Ein Schülerguides-Projekt zur Dokumentationsstätte „Lager Weinsberg“ im Rahmen eines Seminarkurses

Autor: Steffen Gassert

- Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Stuttgart -

Die Dokumentationsstätte „Lager Weinsberg“ besteht aus einer Holzbaracke des ursprünglichen Lagers, in der sich eine Daueraustellung zur wechselvollen Geschichte des Lagers Weinsberg befindet.

Eingang zur Dokumentationsstätte Lager Weinsberg

B1 Eingang zur Dokumentationsstätte Lager Weinsberg


Kooperationspartner für die Dokumentationsstätte

Organisatorischer Ansprechpartner für das Lager Weinsberg ist das Amt Kultur und Sport der Stadt Weinsberg (Tel. 07134/512-112).

Für die inhaltliche und fachwissenschaftliche Beratung steht in der Dokumentationsstätte der Stadthistoriker Dr. Bernd Liebig zur Verfügung.

Eine Kurzübersicht findet sich auf der Homepage der Stadt Weinsberg:

Öffnungszeiten:
Ohne Voranmeldung ist das Lager jeden 1. Sonntag im Monat von 14.00 Uhr – 17.00 Uhr geöffnet. Andere Termine stehen nach Vereinbarung zur Verfügung.

Lage:
Die Dokumentationsstätte „Lager Weinsberg“ liegt im Wohngebiet „Westlich des Stadtseebaches“ in Verlängerung der Karl-Weinbrenner-Straße.
Bei der Anfahrt mit dem Auto gibt es begrenzte Parkmöglichkeiten in der Karl-Weinbrenner-Straße oder am Parkplatz bei den Sportanlagen (Rappenhofweg), ca. 5 Gehminuten von der Dokumentationsstätte entfernt.

 

Historischer Hintergrund

Das Lager Weinsberg wurde als Landwehrübungslage 1937 errichtet. Der Bau war einerseits Folge der Wiedereinführung der Wehrpflicht und andererseits als Kompensation für die im Jahr 1926 erfolgte Auflösung des Oberamts Weinsberg gedacht. Im Zusammenhang mit einer grundlegenden Verwaltungsreform Württembergs verlor Weinsberg seinen Status als regionales Verwaltungszentrum und hatte dadurch mit nicht unbedeutenden wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen. Durch den Bau des Landwehrübungslagers und die Kaufkraft der rund einberufenen Landwehrsoldaten sollte eine Abfederung der ökonomischen Folgen erreicht werden.

Mit Beginn des Krieges wurden die Landwehreinheiten abgezogen. Von 1940 bis zum Kriegsende wurde das Lager in ein Kriegsgefangenenlager umgewandelt. Das Lager für kriegsgefangene Offiziere (Bezeichnung: Oflag V A) wurde zunächst mit französischen Offizieren belegt, ab 1943 dann mit vorwiegend britischen Offizieren.

Mit dem Kriegsende in Weinsberg diente das Lager vom April 1945 an bis Anfang 1953 als Unterkunft für ehemalige polnische Zwangsarbeiter und Displaced Persons.

Nachdem die letzten ehemaligen Zwangsarbeiter das Lager verlassen hatten, wurde das Lager Weinsberg weiter genutzt, diesmal aufgrund der langfristigen Folgen des Krieges: Für knapp zwei Jahrzehnte, vom Frühjahr 1953 bis Anfang 1972 wurde das Lager als Durchgangslager für Flüchtlinge und Vertriebene genutzt. Auch der ehemaligen Bundespräsident Horst Köhler befand sich mit seiner Familie vom 3. bis 11. Mai 1953 im Lager.

Nach Schließung des Lagers im Jahr 1972 wurden die Gebäude abgerissen; von den 39 Barracken ist nur noch eine erhalten, in der sich die Dokumentationsstätte befindet. Diese wurde 1995 eröffnet und zeigt Bilder, Briefe, Karten und Gegenstände, die die wechselvolle Geschichte des Lagers anschaulich machen. Informationstafeln und ein ca. 10 Quadratmeter großer Wandvorhang mit einer Luftbildaufnahme des Lagers runden den Dokumentationsraum ab.

 

Themen der Führungen

Die geschichtliche Entwicklung des Lagers und die chronologische Struktur der Ausstellung geben im Wesentlichen auch die Themenverteilung für die verschiedenen Führungen vor.

Themenfeld 1: Geschichte und Vorgeschichte des Landwehrübungslagers

Themenfeld 2: Leben im Kriegsgefangenlager I (französische Kriegsgefangene)

Themenfeld 3: Leben im Kriegsgefangenenlager II (britische Kriegsgefangene)

Themenfeld 4: Lager für Displaced Persons

Themenfeld 5: Durchgangslager für Flüchtlinge und Vertriebene

Themenfeld 6: Lage und Aufbau des Lagers

Innerhalb dieser Themenfelder lassen sich verschieden Vertiefungsthemen für die begleitende Dokumentation entwickeln.

 

Beispiele für mögliche Vertiefungsthemen:

Als Kriegsgefangener im Lager Weinsberg – Auswertung von Briefen französischer Kriegsgefangener

Das Lager Weinsberg als Teil des Systems der deutschen Kriegsgefangenenlager.
Lagerbewohner im Vergleich – Kriegsgefangene, Displaced Persons und die Weinsberger Bevölkerung

Displaced Persons und die Weinsberger Bevölkerung – ein konfliktreiches Verhältnis?

Als Flüchtlinge im Lager Weinsberg – ein Leben am Rand der Gesellschaft?

Zeitzeugen im Vergleich – der Alltag im Lager Weinsberg 1953 -1972

Eine Kindheit im Lager Weinsberg – Vertriebene auf der Suche nach einer neuen Heimat

 

Jahresplanung

Die Jahresplanung des Seminarkurses verfolgt zwei Zielsetzungen:
1. Vorbereitung und Durchführung einer Führung durch einen Teilbereich der Ausstellung.
2. Erstellung einer Seminararbeit (Dokumentation) als thematische Vertiefung des gewählten Teilbereichs. Diese muss wissenschaftlichen Anforderungen genügen und umfasst ca. 10-12 Seiten.

Aufgrund dieser Ziele ergibt sich für das Schuljahr eine grobe viergliedrige Struktur:

In der ersten Phase (bis zu den Herbstferien) findet die thematische Annäherung an das Lager Weinsberg statt. Auch werden die Grundlagen für wissenschaftliches Arbeiten vermittelt. Ein erster gemeinsamer Besuch der Dokumentationsstätte erlaubt den Schülerinnen und Schülern dabei eine erste Übersicht zum Thema. (AB 1 Beobachtungsblatt 1)

In der zweiten Phase (bis zum Ende des Halbjahres) wird das Vertiefungsthema festgelegt und mit der Arbeit an der Dokumentation begonnen (AB 2 Themenfindung). Rechercheergebnisse, Gliederungen und Schwerpunktsetzungen werden in einer Präsentation vorgestellt und im Plenum reflektiert (AB 3 Bewertungskriterien Gliederung).

In der dritten Phase (bis zu den Osterferien) wird die Arbeit an der Dokumentation fortgesetzt, in den Vordergrund tritt jedoch die Vorbereitung der Führung.
In die abschließende vierte Phase (Prüfungsphase) fällt die Abgabe der Dokumentation, anschließend die benotete Führung und das Kolloquium.

Die benotete Führung kann in unterschiedlicher Form stattfinden. Es ist möglich, die Führung als Einzelprüfung durchzuführen, in der nur die Seminarkursleiter anwesend sind. Eine andere Variante wäre die Führung in Kleingruppen, in der zwei bis drei andere Kursteilnehmer zusätzlich anwesend sind, so dass eine Führung besser simuliert werden kann.

 

Methodik

Die Erarbeitung der Führung läuft in drei Schritten ab.
Im ersten Schritt erfolgt zunächst die inhaltliche und methodische Annäherung an die Führung (AB 4 Eine Führung planen). Die Auseinandersetzung mit dem gewählten Ausstellungsbereich geschieht im Rahmen eines Besuchs der Dokumentationsstätte. Die Schülerinnen und Schüler werden über die Anregungen von AB4 auf spezifische Chancen, Möglichkeiten und Herausforderungen ihres Ausstellungsbereichs aufmerksam gemacht.
Sie erarbeiten ein inhaltliches Leitkonzept für die Führung. Dabei setzen sie vor allem inhaltliche Schwerpunkte und entwickeln einen roten Faden.
Danach fließen Überlegungen zur konkreten Vortragsgestaltung ein, beispielsweise Methoden zur gezielten Einbindung der Zuhörer.

Im zweiten Schritt steht die genaue inhaltliche Ausarbeitung der Führung im Zentrum. Arbeitsgrundlage sind Fotos der jeweiligen Ausstellungsbereiche, an denen sich die Schülerinnen und Schüler in ihrer häuslichen Vorbereitung orientieren können.

Im dritten Schritt wird der Vortrag dann in Kleingruppen vor den jeweiligen Ausstellungsmodulen geübt. Dabei kann AB 5 Beobachtungsblatt 2 verwendet werden.

 

Bewertung

In die Bewertung fließen folgende Teilbereiche mit ein:

1. Eine Note zur Dokumentation (Seminararbeit)

2. Eine Note für die Führung

3. Eine Note für das an die Führung anschließende Kolloquium

4. Eine Unterrichtsnote für jeweils ein Halbjahr.

 

Fazit

Die hier vorgestellte Form des Seminarkurses eröffnet die Möglichkeit, den Arbeitsschwerpunkt der Schülerinnen und Schüler stärker auf Fragen der Vortragsgestaltung zu lenken. Zudem ergeben sich Möglichkeiten der Kooperation mit außerschulischen Lernpartnern und eine intensivere Auseinandersetzung des Kurses mit der Geschichte des eigenen Lebensumfelds.

 

Weiterführende Literatur
Gabriele Halter: Lager Weinsberg. Eine Dokumentation der Geschichte des Lagers 1937–1977. Stadt Weinsberg, Weinsberg 1987

Bildmaterial:
B1 Eingang zur Dokumentationsstätte Lager Weinsberg © Steffen Gassert, 04.2020

Arbeitsblätter (im pdf-Format):

AB 1 Beobachtungsblatt 1

AB 2 Themenfindung

AB 3 Bewertungskriterien Gliederung

AB 4 Eine Führung planen

AB 5 Beobachtungsblatt 2

Alle Arbeitsblätter im pdf- und docx-Format: download als zip-Datei

 


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Herausgeber: Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Quelle: https://www.schule-bw.de

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