Babylonische Algebra
Die Errungenschaften der Babylonier auf dem Gebiet der Algebra gingen
weit über den Stand der Ägypter hinaus.
Dies lag wohl vor allem an dem Sexagesimalsystem, dem Stellenwertsystem
mit der Basis 60, das die Babylonier verwendeten und das ihnen erlaubte,
algebraische Probleme zu behandeln, deren Lösung mehr verlangte als die
rationalen Operationen des Addierens, Subtrahierens, der Multiplikation und
Division.
Unsere Kenntnisse über die babylonische Mathematik sind noch sehr jung. Sie beruhen auf dem Inhalt einiger weniger hundert Tontafeln, die hauptsächlich in den Ruinen von Nippur und Kisch ausgegraben wurden und aus der Zeit von ca. 2000 bis 300 v. Chr. stammen, also etwa aus der Regierungszeit Hammurabis bis zur Regierung Alexanders des Großen.
Ein Beispiel macht deutlich, dass Textgleichungen die ursprüngliche Form der Gleichungen darstellen, bevor man eine algebraische Schreibweise ausgebildet hatte. Dieses Problem ist in einer Form verfasst, die an bei uns übliche Textaufgaben erinnert. Diese stammen lt. Resnikoff /Wells direkt von den babylonischen Übungsbüchern, die dem Abendland durch die Araber übermittelt wurden. Auch wenn die Aufgabe auf eine quadratische Gleichung führt, sei sie hier erwähnt; ist es doch beachtenswert zu sehen, dass viele hundert Jahre vor Christi Geburt Menschen fähig waren, Gleichungen höheren Grades zu lösen.
In einer modernen Fassung lautet die Aufgabe (1):
Aufgabe: |
Länge. Breite. Ich habe Länge und Breite multipliziert und dadurch die Fläche erhalten. Dann addierte ich zur Fläche den Überschuß der Länge über die Breite: 3,3 (im Dezimalsystem: 183 war das Ergebnis). Wiederum habe ich Länge und Breite addiert: 27. Gesuchte Länge, Breite und Fläche. | ||||||
(gegeben:) |
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(Ergebnis:) |
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Dann wird der Lösungsweg dargestellt. Dabei fällt auf, dass die
Babylonier kein Symbol hatten, das allein zur Darstellung der Unbekannten
benutzt wurde und unseren Zeichen x und y entspräche; sie benutzten dafür
Worte wie "Länge", "Breite", etc.. So addierten sie z. B. auch
bedenkenlos Länge zu Fläche.
Lösungsansatz: | |
Wir können die gestellte Aufgabe sinngemäß umschreiben durch zwei Gleichungen: |
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Die Lösung führt auf eine quadratischen Gleichung. |
Die Babylonier behandelten wie die Ägypter viele angewandte mathematische
Probleme wie Zinseszinsrechnung, Bauprobleme, Aufgaben über Metallegierungen
usw.. Ihre geschichtliche Bedeutung liegt jedoch in der Tatsache, dass sie
fähig waren, lineare, quadratische und sogar kubische Gleichungen zu
lösen.
(1) Resnikoff, H.L.; Wells, R.O.Jr.: Mathematik im Wandel der Kulturen. Braunschweig, Wiesbaden 1983, 68ff.