Der Stromtransport im ländlichen Raum.


Diese Seiten wenden sich nicht an angehende Energieversorgungstechniker, sondern an Schülerinnen und Schüler, vor allem der Sekundarstufe I.
Wir wollen hier besprechen, wie der "Strom" in die Steckdose kommt.
An manchen Stellen können die Fakten daher etwas vereinfacht dargestellt sein, um das Prinzip zu verdeutlichen.


1.) Turbine und Generator im Kraftwerk

Hier beginnt die Reise - in einem Kraftwerk. Das Bild zeigt den Generator im HKW 2 der EnBW (Energie Baden-Württemberg) in Altbach / Deizisau nahe Plochingen.

Das Kraftwerk Altbach in eines der modernsten Steinkohlekraftwerke der Welt. Etwa 5,5 t Steinkohle werden in jeder Stunde von riesigen Kohlemühlen staubfein zerkleinert. Der Kohlestaub wird verbrannt und damit Wasserdampf unter hohem Druck erzeugt. Dieser Wasserdampf treibt in der Turbine (dem silbrigen Kasten im Hintergrund) Schaufelräder von etwa 4 m Durchmesser an

Diese Schaufelräder drehen den Generator, der im der orangefarbenen Verkleidung steckt. Dessen Dimensionen sind gar nicht so riesig wie man vielleicht denkt.
Zum Größenvergleich: der graue Schaltkasten ist etwa 1 m hoch und 1 m breit.
Dennoch kann so ein Generator die elektrische Energie für eine Stadt von über 100.000 Einwohnern erzeugen.

Generator im Kraftwerk

Die Erzeugung elektrischer Energie funktioniert im Prinzip in jedem Kraftwerk gleich. Aus Wasser wird Wasserdampf unter hohem Druck, der die Turbinenräder und dann die Generatoren antreibt.
Die Kraftwerke unterscheiden sich lediglich darin, welcher "Brennstoff" das Wasser erwärmt. Das kann die Verbrennungswärme von Braunkohle oder Steinkohle sein, oder die Energie, die in einem Kernkraftwerk bei der Spaltung von Urankernen entsteht.

Auch Kraftwerke, die als Brennstoff Öl oder Gas verwenden, hat man gebaut. Diese Brennstoffe sind allerdings heute zu teuer und zu kostbar.

Ausnahmen sind lediglich die Gasturbinen, bei denen das heiße Verbrennungsgas die Turbinen direkt antreibt und die Wasserkraftwerke, bei denen das strömende Wasser die Turbinenschaufeln bewegt, sowie Windkraft- und Solaranlagen, wo es keine Dampferzeugung gibt.

Details zu Aufbau und Funktion von Generatoren erfährst Du hier.


2.) Transformatoren erzeugen Hochspannung.

Die Reise beginnt Vorsicht Hochspannung

Die Generatoren selbst erzeugen (Wechsel-)Spannungen von etwa 10.000 V - 30.000 V. Für einen sparsamen Energietransport ist das zu wenig.

Die Spannung wird meist außerhalb des Kraftwerkgebäudes von der Spannung des Generators auf eine Spannung von 380 kV hochtransformiert, das sind 380.000 Volt! Dies macht der Transformator, der "grüne Kasten", im Bild.

Dieser Bereich ist umzäunt, ein Betreten des Gebietes im Betrieb ist lebensgefährlich.
In der Umgebung ist ein Knistern zu hören, es stammt von kleinen Funkenüberschlägen zwischen den Leitungen.


3.) Die Reise beginnt ...

380 000 Volt Leitung

Die größte Spannung für die Übertragung elektrischer Energie im deutschen Verbundnetz sind 380.000 Volt. Mit solchen Leitungen sind die großen Kraftwerke in Europa und die Ballungszentren miteinander verbunden.
Die Masten sind etwa 60 m hoch.

Für noch höhere Spannungen bräuchte man noch größere Masten, außerdem bekäme man dann Isolationsprobleme - besonders bei hoher Luftfeuchtigkeit oder Raureif auf den Leitungen:
Der Strom würde sich dann einfach den kürzesten Weg suchen und auf andere Leitungen überspringen, man hätte dann lauter kleine Kurzschlüsse.

In anderen Ländern, in denen die elektrische Energie über sehr weite Strecken transportiert werden muss (z.B. in Russland), gibt es noch höhere Spannungen.

Früher hat man in Deutschland über größere Entfernungen auch mit 220 kV übertragen. Solche Leitungen gibt es auch noch.

Für kürzere Entfernungen sind 110.000 Volt Leitungen besser geeignet. Zwar sind hier die Verluste in den Leitungen größer, aber die Masten sind kleiner und daher billiger. Diese Masten sind "nur" etwa 30 m hoch.

Das Foto zeigt eine 110 kV Leitung in der Nähe von Welzheim (Rems-Murr-Kreis).

In einem großen Umspannwerk wird die Spannung mit Transformatoren von 380 kV auf 110 kV heruntertransformiert, oder es wird für den regionalen Bereich gleich mit 110 kV übertragen.

Daher sieht man auch in der Nähe großer Kraftwerke Hochspannungsmasten unterschiedlicher Größe:
die kleineren übertragen mit 110 kV in die Region, die größeren führen 220 kV oder 380 kV und sind für die überregionale Vernetzung.

eine Leitung für 110 000 Volt

Warum elektrische Energie mit Hochspannung übertragen wird, erfährst Du hier.


4.) Stadt oder ländlicher Raum? - Der "Strom" nimmt verschiedene Wege!

Die Versorgung im ländlichen Raum erfolgt anders als in Ballungszentren.

Auf dem Land sind die einzelnen kleinen Weiler und Höfe zu weit voneinander entfernt, die Verlegung von Erdleitungen wäre hier zu teuer.
Die elektrische Energie wird hier in der Regel über Masten bis zu den Häusern geführt.
In manchen Dörfern gibt es sogar Mischformen:
der alte Dorfkern wird dort noch oft über "Dachreiter" auf den Dächern versorgt, in den Neubaugebieten hingegen werden heute meist Erdkabel gelegt.

In größeren Dörfern und in den Städten sind diese Erdkabel heute üblich, eine Zufuhr über die Dächer gibt es dort kaum noch.
Dazu gibt es mehr auf dieser Seite.

Bis hierher sind die Wege vom Kraftwerk zum "Stromkunden" meist noch gleich, egal ob er in einer Großstadt oder in einem dünn besiedelten, ländlichen Raum wohnt.

Wir wollen nun einmal den Weg vom Kraftwerk in Altbach in den ländlichen Raum z.B. zu einem Hof irgendwo im schwäbischen Wald verfolgen.


5.) Die Region ist erreicht - umspannen, bitte.

Umpannen von 110 kV auf 10 kV oder 20 kV.

Ein Umspannwerk

Vom Kraftwerk Altbach oder einem anderen Kraftwerk aus dem Großraum Stuttgart kam der "Strom" über die 110 kV Leitung auf dem Bild weiter oben auf der Seite.

Nun ist das Umspannwerk bei Pfahlbronn erreicht. Im Hintergrund sieht man einen Masten der 110 kV Leitung. Im Vordergrund erkennt man wieder einen Transformator.

Er hat aber eine andere Aufgabe als der Transformator im Kraftwerk:
nun wird die Spannung von 110 kV auf 10 kV oder 20 kV heruntertransformiert. Mit dieser Spannung geht es nun weiter in Richtung "Stromkunden".

Solche Umspannwerke werden aus der Ferne über Funk überwacht und gesteuert. Das Umspannwerk in Pfahlbronn (nahe Lorch) z.B. von Engstlatt (nahe Balingen) aus.

Umspannen von 10 kV auf die Hausanschlussspannung.

Der Hof ist fast erreicht. Die 10 kV Leitung führt zu einem Masten, auf dem sich wieder ein kleiner Transformator befindet. Das ist der grau-grüne Kasten in der Mitte.

Er transformiert die 10 kV der kleinen Überlandleitung auf die Hausanschlussspannung von 230 V bzw. 400 V herunter.

Links im Bild zweigen die Leitungen dann zum Hof ab, es sind jetzt noch höchstens ein paar hundert Meter, bis das Ziel erreicht ist.

Umspannen auf Netzspannung
Ziel erreicht

Das Dach des "Stromkunden" - irgendwo im schwäbischen Wald - ist erreicht. Die vier Leitungen enden an einem sogenannten "Dachreiter", oder gehen weiter zum nächsten Gebäude. Eine Anschlussleitung führt ins Haus und in einen Übergabekasten.

Vielleich wunderst Du Dich darüber, dass vier Leitungen zum Haus führen.
Du hast doch gelernt, dass der Strom einen Hin- und einen Rückweg braucht. Da müssten doch eigentlich zwei Leitungen genügen!
Sind die anderen beiden Leitungen "Reserve", oder dienen zwei Leitungen als Hinleitung und zwei als Rückleitung, oder was hat es mit den vier Leitungen auf sich??

Um das zu verstehen, musst Du verschiedene Dinge über unser Stromnetz wissen. Arbeite die Punkte einfach nacheinander durch, wenn Du die Seite zu Ende gelesen hast.

Was ist Wechselspannung?
Wie wird Wechselspannung erzeugt?
Warum wird elektrische Energie mit Hochspannung übertragen?
Warum führen vier Drähte ins Haus?

So etwa sieht der Übergabekasten (oder Hausanschlusskasten) aus. In ihm befinden sich die Hauptsicherungen des Hauses, meist Sicherungen mit 63 Ampere. Sie reagieren allerdings träge und nur im absoluten Notfall. Meist haben vorher schon andere Sicherungen ausgelöst.

Dieser Kasten ist mit einer Plombe gesichert. Einerseits aus Sicherheitsgründen, vor allem aber, weil bisher noch gar nicht erfasst wurde, welche Menge an elektrischer Energie der "Stromkunde" vom Elektrizitätswerk bezogen hat und bezahlen muss. Daher sind alle Leitungsbereiche vor dem "Stromzähler" verplombt.

Übergabekasten
Zählerkasten mit Sicherungen

Auf diesem Bild erkennt man den "Stromzähler" als schwarzen Kasten links.

Der Name ist eigentlich falsch.
Er ist nämlich kein Zähler für "Strom", denn er misst nicht in Ampere - der Einheit der Stromstärke! Es ist ein Zähler für die bezogene elektrische Energie. Diese misst man in Ws (Wattsekunden) oder üblicherweise in kWh (Kilowattstunden).

Oberhalb des Zählers erkennt man bei diesem Zählerkasten 3 Hauptsicherungen mit je 32 Ampere und rechts jede Menge Sicherungsautomaten (meist 16 Ampere) mit denen die Zuleitungen zu den einzelnen Zimmern und Geräten abgesichert sind.

Das Ziel - die Steckdose beim "Stromkunden" - ist erreicht!
Im Augenblick kann der Strom hier nicht weiterfließen und es wird auch keine elektrische Energie bezogen.

Vielleicht steckt gleich jemand einen Stecker hinein, dann kann der Strom weiterfließen....

Was das wohl für ein Gerät sein mag? - An einem heißen Tag wie heute vielleicht ein Ventilator!

Endstation Steckdose

© alle Fotos: Klaus-Dieter Grüninger, Landesbildungsserver