Atmung von aquatischen Insekten
Auch die aquatischen Insekten sind wie die terrestrischen Insekten von einem Netz von Tracheen durchzogen. Dabei ist entweder ihr Tracheensystem mit Öffnungen nach außen versehen oder es ist nach außen völlig abgeschlossen. Aquatische Insekten nutzen entweder den Luftsauerstoff oder den in Wasser gelösten Sauerstoff.
Offenes Tracheensystem
Nutzung des Sauerstoffs der Luft
Manche Insekten öffnen ihr Tracheensystem nach außen, indem sie am Körperende ein Atemrohr ausbilden, über den sie den Sauerstoff aus Luft nutzen. Beispiel sind erwachsene Insekten wie die Wasserwanzen Wasserskorpion und Stabwanze. Aber auch manche Insektenlarven wie bspw. die der Stechmücken (Culicidae) versorgen so ihre Tracheen mit Sauerstoff. Ein auffälliges Tier ist die Larve der Mistbiene Eristalis, auch "Rattenschwanzlarve" genannt. Der Name rührt von dem bis zu 10 cm langen Atemrohr her, mit dem sie die Wasseroberfläche durchstoßen.
Diese Strategie ist in einem Fließgewässer gefährlich: Zum Atemholen muss das Tier an die Wasseroberfläche und wird dann unter Umständen verdriftet!
Andere wiederum nehmen einen kleinen Luftvorrat mit unter Wasser, aus dem sie den Sauerstoff entnehmen. So schließt die Larve der Kohlschnake Tipula beim Abtauchen eine Luftblase durch Zusammenklappen der Hinterleibsanhänge mit ein. Auch die Larven der Sumpfkäfer (Helodes sp.) nehmen eine kleine Luftblase an der Spitze des 8. Hinterleibssegments mit unter Wasser.
Stabwanze (Ranatra linearis) mit Atemrohr am Hinterleibsende. |
Gelbrandkäfer, eine große Schwimmkäferart |
Bei den Schwimmkäfern (Dytiscidae) müssen die großen Arten oft an die Wasseroberfläche auftauchen, um frische Luft zu schöpfen. Dabei tauchen sie so weit auf, dass das Hinterende des Körpers die Wasseroberfläche durchbricht. Die Luft dringt dabei zwischen die zusammengelegten Hautflügel (das zweite Flügelpaar), unter denen sich an den Hinterleibssegmenten die Atemöffnungen befinden. Die gleichen Verhältnisse findet man beim Rückenschwimmer Notonecta, nur dass sich hier die Atemöffnungen an der Bauchseite befinden, da das Tier mit dem Rücken nach unten an der Wasseroberfläche hängt.
Alle diese Arten sind auf ein Luftholen angewiesen und haben dann unter Wasser einen starken Auftrieb, der ihnen beim Tauchen hinderlich ist: wenn sie sich nicht irgendwo festhalten oder Schwimmbewegungen machen, schweben sie unweigerlich wieder zur Wasseroberfläche hoch.
Schließlich gibt es noch die bemerkenswerte Strategie der Larven der Schilfkäfer (Donacia), die mit zwei langen Dornen am letzten Hinterleibssegment die Luftgefäße von Wasserpflanzen anstechen und mit den dort gelegenen offenen Stigmen die Luft aus den Gefäßen aufnehmen.
Nutzung des in Wasser gelösten Sauerstoffs
Manche Insekten überziehen sich mit einer dünnen Luftschicht, die sie mit unter Wasser nehmen. In diese Luftschicht diffundiert der in Wasser gelöste Sauerstoff in dem Maße, wie die Insekten ihn aus dieser Luftschicht entnehmen. Ein Problem ist aber der Stickstoff: er diffundiert aus der Luftschicht ins Wasser. Dadurch wird die Luftblase und damit auch deren Oberfläche kleiner. Irgendwann ist die Oberfläche zu klein, um eine ausreichende Diffusion des Sauerstoff zu gewährleisten, dann muss die Luft an der Wasseroberfläche erneuert werden. Solch eine Vorrichtung nennt man eine "physikalische Kieme" oder auch "kompressible Gaskieme".
Andere Insekten wie bspw. die Hakenkäfer (Dryopidae) weisen eine sog. Plastronatmung auf: Hier ist die Luftschicht sehr dünn (10 - 50 Mikrometer). Die Kompression wird hier verhindert, indem diese Luftschicht durch feine Cuticulastrukturen (Härchen, kleine Bäumchen) aufgespannt wird ("inkompressible Gaskieme"). In dieser Luftschicht herrscht ein Unterdruck, der Partialdruck von Sauerstoff ist kleiner als der im umgebenden Wasser, da über die Stigmenöffnungen Sauerstoff entzogen wird. Hakenkäfer können mit dieser Plastronatmung zeitlebens untergetaucht leben.
Geschlossenes Tracheensystem
Kiemenblättchen am Abdomen bei einer Eintagsfliegenlarve (Baetis sp.) |
Hinterleibssegmente der köcherlosen Köcherfliegenlarve Rhyacophila mit büschelförmigen Tracheenkiemen |
Bei vielen aquatischen Insektenlarven, deren Tracheensystem nach außen völlig abgeschlossen ist, bilden die Tracheen an der Körperoberfläche sog. Tracheenkiemen. Das sind Gebilde aus einer sehr dünnen Chitinschicht mit großer Oberfläche, bspw. sehr dünne Blättchen, die von einer sich verästelnden Trachee durchzogen werden. Beispiele sind die Larven der Eintagsfliegen (Ephemeroptera) und einiger Köcherfliegenarten (Trichoptera, bspw. köcherlose Arten wie Rhyacophila oder Hydropsyche aber auch köcherbildende Arten wie Limnephilus), die Tracheenkiemen am Abdomen aufweisen. Larven von Steinfliegen (Plecoptera) haben Tracheenkiemen an den Brustsegmenten und am letzten Hinterleibssegment, manche Larven von Käfern (z.B. des Hakenkäfers Elmis) weisen Tracheenkiemen ebenfalls am letzten Hinterleibssegment auf. Auch die abdominalen Schläuche oder Tubuli von Zuckmückenlarven (Chironomidae) nehmen Sauerstoff aus dem umgebenden Wasser auf, transportieren ihn aber nicht in das Tracheensystem sondern in die Hämolymphe.
Kleine Insekten und Insektenlarven atmen nur durch die Körperoberfläche. Bspw. tun dies die Larven der Zuckmücken (Chironomidae) mit ihrem hämoglobinartigen Blutfarbstoff, der ihnen ihre blutrote Färbung verleiht. Auch kleine Schwimmkäferarten (Dytiscidae) atmen nur durch die Körperoberfläche.
Kleine Schwimmkäferart (Länge 4 mm) |