist das Datum des Zweiten Weltkrieges verzeichnet sowie die Namen der Gefallenen. Weitere Inschriften oder Symbole, die eine Interpretation der Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und mit ihnen auch des Todes der Soldaten zuließen, finden sich nicht. Wird den Soldaten des ersten Weltkrieges noch attestiert, sie hätten „Ruhm und Ehre“ erworben, so herrscht mit Blick auf die Soldaten des Zweiten Weltkrieges Sprachlosigkeit.

Dies hat wohl verschiedene Gründe: Möglicherweise lag eine Art historischer Verunsicherung vor; eine Unsicherheit hinsichtlich der Frage, wie man das Handeln der Soldaten im Zweiten Weltkrieg einschätzen könne. Möglicherweise lag aber auch ein Gespür dafür vor, dass es nicht angehe, die Soldaten des Zweiten Weltkrieges ähnlich holzschnittartig zu charakterisieren wie diejenigen des Ersten – so problematisch eine solche Charakterisierung auch immer ist; „Ruhm und Ehre“ werden ihnen nicht zugesprochen. (Anders in dieser Hinsicht ist das Triberger Denkmal, das die Gefallenen des Ersten Weltkrieges ebenso wie diejenigen des zweiten zu „Helden“ erklärt.)

Passend zu dieser Verunsicherung ist neben seiner Schmucklosigkeit die Platzierung des Denkmals für die Gefallenen des zweiten Weltkrieges: Es wurde buchstäblich an den Rand der Anlage gerückt, in deren Mittelpunkt das Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkrieges steht. Diese Lage lässt sich aber auch noch anders interpretieren: Das dem Ersten Weltkrieg gewidmete Denkmal zeigt deutlich, dass im Zusammenhang seiner Planung und Errichtung eine Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg stattgefunden hat. Man kann diese Auseinandersetzung, die zu dem Ergebnis kam, den Soldaten „Ruhm und Ehre“ zu attestieren, kritisch betrachten; man kann die ebenso skeptische Sicht auf den Krieg, welche die Reliefs und die zentrale Skulptur als Interpretationsmöglichkeit erlauben, betonen – auf jeden Fall aber fand eine Auseinandersetzung mit dem Krieg statt, von der man mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg in Gutach – zumindest wenn man das Kriegerdenkmal in Augenschein nimmt – nichts erkennen kann.

Somit liegt in Gutach eine Mischung aus Gedenken und Verdrängung vor: Die Toten des Zweiten Weltkrieges und mit ihnen die Ereignisse des zweiten Weltkrieges, also auch die mit ihm verbundenen Kriegsverbrechen sowie der Holocaust, werden an den Rand und aus dem Blick gerückt. Dies ist aber keinesfalls ein Phänomen, das nur auf das Gutacher Kriegerdenkmal zutrifft; vielmehr spiegelt sich hier ein nach 1945 feststellbare allgemeine Tendenz.

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- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg -