Beschränkung auf das Nützlichste - Der arabische Mathematiker Al-Hwarizmi
Wie sehr sich die Weltgeschichte in der Geschichte der Mathematik widerspiegelt, welch wunderliche Wege die Entstehung der Algebra geht, wird in den folgenden nur kurz skizzierten Ereignissen deutlich.
Am 10. Dezember 641 rückten die Heere der Araber in die ägyptische Metropole Alexandrien ein, brannten die Universitätsgebäude nieder und zerstörten die wertvollen Sammlungen. Unter dem Befehl des Kalifen Omar wurden innerhalb eines halben Jahres unzählige unwiederbringliche Manuskripte verbrannt.
Bald darauf begannen die Araber jedoch die abendländische Wissenschaft zu
verehren, und so geschah es, dass unter Harun al-Raschid und dessen
Nachfolger eine Zeit intensivster Arbeit anbrechen sollte, in der
griechische wissenschaftliche Werke aus Byzanz sowie jene der Inder in die
arabische Sprache übersetzt wurden.
Einem solchen Auftrag kam im 9. Jahrhundert ein bedeutender Gelehrter namens
Muhammad ibn Musa Al-Hwarizmi (um 780 - 850) nach. Im heutigen Usbekistan
geboren, wirkte er als Gelehrter am Hof des Kalifen al-Mamun in Bagdad in
der damals wichtigsten arabischen Forschungsstätte, im so genannten "Haus
der Weisheit". Er verfasste neben den Übersetzungen aus dem Indischen selbst
ein Buch, von dem es heißt, es "übertreffe alle anderen an Kürze und
Leichtigkeit" (1), was sicherlich auf die indische Zahlenschrift
zurückzuführen ist.
Sein für uns wichtigstes Buch führte den Titel "Al-gabr wa'l-mukabala" , zu
deutsch "Wiederherstellung und Gegenüberstellung". Das Wort "al-gabr" lebt
noch heute in unserer Sprache als "Algebra" weiter. In der Einleitung
schreibt der Verfasser, dass er sich auf das Leichteste, das Nützlichste der
Arithmetik beschränke, "wie es die Menschen am meisten brauchen, in Fällen
von Erbschaften, Legaten, Teilungen, Rechtsfragen und Handel und in all
ihren Geschäften miteinander..." (2)
So waren die Araber in der Kunst der Algebra so weit fortgeschritten, dass
sie Gleichungen, sogar quadratische und kubische, lösen konnten. Ihr
mathematisches Interesse war geprägt von einer starken Praxis und
Lebensbezogenheit, weniger vom reinen Geist der Wissenschaft. So trugen sie
vor allem dazu bei, das griechische und indische Gedankengut zu bewahren und
weiterzugeben.
(1) Karlson, Du und der Zauber der Zahlen, 181.
(2) A.a.O., 182.